Jugendamt: warum hat Dr. Kaster-Meurer eine Woche lang nicht informiert?

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

In der Angelegenheit “Überlastungsanzeige Jugendamt” kommen tagtäglich neue Fakten ans Licht. Bereits berichtet hatten wir, dass die Oberbürgermeisterin die Überlastungsanzeige verwaltungsintern nicht mit einem von ihr verfassten und unterzeichneten Schreiben bzw einer eigenen Email weitergab (wie sie das geschäftsüblich in einer dreistelligen Zahl von weitaus weniger wichtigen Fällen jährlich praktiziert), sondern ihr Sekretariat bemühte. Wie die Redaktion dieser Seite gestern von einer Vertrauensperson aus dem Jugendamt erfahren hat, könnte der Grund für diese Anomalie darin liegen, dass Dr. Kaster-Meurer die Überlastungsanzeige bereits am 10. Juli 2020 vorlag.

Eine volle Woche, bevor sie die Stadtvorstandskollegen informierte. Und sieben lange Tage, in denen die Oberbürgermeisterin Mitverantwortliche von der Information ausschloß. Die Überlastungsanzeige selbst, so unsere Quelle, trage kein Datum, weil die neun Mitarbeitenden aufgrund ihrer Arbeitsverpflichtungen ausser Haus nicht alle zeitgleich unterschreiben konnten. Statt dessen gelte das Datum des Anschreibens an die Oberbürgermeisterin. Aber genau dieses Anschreiben wurde von der Oberbürgermeisterin nicht weitergeleitet und ist daher ausser ihr nur der Absenderin bekannt. Fest steht, an wen die Überlastungsanzeige gerichtet ist: “an den Stadtvorstand”.

Formalbürokratisch vollkommen korrekt

Die Anzeigenerstatterinnen haben sich sogar die Mühe gemacht, die drei Stadtvorstandsmitglieder namentlich einzeln zu benennen: “Frau Oberbürgermeisterin Dr.Kaster-Meurer, Herrn Bürgermeister Heinrich, Herrn Beigeordneten Schlosser”. Und auch der Weg, auf dem das Schreiben diese Personen erreichen sollte, ist in der Anzeige unmißverständlich definiert: “über die Dezernentin Frau Dr. Kaster-Meurer und Amtsleitung Frau Dr. Kaster-Meurer”. Es mag diese formalbürokratisch vollkommen korrekte Vorgehensweise der Anzeigenerstatterinnen sein, die bei der Oberbürgermeisterin nicht gut ankam. Denn schon aus dieser Adressierung wird deutlich, dass Dr. Heike Kaster-Meurer voll in der fachlichen Verantwortung für die in der Überlastungsanzeige angeführten Mißstände im Jugendamt steht.

Kein Wort über die Stelle für den Sozialen Dienst

Möglicherweise ist den Mitarbeitenden dort auch aufgefallen, dass der Beschluß der Kommunalpolitiker aufgrund des Haushaltsdefizites, keine neuen Stellen zu bewilligen, mit Unterstützung der OBin am 15. Juni im Haupt- und Personalausschuß gleich zwei Mal nicht eingehalten wurde: beim Klimaschutzmanager und bei der Schul-EDV. Von der Springerstelle für den Sozialen Dienst war da mit keinem Wort die Rede. Wer über ein besseres Gedächtnis verfügt erinnert, dass die AG Haushaltskonsolidierung im vergangenen Jahr bei ihrem Bemühen, verwaltungsinterne Abläufe für die ehrenamtlichen Kommunalpolitiker transparent zu machen, ausgebremst wurde. Unterstützt von der Oberbürgermeisterin sagten zwei Amtsleiter die Gesprächseinladung ab.

Meinung: Machtpolitik zu Lasten der Mitarbeitenden

Die Arbeitsgruppe stellte daher ihre Tätigkeit unter Protest ein. Möglicherweise dämmert nunmehr der ein und dem anderen Verwaltungsmitarbeitenden, dass die Verweigerung von Informationsgesprächen mit der Politik dazu führt, dass diese dann weiter weg als möglich von der Verwaltungsrealität Entscheidungen treffen muß. Und diese von Verwaltungspersonen selbst verschuldete Tatsache nicht sachdienlich ist. Sondern nur das Alleinstellungmerkmal “Zugang zur Kommunalpolitik” der Oberbürgermeisterin stärkte. Machtpolitik zu Lasten von Sachentscheidungen. Die Bürger*Innen müssen das ausbaden. Und lassen ihren Frust mitunter an den Menschen aus, die sie vor sich sehen: den Verwaltungsmitarbeitenden.

Wechselseitiges Verständnis und pragmatische Lösungen

Die AG Haushaltskonsolidierung, damals mit Oliver John, Wolfgang Kleudgen, Werner Klopfer, Erich Menger, Prof. Dr. Heinz Rüddel, Wilhelm Zimmerlin und anderen hatte einen Weg eingeschlagen, der zwar Mühen und Anstrengungen mit sich brachte, aber als wertvolle Früchte besseres wechselseitiges Verständnis und pragmatische Lösungen lieferte. Auch die Personalvertretung der Stadtverwaltung wäre gut beraten die Wiederbelebung dieses Konzeptes zu fordern und fördern. Nicht nur, aber jetzt erst recht durch Corona bestehen Herausforderungen, die nur gemeinsam und nicht aneinander vorbei oder gar gegeneinander bewältigt werden können.

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