Der Kornmarkt ist den Menschen schutzlos ausgeliefert

Eigentlich ist der neue Kornmarkt ein Traum. Der helle Bodenbelag auf der großen ebenen Fläche vergrößert optisch den freien Raum mitten in der Stadt. Dem Begleitgrün mangelt es nicht an Pflege. Die Gärtner vom Bauhof geben alles. Auch die vom Tiefbauamt ausgewählten Hopfenbuchen gedeihen prächtig. Der vor gut einem Jahr nach der Umgestaltung offiziell eingeweihte Platz könnte alltägliche Positivimpulse in die ganze Innenstadt senden. Wenn da nicht die Menschen wären. Nicht alle natürlich. Es sind aber leider auch nicht nur einzelne, die sich daneben benehmen. Dafür sind die Schäden zu vielfältig. Und treten zu häufig auf.  

Essensreste werden großflächig auf Brunnen, Sitzbänken und dem Bodenbelag verteilt. Mülleimer sind tagtäglich, oft mit Eis- und Speisenverpackungen, überfüllt. Schilder und anderes Platz-Interieur werden umgebogen oder beschädigt. Der Brunnen wird abwechselnd als Müllhalde oder Spielplatz genutzt und weist regelmäßig Glasbruch auf. In Teilen wird er bereits demontiert. Diese Seite machte die Stadtverwaltung jüngst auf den Ausbau und Diebstahl einer Brunnenlochabdeckung aus Messing aufmerksam. Die Kanten der Treppe auf der Südseite wurden durch rücksichtsloses Darüberziehen schwerer Gerätschaften abgebrochen.

Die beiden Spielgeräte sind längst nicht mehr in ihrer ursprünglichen Form nutzbar. Von der Wackelstange blieb nach dem Abbruch der Stange nur noch ein Stolperhindernis übrig. Und die Fühler des grünen Spiel-Insektes, die Kleinkindern das Hinaufklettern und Festhalten erleichter sollten, wurden nach dem x-ten Abbrechen nicht mehr ersetzt. Der durch eine Anfrage dieser Seite motivierte resignative Kommentar der Stadtverwaltung dazu: “der Vandalismus ist an dieser Stelle leider sehr hoch. Die Spielgeräte müssten wöchentlich repariert werden. Die Tiefbauabteilung prüft nun, ob man die vorhandenen durch andere, robustere Spielgeräte ersetzt”.

Hoher Vandalismus? Gibt es bei der Stadtverwaltung nicht den städtischen Vollzug? Könnte der nicht was tun? Offenbar nicht. Dabei ist auf dem Kornmarkt jeden Tag zu sehen, dass einige Menschen Hilfe brauchen. Sei es aufgrund intellektueller Minderbegabung, anderer Defizite oder wegen einer mit dem Platz nicht kompatiblen soziokulturellen Prägung. Diese Hilfe hätte der städtische Vollzug bereits im Frühjahr letzten Jahres geben müssen. Wäre damals anfangs stündlich, später in größeren Frequenzen über den Platz patrolliert und Selbstverständlichkeiten erklärt worden, hätten hunderte, die es heute noch nicht können, die nachhaltige Platznutzung erlernt und würden zwischenzeitlich bereits zur sozialen Kontrolle beitragen, statt zur Demontage öffentlichen Eigentums.

Denn was da zu lernen ist, sollte nicht allzu schwer zu vermitteln sein: 1. Der Brunnen ist weder eine Müllkippe noch ein Spielplatz noch eine Badeeinrichtung (auch nicht für Hunde) 2. Kinderspielgerät werden die Wackler nicht genannt, weil Halbstarke oder Erwachsene sie kinderleicht kaputtmachen können, sondern weil nur Kinder darauf toben dürfen. 3. Die Trinkwasserbrunnen sind keine Klettergerüste 4. Mülleimer heissen so, weil Abfälle dort hinein entsorgt werden sollen. Und nicht in den Grünanlagen, im Brunnen oder auf und um den Platz. 5. Wir pinkeln (ausser an Fastnacht^^) nicht einfach so in der Gegend herum (auch wenn es dafür offensichtlich ein interessiertes Publikum gibt), sondern nutzen die eigens dafür unterhaltenen öffentlichen WCs.

Hätte der städtische Vollzug das vor einem Jahr vermittelt, würden in diesem Jahr ein Mal tägliche “Auffrischungskurse” ausreichen. Weil man bei der Stadtverwaltung alles besser weiß (im Sinne der Sokrates-Definition von intelligent, normal und dumm) geschah … nichts. Und so wurde seit der Fertigstellung des Kornmarktes über ein Jahr lang Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat genau das falsche Verhalten eingeübt. Auch wenn es in diesem Jahr länger dauern würde. Noch ist es nicht zu spät. Noch besteht die Möglichkeit das Verhalten auch der Sorgenkinder positiv zu beeinflussen und den Platz als Lebensraum für alle zu retten.

Vielleicht benötigen die Verantwortlichen eine Person, die ihnen den Marsch bläst?