Stadtrat läßt Schadenersatzansprüche gegen Dr. Kaster-Meurer und das Land prüfen

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Am 29.11.2018 faßte der Stadtrat den vieldiskutierten Beschluß zur Abgabe des Jugendamtes. Bis heute hat sich in dieser Sache nichts getan. So dass zwischenzeitlich wieder Millionenbeträge aus dem Stadthaushalt zur Defizitabdeckung bezahlt werden mußten. Die Fraktion FWG / BüFEP hatte daher für die Stadtratssitzung am Donnerstag einen Antrag vorgelegt, der auf die Prüfung von Schadenersatzansprüchen abzielt. Und zwar gegen Oberbürgermeisterin Dr. Heike Kaster-Meurer. Und gegen das Land Rheinland-Pfalz. In der von Karl-Heinz Delaveaux und Wilhelm Zimmerlin schriftlich vorgelegten Begründung heisst es: “Die (Nicht-) Handlungen der Oberbürgermeisterin waren seit dem Stadtratsbeschluss vom 29.11.2018 darauf angelegt, die Umsetzung des Beschlusses zu verhindern.

Wilhelm Zimmerlin, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende von FWG / BüFEP begründete in der Stadtratssitzung am Donnerstag den Schadenersatzantrag.

FWG / BüFEP: Schaden in Millionenhöhe

Damit hat sie gegen die ihr obliegenden Pflichten aus der Gemeindeordnung verstoßen, nämlich die Beschlüsse des Gemeinderats auszuführen (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 GemO). Der dadurch entstandene finanzielle Schaden für die Stadt dürfte in die Millionen Euro gehen”. Mündlich ergänzte Wilhelm Zimmerlin diese Argumentation in der Stadtratssitzung um die Darstellung, was die Oberbürgermeisterin ihrer eigenen Sichtweise folgend hätte tun müssen: “den Beschluß aussetzen. Das hat sie aber nicht gemacht”. Und zwar ganz bewußt, ist sich Zimmerlin sicher. Denn hätte die OBin den Beschluß ausgesetzt, wäre ein rechtsstaatliches Verfahren in Gang gekommen. In diesem hätte die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion ADD geprüft.

Zimmerlin: “Hängepartie, die alle belastet”

Es läge heute längst ein Ergebnis vor. Dr. Kaster-Meurer habe dies unterlassen und “so gibt es seit einem Jahr eine Hängepartie, die alle belastet”. Die Vorbereitung der Prüfung, “ob und ggf. in welcher Höhe Schadensersatzansprüche … bestehen”, sollte gemäß FWG / BüFEP – Antrag durch eine “Ratsarbeitsgruppe” erfolgen. Gegen diesen Ansatz erhob sich vielfältiger Widerspruch. Norbert Welschbach (CDU) sah die ADD als die richtige Prüfstelle. Dem stimmte Anna Roeren-Bergs (CDU) zu, die dazu riet, die Schadenersatzansprüche als rein rechtliche Fragestellung zu betrachten und im Sinne einer Versachlichung “aus dem politischen Feld zu lösen”. Werner Lorenz (FDP / Faire Liste) brachte zum Ausdruck, dass er nichts von einem Tribunal halte und stellte fest “es ist juristisch alles unklar”.

Pörksen: gegen die Wiedereinführung der Inquisition

Sein Fraktionskollege Gerhard Merkelbach wurde da schon deutlicher. Er forderte die rund drei Millionen Euro Defizit jährlich als Erstattung vom Land und sprach sich klar für die beantragte Prüfung aus. Ganz anders als Herman Holste (Grüne). Der bezeichnete den Antrag als obsolet. Dem schloß sich Jürgen Locher (Linke) an. Und Carsten Pörksen (SPD) stellte für die Parteifreunde der Oberbürgermeisterin fest, dass diese sich “an dem Spiel nicht beteiligen” werden. Mit dem Antrag werde der Versuch unternommen mit der Arbeitsgruppe “wie der OBin ans Bein treten die Inquisition einzuführen”. Mirko Kohl (CDU) sprach dann das Wort aus, dass die vergangene Stadtratssitzung auch bei anderen Tagesordnungspunkten prägte: Befangenheit.

Häußermann: “schwierige ungeklärte Sache”

Und bat Stadtrechtsdirektorin Heiderose Häußermann um eine Erläuterung zur Befangenheit der Oberbürgermeisterin bei diesem Antrag. Ausser dem Hinweis, dass es sich um eine “schwierige ungeklärte Sache” handele, erhielt Kohl keine konkrete Auskunft. Häußermann führte aber aus, dass für die Prüfung von Schadenersatzansprüchen die ADD zuständig sei. Die Kohl-Frage beantwortete schließlich Dr. Kaster-Meurer mit der Erklärung “ich stimme sowieso nicht mit”. SPD-Fraktionschef Holger Grumbach stellte dann einen Geschäftsordnungsantrag auf “Abstimmung”. Den gibt es zwar laut der Geschäftsordnung des Stadtrates nicht. Daher deutete ihn die Oberbürgermeisterin im Sinne des Parteifreundes erkennbar erfreut in einen Antrag auf “Schluss der Beratung“ um.

ADD hat nun zu prüfen

Dieser wurde mit einer aus SPD, Grünen, Linken und einzelnen Ratsmitgliedern bestehenden Mehrheit gegen Stimmen aus CDU, FDP und FWG / BüFEP angenommen. Die Abstimmung über den Antrag selbst wurde auf dessen Beschlußvorschlag Teil 1 reduziert, weil Karl-Heinz Delaveaux auf den zweiten Teil verzichtete. Für den Antrag votierten dann, von der Oberbürgermeisterin persönlich ausgezählt, die Mehrzahl der Stadtratsmitglieder, so dass die ADD nunmehr zu prüfen hat, ob und in welcher Höhe Schadensersatzansprüche gegen Dr. Heike Kaster-Meurer und/oder gegen die Landesregierung wegen der Nichtumsetzung des Stadtratsbeschlusses vom 29.11.2018 zur Entbindung der Stadt als örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe bestehen.