Freibadöffnung in der Verbandsgemeinde Rüdesheim wird zum Politikum

Im Sommer geht man ins Freibad. Das ist seit Generationen so. Vor allem in Argenschwang, Rüdesheim, Wallhausen und Winterbach, wo die Ortsgemeinden eigene Bäder für ihre Einwohner*Innen unterhalten. Daher war für die Verantwortlichen klar: wenn grünes Licht aus Mainz kommt, machen wir auf. Gestern dann der große Bäder-Gipfel bei der Landrätin. Und um 11:09 Uhr eine Presseerklärung der Verbandsgemeinde Rüdesheim. Wesentlicher Inhalt: die verantwortlichen Ortsbürgermeister der vier Ortsgemeinden “haben sich in Absprache mit der Verbandsgemeindeverwaltung Rüdesheim darauf verständigt, ihre Freibäder ab dem 27. Juni einheitlich zu öffnen” (Volltext siehe unten).

Vorgaben aus Mainz, die nicht umsetzbar sind

Um 13:30 Uhr traf dann eine Presseerklärung aus dem Kreishaus ein. Deren Inhalt las sich wesentlich düsterer aus Sicht der Wasserratten. “Eine Öffnung der Freibäder in Trägerschaft der Verbandsgemeinden und der Badgesellschaft ist angesichts der gültigen Hygienekonzepte kaum vorstellbar,” lautet gleich der erste Satz (Volltext siehe unten). Was die Frage aufwirft, wie die Auswahl des Personals in der Ministerialbürokratie erfolgt, wenn – nicht zum ersten Mal in der Corona-Krise – aus Mainz Vorgaben kommen, die vor Ort gar nicht umzusetzen sind. Weil für die 53.000 Einwohner*Innen der Stadt derzeit nur das Freibad Bosenheim zur Nutzung in Frage kommt, sich bereits unzählige Personen mit der Frage, wann es endlich öffnet, beschäftigt haben und die gestern faktisch erfolgte Absage daher gesellschaftliche Relevanz hat, haben wir die Öffnungsankündigungen der Verbandsgemeinde Rüdesheim und die schlechte Nachricht für Bosenheim als Eilmeldung um exakt 14.28 Uhr veröffentlicht.

Wer hat den Landeiern Angst gemacht?

Drei Minuten später, um 14:31 Uhr, erreichte die Redaktion dann eine zweite Presseerklärung der Verbandsgemeinde Rüdesheim. Dabei handelt es sich textgleich um die erste. Bereichert um einen Zusatz: “– wenn das bestehende Hygienekonzept des Landes organisatorisch und personell umgesetzt werden kann -“. Da es sich bei dieser Aussage um eine Selbstverständlichkeit handelt, da jeder Betreiber nur öffnen darf, wenn er gesetzliche Vorgaben pp einhalten kann, haben wir uns nach dem Erhalt dieser Nachricht nichts Böses gedacht. Ausser vielleicht: “wer hat den Landeiern denn da Angst gemacht?”

Dritte Pressemitteilung gestern um 15:05 Uhr

Da das Redaktionssekretariat ab 15 Uhr nicht mehr besetzt ist, traf die dritte Email der Verbandsgemeinde Rüdesheim zur Freibad-Thematik gestern um 15:05 Uhr hinter unserem Rücken ein. Darin steht: “sehr geehrte Damen und Herren, im Nachgang zu unserer Pressemitteilung teilen wir Ihnen klarstellend mit, dass unsere Ortsgemeinden grundsätzlich den Wunsch äußerten, die Schwimmbäder für die Bevölkerung, und gerade für die Kinder, zu öffnen. Man hat sich einheitlich auf einen Saisonbeginn zum 27.06.2020 verständigt. Die Verbandsgemeinde wurde gebeten, hierüber die Öffentlichkeit zu informieren.

“Ortsgemeinden werden Entscheidung überdenken”

Im Gegensatz zu allen anderen Freibädern im Landkreis und auch zu benachbarten Landkreisen sind unsere Bäder alleine in Trägerschaft der Ortsgemeinden und deshalb war ausschließlich die Absprache innerhalb der Verbandsgemeinde entscheidend. Wenn nunmehr auch die anderen Schwimmbäder im Landkreis nicht öffnen sollten, werden auch unsere Ortsgemeinden ihre Entscheidung überdenken”. Es würde die Redaktion dieser Seite nicht wundern, wenn die Einwohner*Innen von Argenschwang, Rüdesheim, Wallhausen und Winterbach auf der Verbandsgemeinde übergeordnete Verwaltungen in absehbarer Zeit nicht gut zu sprechen wären.

Baden wird verboten – Corona-Partys nicht

Wir selbst möchten das faktische Verbot des Badebetriebes wie folgt kommentieren: wer einerseits Zustände zuläßt und nicht verfolgt, wie wir sie in unserer Vatertags-Corona-Party-Berichterstattung ins Bild gesetzt haben – und andererseits Freibäder im Hochsommer schließt – der darf sich nicht wundern, wenn er nicht mehr ernst genommen wird. Denn entweder ist die Schließung blinder Aktionismus. Oder es liegt die Nichtverfolgung relevanter Straftaten (Verstösse gegen die Corona-Schutzverordnungen mit massiver Gefährdung für Dritte) – aus welchen Motiven auch immer (persönliche Gefälligkeiten usw) – vor. Und eine Untersuchung hinsichtlich der Straftatbestände Rechtsbeugung (§ 339 StGB) bzw Strafvereitelung (§ 258 StGB) pp. wäre erforderlich.

Pressemitteilung der Verbandsgemeinde Rüdesheim vom 28.5.2020 um 11:09 Uhr:

Die Freibäder in der Verbandsgemeinde Rüdesheim öffnen am 27.06.2020 Aufgrund der achten Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz dürfen Freibäder unter der Einhaltung von Hygienevorgaben grundsätzlich ab sofort wieder öffnen. Die verantwortlichen Ortsbürgermeister aus den Ortsgemeinden Argenschwang, Rüdesheim, Wallhausen und Winterbach haben sich in Absprache mit der Verbandsgemeindeverwaltung Rüdesheim darauf verständigt, ihre Freibäder ab dem 27.06.2020 einheitlich zu öffnen. Bedingt durch die bestehenden Hygienevorgaben dürfen nur noch begrenzte Personenanzahlen zeitgleich aufgenommen werden.

Die Kapazität für das Freibad in Argenschwang sind 140 Personen, das Freibad in Rüdesheim derzeit 150 Personen (nach Öffnung einer weiteren Liegefläche werden mehr Personen möglich sein), das Freibad in Wallhausen 240 Personen und das Freibad in Winterbach 180 Personen. Wegen der strengen Reglementierung kann es in diesem Jahr nicht zum Verkauf von Dauerkarten kommen. Da auch im Wasser die Abstandsregeln einzuhalten sind, darf sich im Becken stets nur eine, aufgrund der Beckengröße zu ermittelnde, geringe Personenzahl gleichzeitig aufhalten.

Wegen der geringen Kapazität im Wasser ist der Badebetrieb auf 20 Minuten begrenzt, so dass jeder in den Badespaß kommen kann. Bürgermeister Lüttger und Erster Beigeordneter Schwerbel sind froh über die einheitliche Vorgehensweise in der Verbandsgemeinde Rüdesheim. Damit können hoffentlich Ausnahmesituationen bei zu starkem Besucherandrang vermieden werden. Der Appell geht an die Besucher mit der Bitte, den Regeln und Anweisungen vor Ort Folge zu leisten und ins Freibad eine große Portion Solidarität und gegenseitige Rücksichtnahme mitzubringen. Organisatorisch sind die Bäder gerüstet.

Text: Verbandsgemeindeverwaltung Rüdesheim

Pressemitteilung der Kreisverwaltung Bad Kreuznach vom 28.5.2020 um 13:30 Uhr:

“Eine Öffnung der Freibäder in Trägerschaft der Verbandsgemeinden und der Badgesellschaft ist angesichts der gültigen Hygienekonzepte kaum vorstellbar, lautet der Tenor der Gesprächsrunde von Bürgermeistern bzw. Beigeordneten der Verbandsgemeinden und Vertretern der Badgesellschaft mit Landrätin Bettina Dickes. Die Entscheidung zu möglichen Öffnungen der Schwimmbäder in anderer Trägerschaft – zum Beispiel der Ortsgemeinden, von Vereinen oder Genossenschaften – liege aber natürlich in deren eigener Verantwortung. Das Hygienekonzept sei durch die darin dargelegten Voraussetzungen nicht ohne Frustration bei den Schwimmbadbesuchern umsetzbar, fasst Landrätin Bettina Dickes das Gespräch zusammen.

In den Verbandsgemeinden Kirner Land, Nahe-Glan und Langenlonsheim-Stromberg sowie dem Bad Kreuznacher Stadtteil Bosenheim stünden aktuell die Zeichen eher auf „geschlossen halten“, reflektiert die Landrätin. Hintergrund dieser Einschätzung sind große Probleme, die Hygiene- und Abstandsregularien umzusetzen. „Die Einhaltung der Vorgaben des Landes liegen allein in der Verantwortung der Träger, die diese kaum gewährleisten können“. Zudem seien die Besucherzahlen nur sehr begrenzt. „In Langenlonsheim zum Beispielkommen an heißen Tagen bis zu 8.000 Personen in das Bad, nach Vorgabe des Hygienekonzeptes dürften maximal 800 hinein“. Dies führe automatisch auch vor der Tür bei den Wartenden zu Frustration und im schlimmsten Fall sogar zu Aggressionen.

„Ein Schwimm- und Freizeiterlebnis würde es unter den gegeben Umständen nicht geben“, ist sich die Landrätin sicher. Die letzte Entscheidung sei aber vor Ort von den politisch Verantwortlichen bzw. dem Aufsichtsrat der Badgesellschaft zu treffen. In zwei Wochen wird sich die Gesprächsrunde noch einmal zusammenfinden, um dann unter möglicherweise von Landesseite geänderten Vorgaben erneut zu beraten. „Wir haben uns darauf verständigt, dass dann auch eine endgültige Entscheidung für den Sommer fallen soll, ob die Schwimmbäder in Trägerschaft der Verbandsgemeinden und der Badgesellschaft noch geöffnet werden oder nicht“.

Text: Kreisverwaltung Bad Kreuznach