Mobilitätsstation wird 1,55 Millionen Euro teurer – Rainer Wirz: “Skandal”

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Schmackhaft gemacht wurde den Bad Kreuznachern das Projekt am Bahnhof im April 2016 mit vielen bunten Bildern, warmen Worten von einem Pilotprojekt und dem Versprechen eines 90%-Bundeszuschusses. Letzterer hatte bei vielen Entscheidungsträgern die Wirkung von Methamphetamin. Schon die Einschränkung auf “zuschußfähige Kosten” wurde ausgeblendet. Die Gier danach, das Geld anderer Leute für die Selbstdarstellung der Stadt (und die eigene) auszugeben, war nicht mehr kontrollierbar. Letzte Hemmungen beseitigte die Überlegung “wenn wirs nicht nehmen, machen es andere”. Und dann natürlich die “Kostenschätzung” von nur 1,85 Millionen Euro.

Die Mobilitätsstation von der Lämmerbrücke aus gesehen

Bei der Entscheidung träumten einige im Rat (damit sind nicht Grüne und Linke gemeint, die aus inhaltlich gut nachvollziehbaren Gründen für die Mobilitätsstation stimmten und es auch bei ehrlicher Kostenangabe gemacht hätten) schon von der großen Eröffnungsparty und fetten Schlagzeilen. Letzte wird es tatsächlich geben. Allerdings wegen den dramatischen Mehrkosten, die die Stadtverwaltung gestern Abend im Planungsausschuß zu erklären versuchte. Denn aus der Kostenschätzung von 1,85 Millionen Euro und einem theoretischen Stadtanteil von 185.000 Euro hat sich (Stand Juni 2020) ein Baukostenberg von 3,4 Millionen Euro aufgetürmt.

CDU-Fraktionsvorsitzender Manfred Rapp

Da die Fördersumme aus dem Bundestopf auf 1,66 Millionen Euro begrenzt ist, bleiben an der Stadt stattliche 1,7 Millionen Euro hängen. Tendenz steigend. Zwar sind, wie Klaus Christ darlegte, 90 Prozent der Aufträge erteilt und 50% verbaut. Aber der Leiter des Stadtbauamtes mußte einräumen, dass Corona vieles teurer macht. Manfred Rapp reagierte betrofffen auf den unerfreulichen Zahlensalat. “Warum wissen wir das nicht?” fragte der CDU-Fraktionsvorsitzende entsetzt, nachdem Christ von einem schwerwiegenden Fehler des Planungsbüros sprach. Der allein schlägt mit rund 570.000 Euro zu Buche. Baudezernentin und Oberbürgermeisterin Dr. Kaster-Meurer überließ die Erklärung der Pleiten und Pannen den Mitarbeitenden.

Stadtratsmitglied Rainer Wirz

Die mußten sich dann von Rainer Wirz (CDU) anhören: “das ist ein Skandal. Uns Stadträten wurde suggeriert, das die Stadt 10% der Kosten trägt. Jetzt sind es 50%”. Diese Entwicklung beschädige das Vertrauen des Rates in die Verwaltung. Thomas Wolff (AfD) sprach ironisch von einem “wunderbaren Projekt” und bezeichnete es als “Fass ohne Boden”. Seine Frage, wo noch Einsparungsmöglichkeiten bestehen, beantwortete Klaus Christ mit einem klaren “keine”, da die für die Station relevanten “Themen” realisiert werden müßten: “ich kann nicht wichtige Dinge weglassen, wie die Aussenanlage”. Robert Kämpf (Linke) ließ sich erklären, was genau das Stadtbauamt unter “Baukostensteigerungen” versteht und lernte, dass alleine die rund zweijährige Verzögerung des Bauvorhabens sich hier sechsstellig preiserhöhend niedergeschlagen hat.

Stadtbauamtsleiter Klaus Christ

Klaus Christ führte aus, dass die Stadt mit einem “umfangreichen Schreiben” versuche “beim Ministerium und beim Projektträger eine höhere Summe zu erreichen.” Der weitere Zeitplan sieht wie folgt aus: bis Ende Juni sollen die Holzarbeiten abgeschlossen sein, die “Gesamtmaßnahme” bis zum 30. November 2020. Ab dem 1. Dezember soll das Fahrradparkhaus genutzt werden können und die Mieter einziehen. Den “Schlußverwendungsnachweis” erwartet das Stadtbauamt am 28. Februar 2021.