Rechnungsprüfungsamt verhindert in letzter Minute Betrug beim PuK

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Gestern Abend hat sich der vom Stadtrat gewählte Rechnungsprüfungsausschuß mit der Haushaltsführung der Stadtverwaltung im Jahr 2015 beschäftigt. Genauer gesagt mit dem Bericht des städtischen Rechnungsprüfungsamtes dazu. Der ist über 100 Seiten dick. Und enthält neben umfassenden Informationen über den Finanzstatus der Stadt und Lob über sehr viel korrekte Verwaltungsarbeit auch einige Hinweise auf Schlampereien. Und ein Schurkenstück. Das spielte im Dezember 2015. Rund um das Museum für PuppentheaterKultur (PuK). Der in der trockenen Sprache der Zahlenspezialisten formulierte Bericht aus 2020 liest sich wie die Zusammenfassung eines der hinreißenden Stücke, die im PuK aufgeführt werden.

Im PuK bestraft der Kasper die Bösen – innerhalb der Verwaltung haut denen das Rechnungsprüfungsamt auf die Finger.

Eines derer mit einem Happy-End, in denen am Ende der Kasper mit seiner Klasche die Bösen kräftig verhaut. Die Geschichte startet am Freitag eine Woche vor dem Weihnachtsfest 2015. Zu einem Zeitpunkt, in dem auch städtische Bedienste sich bereits mental in friedlich-fröhlicher Weihnachtsstimmung befinden. Und sich alle arglos auf die Feiertage freuen. Alle? Nicht alle. In einer Dienststelle arbeitet man daran kurz vor Jahresschluß schnell noch etwas an den Gesetzen vorbei passend zu machen. Weil eine entsprechende Dienstanweisung das verlangt, wird – widerwillig – das Rechnungsprüfungsamt eingeschaltet. Natürlich nicht schriftlich mit Dokumenten.

27.500 Euro kurz vor Weihnachten

Sondern “kollegialiter” garniert mit Weihnachsgrüssen per Telefon. Zum Glück für die Steuerzahler*Innen wird dort, also bei den städtischen Rechnungsprüfern, auch kurz vor Weihnachten noch ernsthaft gearbeitet. Und so stößt der Inhalt des Anrufes auf fachlich und rechtlich gestützten Widerstand. Den ruft vor allem hervor, dass im wahrsten Sinne des Wortes kurz vor Toresschluß bei der Stadtkasse noch schnell eine Auszahlung in Höhe von 27.500 € durchgewunken werden soll. Damit wollen interessierte Kreise die Klimatisierung des Theatersaals im PuK bezahlen. Allerdings: die gibt es im Dezember 2015 nicht. Die Anlage war zu dem Zeitpunkt nicht aufgebaut, ja noch nicht einmal geliefert. Denn tatsächlich war die Ausführung der Baumaßnahme erst für den Februar 2016 vorgesehen.

Keine investive Maßnahme

Die vorzeitige Auszahlung, so der Anrufer, sei trotzdem nötig, “da im Haushalt 2015 noch investiv veranschlagte Mittel vorhanden seien. Eine Auszahlung im Jahr 2016 sei aufgrund der gekürzten Haushaltsansätze nicht möglich”. Garniert wurde diese haushaltsrechtliche Ungeheuerlichkeit mit dem Hinweis, man werde von der beauftragten Firma eine Bürgschaft verlangen. Ungerührt von diesem haushaltsrechtlichen Weichspülversuch wies das Rechnungsprüfungsamt (RPA) auf die einschlägigen Vorschriften hin. Und machte sich sogleich in Zusammenarbeit mit der Finanzbuchhaltung an die Arbeit. So wurde aufgeklärt, “dass es sich bei der geplanten Maßnahme nicht um Herstellungskosten im Sinne der GemHVO handelt”. Die fachliche Begründung ist nachvollziehbar:

Verstoß gegen die Gemeindehaushaltsverordnung

“Durch den Einbau einer neuen Klimaanlage wird das Gebäude als solches nicht wesentlich verbessert. Auch sind mit dem Einbau keine Nutzungsänderung oder eine Änderung im Raumzuschnitt verbunden, was eine die Zuordnung der Maßnahme zum investiven Bereich zulassen würde. Folglich waren die zu erwartenden Kosten für die Klimaanlage dem Unterhaltungsaufwand zuzuordnen”. Gemäß den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchhaltung sind “für Ausgaben, die vor dem Bilanzstichtag geleistet werden und sich auf Aufwendungen nach dem Bilanzstichtag beziehen, Rechnungsabgrenzungsposten auf der Aktivseite der Bilanz zu bilden (§ 37 Abs. 1 GemHVO). Im Folgejahr werden die Rechnungsabgrenzungsposten gegen die Aufwandsbuchung aufgelöst.

Rechnungsoriginal abgeändert

Damit würde der Aufwand auch periodengerecht dem Haushaltsjahr 2016 zugeordnet”. Daher die klare Ansage aus dem RPA: “von der Auftragserteilung absehen”. Aber die PuK-Wohltäter wollten das nicht einsehen. Und so lag der Finanzbuchaltung am 23.12.2015 eine Rechnung für die Klimaanlage zur Auszahlung vor, die von Montag dem 21.12.2015 datiert. Die Rechnung ist ausgestellt für den Einbau eines Splitklimageräts als Zwischendeckenmodell. Das Originalschreiben des Unternehmens wurde handschriftlich abgeändert in „1. Abschlagsrechnung“ und der Auszahlungsbetrag auf 25.000 € gekürzt. Emotionslos-korrekt stellt das RPA dazu fest: “es war nicht anzunehmen, dass eine derart technisch aufwändige Maßnahme innerhalb von drei Tagen unter Einbeziehung eines Wochenendes umgesetzt werden konnte.

Schriftliche Lüge von der Fachdienststelle

Dennoch wurde am 22.12.2015 von der Fachdienststelle die fachtechnische Richtigkeit bescheinigt („fachtechnisch geprüft und richtig befunden“). Darüber hinaus wurden die einzelnen Rechnungspositionen handschriftlich abgehakt. Auf diese Weise wurde die Leistungsausführung bestätigt, obwohl diese tatsächlich gar nicht erfolgt war. Die Arbeiten waren vielmehr von Anfang an für die Zeit der Schließung des Museums im Februar 2016 vorgesehen. Es erging der Hinweis, dass die Verfahrensweise rechtlich bedenklich ist und gegen haushaltsrechtliche Prinzipien verstößt. Die Haushaltsmittel sind sparsam und wirtschaftlich zu verwalten (§ 92 Abs. 3 GemO).

Täuschungshandlung und Urkundenfälschung

Aus den vorliegenden Unterlagen war auch nicht ersichtlich, ob und in welchem Umfang ein Vergabeverfahren durchgeführt wurde. Die vorgeschriebene Visaprüfung durch das Rechnungsprüfungsamt war nicht erfolgt”. Strafrechtlich betrachtet liegt hier eine Täuschungshandlung vor. Diese ist das relevante Tatbestandsmerkmal beim Betrug (§ 263 StGB). Bezüglich der handschriftlichen Veränderungen der Originalrechnung kommt der Straftatbestand einer Urkundenfälschung (§ 267 StGB) in Betracht. Angesichts dieser kriminellen Energie beruhigt die Schlußfeststellung im RPA-Bericht nur bedingt: “nach Auskunft der Finanzbuchhaltung wurde angesichts der Sach- und Rechtslage keine Auszahlung vorgenommen”.

Quelle: Bericht des Rechnungsprüfungsamtes über die Prüfung des Jahresabschlusses der Stadt Bad Kreuznach zum 31.12.2015
vom 28.02.2020; Hintergrundgespräche