Falschparker – Report 21

In der Stadtratssitzung am vergangenen Donnerstag und den Tagen davor hat Heiderose Häußermann wertvolle Arbeitsstunden darauf verwandt, den Stadträten ein Investoren-Unterstützungsprogramm in sechsstelliger Höhe schmackhaft zu machen. Dafür hatte sie Zeit. Auch zur Verschleiherung offensichtlicher Rechtsbrüche der Verwaltung verwendet das Rechtsamt personelle und finanzielle Ressourcen. Als Leiterin des Ordnungsamtes ist die Stadtrechtsdirektorin in Personalunion aber auch für die Sicherheit auf Bad Kreuznachs Rad-, Geh- und Fahrwegen zuständig. Und trotzdem diese Seite jetzt seit Monaten Woche für Woche krasse Mißstände ins Bild setzt, tut sich da nichts.

Im Gegenteil. Bilder wie die des ADAC-Abschleppautos am Samstagnachmittag fett auf dem Gehweg der Viktoriastrasse abgestellt vis-a-vis vom Imbiß Gümüs sind eine für rechtstreue BürgerInnen nur schwer erträgliche Provokation. Unser Bild beweist: eine Fußgängerin kommt nur mit Mühe an dem automobilen Schlachtroß vorbei. Was, wenn eine Person an der Bordsteinkante strauchelt und vor ein vorbeirasendes Auto fällt? Wieso schreitet das sogenannte “Amt für Recht und Ordnung” da nicht ein? Ist den Verantwortlichen nicht klar, dass die Selbstverständlichkeit, mit der die TäterInnen die Rechtsbrüche ohne jede Sorge vor Strafverfolgung begehen, in der Bevölkerung Fragen hervorruft nach den Hintergründen?

Nicht ein Mal, dutzendfach jede Woche werden wir angesprochen mit der Frage, welche rechtswidrigen Zuwendungen städtische Mitarbeitende wohl erhalten, um derartige Verstösse zuzulassen, ohne konsequent tätig zu werden. Die flächendeckende Untätigkeit der Verwaltung macht die Kluft zwischen der Verwaltung und den Einwohner*Innen immer größer. Auffälligkeiten wie in der Magister-Faust-Gasse lassen Erklärungen, die das Verhalten städtischer Bediensteter rechtsstaatlich korrekt erscheinen lassen, sehr problematisch werden. Dort steht mitten im Verkehrsberuhigten Bereich regelmäßig ein Auto. Dies ist schon deshalb rechtswidrig, weil in derartigen Zonen (“Spielstrasse”) nur dort geparkt werden darf, wo ein Parkplatz mit weißen Linien am Boden markiert ist.

Das ist in der Magister-Faust-Gasse natürlich nicht der Fall. Denn die Gasse ist nicht breit genug, um für einen Pkw und die Drehleiter der Feuerwehr nebeneinander Platz zu bieten. Also auch der öffentliche Brandschutz verbietet das Nichteinschreiten gegen derartiges Falschparken. Dazu kommt im konkreten Fall zusätzlich noch, dass im Pkw ein Bewohner-Parkausweis ausliegt, der vor fast drei Monaten, also am 3.4.20 um 24 Uhr ablief. Stellen Sie mal einen Aufsteller vor Ihr Ladengeschäft, für den die Genehmigung zur Inanspruchnahme öffentlicher Verkehrsfläche vor drei Monaten abgelaufen ist. Uns liegen die Schilderungen der Betroffenen vor, bei denen sich die Hilfsscheriffs vom städtischen Vollzug in solchen Fällen aufgespielt haben.

Den Fall aus der Magister-Faust-Gasse hatten wir bereits vor Wochen berichtet. Geändert hat sich nichts. Und natürlich ist auch unsere entsprechende Anfrage nicht beantwortet. Was nicht verwundert. Die historische Neustadt ist von der Stadtverwaltung flächendeckend als Sonderparkzone ausserhalb der Strassenverkehrsordnung freigegeben. Dort stehen lendenlahme Fahrzeugführer wo sie wollen. Natürlich alle ohne Bewohner-Ausweis. Und alle ausserhalb markierter Parkplätze.

Fahrradabstellplätze werden dabei genauso rücksichtslos zugeparkt, wie Rettungswege.

Warum 50 oder mehr Euro im Monat für einen angemieteten Stellplatz ausgeben, wenn knöllchenfreies Parken überall möglich ist.

Dabei müßte auch die Dümmste in der Stadtverwaltung mittlerweile verstanden haben, dass diese Seite eine umfassende Dokumentation des Totalversagens der Kontrolle beim ruhenden Verkehr erstellt hat. Kommt es zu einem Personenschadenfall, geht es nur noch um die Größe des Anteils der persönlichen Schuld, die die Amtspersonen durch ihr fortgesetztes Wegschauen und ihre Untätigkeit auf sich geladen haben. Und darum, ob das ggf sogar durch Vorgesetzte amtlich geduldet oder gar gewünscht war.

Wenn wir hier in der Gerbergasse ein Falschparker die für Fußgänger-, Radfahrer- und Autofahrer*Innen ohnehin knapp bemessene gemeinsame Verkehrsfläche egoistisch und rechtswidrig verengt – und das Ordnungsamt nicht einschreitet, muß gefragt werden, wie ernst die Forderung nach einer innerstädtischen Verkehrswende gemeint ist. Wer will denn zusätzliche Radfahrer*Innen diesen Zuständen aussetzen? Statt immer neue Forderungen für zusätzliche bauliche Verbesserungen für den Radverkehr zu formulieren, sollten die daran interessierten politischen Kreise endlich einmal dafür Sorge tragen, dass die Stadtverwaltung geltendes Recht anwendet. Auch wenn es Kinder von Kommunalpolitiker*Innen trifft. Oder Stadtratsmitglieder.

Vollkommen in Vergessenheit geraten sind in den Fußgängerzonen die Regeln für den Lieferverkehr. Der findet eben statt, wenn auch der letzte Wirt nachmittags aus dem Bett gefallen ist.

Solange solche Bilder alltäglich möglich sind – zugeparkte Busparkplätze – können Erklärungen der Stadtverwaltung zur Verkehrswende und zum ÖPNV nicht ernst genommen werden. Denn wer in Gremiensitzungen davon plappert, aber draussen auf der Strasse jede Form von automobilem Mißbrauch der wenigen zur Verfügung stehenden Verkehrsflächen tatenlos hinnimmt, ist vollkommen unglaubwürdig.

Falschparker, wie hier in der Mühlenstrasse, die den Radverkehr behindern, sind der Alltag. Durch eine konsequente Kontrolle könnten tausende von Euro täglich in die Stadtkasse fließen. Denn die Zahl der automobilen Idioten, die unter dem Motto “Falschparken für den Erhalt der Salinen” alles geben, um auch die höchsten Knöllchensummen möglich zu machen, erscheint unerschöpflich.

Das Einzige, das in diesen Kreisen zählt, ist die persönliche Bequemlichkeit. Da wird gern auch auf einem Behindertenparkplatz in der Roßstrasse geparkt. Das Eis wird vom braven Frauchen vom Kornmarkt beigebracht. Und die nette Atmosphäre am Mühlenteich genutzt, um das leckere Kalte gleich wegzuschlabbern. Auf den demütigen Gedanken, dass diese Personen nur mit viel Glück und Hilfe Dritter bisher nicht in die Situation kamen, eine tatsächliche Berechtigung für das Halten auf diesem Platz zu erhalten, kommen solche Schwachmaten nicht.

Foto: Thomas Wolff

Das letzte Bild dieses Beitrages zeigt eine Situation auf dem Gehweg in der Salinenstrasse. Es handelt sich um eines von vielen Leser*Innenfotos, die uns zu diesem Thema mittlerweile wöchentlich erreichen. Wir bitten um Verständnis, dass wir nach wie vor “einfache” Verstösse ausserhalb der Innenstadt nur in Ausnahmefällen öffentlich dokumentieren wollen. Alle anderen Bilder entstanden am Samstagnachmittag (27.6.2020). Der Zeitaufwand für das Abgehen der entsprechenden Örtlichkeiten lag unter einer Stunde. Die Stadt bezahlt neun Kontrollkräfte für den ruhenden Verkehr. Würden die ihre Augen so offenhalten, wie unser Fotograf – und auf den Strassen und Plätzen unterwegs sein – hätte die Stadt kein Haushaltsproblem.