Konzept von Progressives Bad Kreuznach (PBK) für das Brückenhaus No. 94

Gastbeitrag von
PBK-Stadtratsmitglied
Stefan Butz

Die Mühlenteichbrücke mit ihren Brückenhäusern ist das Wahrzeichen Bad Kreuznachs. Nicht davon zu trennen ist die daran anschließende alte Nahebrücke (de facto ein Neubau) hin zur alten Neustadt. Aufgrund der bestehenden Probleme mit dem Brückenhaus No. 94 sowie des Leerstandes des Brückenhauses Oberlinger und immer wieder auftretender Probleme mit der Verpachtungssituation in den anderen Brückenhäusern sowie des Problems des Abrisses des Personenstroms zwischen der Fußgängerzone Kornmarkt / neue Altstadt und der Fußgängerzone Eiermarkt / alte Neustadt schlagen wir folgendes Vorgehen vor: Es gilt, die beiden Brücken, die ja eigentlich eine Brücke sind, als Ganzes zu betrachten und Lösungen für die bestehenden Probleme nicht nur punktuell, sondern ganzheitlich zu finden. Die gesamte Brücke soll künftig eine hohe Aufenthaltsqualität für alle Bürger*innen bieten. Dies schließt Geschäfte und Verkaufsstände genauso mit ein wie Gastronomie und nicht-kommerzielle Angebote. Die vorgestellten Maßnahmen sollen ineinander greifen und die Brücke deutlich stärker beleben und damit auch das Problem des Abrisses des Personenstroms zwischen den beiden Innenstadt-Stadtteilen beheben.

1. Die Maßnahmen im Einzelnen

1. Brückenhaus Oberlinger (Leerstand): Pop-Up-Store Das Brückenhaus Oberlinger wurde bisher von der Sparkasse Rhein-Nahe genutzt. Das Brückenhaus macht von außen einen guten Eindruck. Es ist, zusammen mit dem Haus No. 94, eines der beiden Brückenhäuser, die standardmäßig für Fotomotive genutzt werden und gemeinsam als bekanntestes Wahrzeichen der Stadt gelten. Für das Haus Oberlinger stellen wir uns eine kommerzielle Nutzung in Form eines Pop-Up-Stores vor. Sogenannte Pop-Up-Stores gibt es seit über zehn Jahren mit beachtlichem Erfolg. Es handelt sich dabei um die kurzfristige Präsentation eines besonderen Produkts oder einer besonderen Produktgruppe durch ein Unternehmen für einen kurzen Zeitraum, z.B. zur Markteinführung des Produkts. So kann (gefühlte) Exklusivität hergestellt werden und so kann das Marktverhalten des Produkts getestet werden. Insbesondere große Unternehmen nutzen Pop-Up-Stores, um ihre Produkte dem fast schon wie Fans agierenden Publikum vorzustellen: Den neuen Sneaker oder das neue Tablet zum Beispiel. Selbstverständlich können auch regionale Unternehmen neue Produkte dort vorstellen (ein ausgefallener Cuvée, die neueste Bierspezialität, eine besondere Wandfarbe, ein Kameraobjektiv der Sonderklasse, das neueste Ordnungssystem …). Zudem sollte das Haus die Möglichkeit bieten, dass Startups aus der Region ihre Produkte vorstellen können. Das Brückenhaus Oberlinger verfügt bereits über eine recht ansprechende Einrichtung und könnte, gesteuert von einem Verein oder einer Abteilung der Verwaltung oder eines städtischen Unternehmens, diese Funktion beinahe sofort übernehmen.

2. Haus No. 94 (Leerstand und strukturelle Probleme): Stadtteilladen Das Haus No. 94 gilt als strukturell gefährdet, die Bausubstanz soll schlecht sein. Es gehört dem Binger Unternehmer Klaus Endemann, der es nur nach seinen Preisvorstellungen (260.000 €) abgeben möchte. Die Stadtverwaltung bleibt aufgefordert, das Haus ins städtische Eigentum zu überführen. Das Ein-Euro-Angebot war dabei genau richtig. Das Haus muss aller Voraussicht nach aufwendig saniert werden, was wohl ein Grund sein dürfte, warum der jetzige Eigentümer es verkaufen möchte und bisher von einer Sanierung abgesehen hat. Für das Haus No. 94 stellen wir uns einen Stadtteilladen, also ein erweitertes Stadtteil-Bürgerzentrum für die Bewohner*innen von Alt- und Neustadt, vor. Es soll ähnlich den Stadtteilzentren aus dem Programm „Soziale Stadt“ gestaltet werden, aber mit deutlich erweitertem Angebot und verspricht dann aufgrund seiner gemeinnützigen Ausrichtung gute Zuschussmöglichkeiten. Die genauen Zuschussquellen müssen dabei noch erarbeitet werden.

3. mobile Verkaufs- und Gastronomiestände (Mühlenteichbrücke) Auf der Mühlenteichbrücke sollen mobile Verkaufs- und Gastromomiestände mit einer Standfläche von höchstens 4×2 Meter ermöglicht werden. Bei Gastronomieständen sind zudem Sitzmöglichkeiten vorzusehen. Bei den Verkaufsständen ist darauf zu achten, dass immer mindestens ein Stand an Verkäufer*innen aus dem lokalen Handwerk/Kunsthandwerk vermietet wird (also Handwerker*innen/Kunsthandwerker*innen, die dort ihre Waren verkaufen). Verkaufs- und Gastronomiestände auf der Mühelteichbrücke erhöhen die Attraktivität dieses Teils der Brücke. Dabei ist darauf zu achten, dass der Blick auf die Brückenhäuser von der Geesebrigg wie auch von der Thress’schen Mühle so wenig wie möglich beeinträchtigt wird. Um die Attraktivität dauerhaft hoch zu halten, werden die Stände, die von der Stadt oder einer städtischen Gesellschaft gestellt werden, in einem regelmäßigen Turnus, z.B. zwei Wochen, an jeweils neue Betreiber mit einem neuen Waren- oder Gastronomieangebot vermietet. Der Mietzins sollte möglichst günstig sein. Neue Konzepte und Ideen werden bevorzugt. Die Analogie zum Pop-Up-Store ist erwünscht. Eventuell kann ein gemeinsamer Turnus gefunden werden. Die Stände sind aus Holz zu gestalten. Die Stände sind mit Rädern zu gestalten. Über Strom oder Wasser verfügen die Stände nicht. Alle mobilen Verkaufs- und Gastronomiestände werden auf der der Thress’schen Mühle zugewandten Seite der Mühlenteichbrücke aufgestellt. Es werden auf diesem 56 Meter messenden Brückenabschnitt höchstens bis zu 7 Stände gleichzeitig aufgebaut. Es ist darauf zu achten, dass die Sitzbanken durch die Stände nicht verdeckt werden. Regionale Anbieter mit regionalen Produkten werden bevorzugt.

4. Befestigte, leichte Verkaufsbuden/Gastro-Stände (alte Nahebrücke) Auf der alten Nahebrücke sollen befestigte, aber in Leichtbauweise konstruierte befestigte, leichte Verkaufsbuden/Gastro-Stände mit einer Standfläche von höchstens 8×3 Meter ermöglicht werden. Bei Gastronomieständen sind zudem Sitzmöglichkeiten vorzusehen. Bei den Verkaufsständen ist darauf zu achten, dass regelmäßig ein Stand an Verkäufer*innen aus dem lokalen Handwerk/Kunsthandwerk vermietet wird (also Handwerker*innen/Kundhandwerker*innen, die dort ihre Waren verkaufen). Befestigte, leichte Verkaufsbuden/Gastro-Stände auf der alten Nahebrücke erhöhen die Attraktivität dieses Teils der Brücke. Um die Attraktivität dauerhaft hoch zu halten, werden die Stände, die von der Stadt oder einer städtischen Gesellschaft gestellt werden, in einem regelmäßigen Turnus, z.B. zwei Wochen, an jeweils neue Betreiber mit einem neuen Waren- oder Gastronomieangebot vermietet. Der Mietzins sollte möglichst günstig sein. Neue Konzepte und Ideen werden bevorzugt. Die Analogie zum Pop-Up-Store ist erwünscht. Eventuell kann ein gemeinsamer Turnus gefunden werden. Die Stände sind aus Holz in Leichtbauweise zu gestalten. Die Stände sind fest zu verankern, sollen aber auch schnell abbaubar sein. Sie verfügen über Strom und Wasser. Die befestigten, leichte Verkaufsbuden/Gastro-Stände werden auf beiden Seiten der alten Nahebrücke aufgestellt. Es werden auf diesem 48 Meter messenden Brückenabschnitt auf der naheabwärts gelegenen Seite höchstens 3 Stände aufgestellt, auf der naheaufwärts gelegenen Seite höchstens 2 Stände. Es ist darauf zu achten, dass weder die Christus-Figur am Kreuz noch der Hinweis auf den Turner-Blick, noch die Sitzbanken durch die Stände verdeckt werden. Regionale Anbieter mit regionalen Produkten werden bevorzugt.

5. Der Kunstplatz Der Kunstplatz ist ein auf der alten Nahebrücke markierter Platz, der lokalen Künstler*innen zur Verfügung gestellt wird. Auch hier sollte ein regelmäßiger Turnus eingehalten werden: Der/die Künstler*innen müssen sicherstellen, dass sie den Platz während des gesamten Turnus mindestens 4 Stunden pro Tag bespielen können. Alle Arten von Kunst sind willkommen. Ein Mietzins für den Platz wird nicht erhoben. Der Kunstplatz erhält eine Überdachung, sowie Zugang zu Wasser und Strom (beides wird von der Stadt gestellt). Es ist darauf zu achten, dass weder die Christus-Figur am Kreuz noch der Hinweis auf den Turner-Blick, noch die Sitzbanken durch den Kunstplatz verdeckt werden. Die Künstler*innen erhalten eine frei aushandelbare Bezahlung von Seiten der Stadt/einer städtischen Gesellschaft.

6. Die restlichen Brückenhäuser Die restlichen Brückenhäuser erfahren durch die Aufwertung der Brücke ebenfalls eine Aufwertung. Sie sollen weiterhin Geschäften und Gastronomie Platz bieten. Durch die Aufwertung der gesamten Brücke sollte das Betreiben eines Geschäfts in diesen Gebäuden leichter werden, da sich nun mehr Personen auf der Brücke tummeln.

2. Die Finanzierung, der rechtliche Rahmen und die zeitliche Umsetzung

1. Finanzierung Das konkrete Finanzierungsproblem ist das Haus No. 94. Eigentümer Klaus Endemann möchte dafür circa 300.000 Euro haben, die Stadt verständlicherweise nur 1 Euro zahlen, da Sanierungssummen von geschätzt 900.000 Euro anstehen. An erster Stelle wird die Stadtspitze aufgefordert, alle rechtlichen Möglichkeiten, die eine sofortige Sanierung des Gebäudes erzwingen können, auszuschöpfen. Sollten diese Mittel versagen, schlagen wir vor, den dann wahrscheinlich notwendigen Ankauf zu crowdfunden. Das ist zwar unschön, weil es einem Spekulanten wie Endemann letztlich doch wieder recht gibt, dass sich solche Erpressungsversuche lohnen, ist aber angesichts der Bedeutung des Gebäudes für die Stadt unseres Erachtens alternativlos, will die Stadt selbst nicht eine hohe Summe für den Ankauf zahlen. Beim Crowdfunding ist darauf zu achten, das es so aufgebaut ist, dass insbesondere wohlhabendere Menschen und Firmen zum Erfolg des Crowdfunding beitragen. Zudem ist dafür Sorge zu tragen, dass Eigentümer Endemann einen so gering wie möglichen Kaufpreis akzeptiert – je geringer der Preis desto einfacher das Crowdfunding. Alle anderen Maßnahmen können in Absprache mit den Eigentümern des Brückenhauses Oberlinger sowie mit Unterstützung des Bauhofs realisiert werden. Der Bauhof müsste die Hütten und Verkaufsstände bauen und vor Ort transportieren. Der benachbarte Ruderverein ist anzufragen, ob die Verkaufsstände im dortigen Bootshaus gelagert werden können. Alternativ könnte man auch die Sparkasse Rhein-Nahe bezüglich einer Einlagerung in der jetzigen Hauptstelle anfragen.

2. rechtlicher Rahmen Das Crowdfunding könnte durch einen gemeinnützigen Verein, der sich die Verbesserung der Gesamtsituation auf der Brücke zum Ziel gesetzt hat, durchgeführt werden. Dabei sollte gesichert werden, dass der Verein auf einer breiten gesellschaftlichen Basis steht, indem z.B. die Stadtspitze und andere gesellschaftliche Player mit eingebunden werden. Der Verein könnte später auch die verschiedenen Nutzer des Pop-Up-Stores, der Stände und der Buden koordinieren. Ziel muss sein, dass der Verein, der später auch in der Stadtverwaltung aufgehen kann, durch die Mieteinnahmen insbesondere beim Pop-Up-Store genügend Einnahmen generiert, um kurzfristig die Stände und Buden in einem guten Zustand zu erhalten und mittelfristig Mittel zur weiteren Sanierung der No. 94 zu generieren.

3. Zeitschiene Die Zeit drängt, der Zustand des Hauses No. 94 ist prekär. Wir schlagen den sofortigen Aufbau von Vereinsstrukturen vor. Bis Ostern 2021 sollten Stände und Buden sowie der Kunstplatz stehen und der Pop-Up-Store eingerichtet sein. Die Sanierung und Umwidmung der No.94 wird wahrscheinliche länger dauern. Das Crowdfunding könnte bis zum Ende dieses Jahres erfolgreich abgeschlossen werden