Wirtschaftsförderungsausschuß: Einladungswirrwarr und fehlende Vorlagen

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Nur zehn von 13 Mitgliedern waren anwesend. Wer da war, verfügte zum überwiegenden Teil nicht über alle Arbeitsunterlagen. Mehr als der Hälfte der Anwesenden fehlten Beschlußvorlagen. Schon die formalen Voraussetzungen der Sitzung des Ausschußes für Wirtschaftsförderung und Konversion gestern Abend waren unerfreulich. Besonders für Wunibald Böhmer (CDU). Der in Planig wohnhafte Rechtsanwalt hatte zwar eine Einladung samt Beschlußvorlagen erhalten. Und traf trotz Kanzleiarbeitsplatz in Wiesbaden pünktlich im Sitzungssaal ein. Ist aber nur stellvertretendes Ausschußmitglied. Vor Ort mußte er feststellen, dass das von ihm im Verhinderungsfall vertretene Mitglied, Prof. Dr. Wolfgang Vieweg, anwesend war. Böhmer durfte also an Beratung und Abstimmung im Gremium gar nicht teilnehmen.

Prof. Dr. Wolfgang Vieweg (links) und Wunibald Böhmer.

Ein anderes stellvertretendes Mitglied profitierte dagegen von den formalen Defiziten. Klaus-Jürgen Friedrich (FDP) hatte eine Einladung erhalten. Anders als Christoph Anheuser, der das eigentliche Mitglied ist. Friedrich und Anheuser stimmten das intern ab. Und der Mann ohne Papiere blieb daheim. Timo Anschütz (SPD), Birgit Ensminger-Busse (CDU) und Rolf Bührung (FWG / BüFEP) fehlten samt aller ihrer Stellvertreter unentschuldigt. Amtsleiter Michael Fluhr war sich keiner Schuld bewußt und verwies darauf, dass eingeladen worden sei wie immer. Ob die fehlenden Ausschußmitglieder keine Einladung erhalten haben oder sich ihre Abwesenheit durch den ungewöhnlichen Sitzungstag (Fastnachtsdienstag) begründete, konnte gestern, wie auch die Fehleinladungen an Stellvertreter, nicht geklärt werden.

Wenig hilfreich wirkte sich aus, dass sich Michael Fluhr in der Diskussion mit den Ausschußmitgliedern mehrfach auf die nur im internen Verwaltungssystem zur Verfügung stehende Tagesordnung der Sitzung bezog, in dem – anders als im Bürger- und Ratsinformationssystem – alle Anlagen vollständig angezeigt wurden.

Die Frage mehrerer Ausschußmitglieder nach dem Grund für die Nichtbeifügung der Beschlußvorlagen im Bürger- und Ratsinformationssystem, beantwortete Michael Fluhr mit einer Schuldzuweisung in Richtung Oberbürgermeisterin. Dr. Kaster-Meurer müsse die Drucksachen zum Veröffentlichen freigeben. Beigeordneter Markus Schlosser wurde an diesem Punkt noch deutlicher. Auch für Einladungen zu Ausschußsitzungen gelte der Grundsatz des Herstellens des Benehmens im Stadtvorstand. Wenn dies nicht erfolge, halte er aber bestimmte Punkte für zu wichtig, als diese den Ausschußmitgliedern vorzuenthalten. Zum Zeitpunkt dieser Diskussion war ein Tagesordnungspunkt, bei dem mehrere Mitglieder das Fehlen der Beschlußvorlage beklagt hatten, bereits einstimmig erledigt.

Die CDU spricht in ihrem Antrag von den “Akteuren des Handels” …

Nämlich die “Beschlussempfehlung zum Thema Entwidmung und Verkauf Michelinstraße” (gesonderter Bericht folgt). Markus Schlosser entschied an diesem Punkt die weiteren Beschlußpunkte gestern nicht zu behandeln, sondern in einer weiteren Sitzung vor der Sommerpause. Dabei handelte es sich um die Vorlage “LKW Stellplätze in Bad Kreuznach”. Und um den Antrag der CDU-Fraktion vom 10.09.2019 mit der Überschrift “Gemeinsam mit allen Akteuren des Handelns – Pro Einkaufsstadt Bad Kreuznach”. Wobei die Überschrift eigentlich im Ursprungstext der CDU anders lautet.

… schon im vergangenen Jahr machte das Hauptamt daraus “Akteure des HandelNs”.

Dort ist von den “Akteuren des Handels” die Rede. Zu “Akteuren des HandelNs” mutierten diese erst durch die Bearbeitung des CDU-Antrages im Hauptamt im September 2019. Und weil im Amt für Wirtschaftsförderung selbst nicht genau hingeschaut wird, sondern das, was aus dem Stadthaus kommt, unkritisch einfach übernommen wird, fand der Fehler auch in die Tagesordnung der gestrigen Sitzung Eingang. Gemerkt hat es im Ausschuß keine(r). Was die Frage aufwirft, mit welcher Aufmerksamkeit Beschlußvorlagen der städtischen Gremien von den Beteiligten gelesen werden. Und noch ein zweiter CDU-Antrag schaffte es gestern nicht behandelt zu werden.

Nachdem klar war, dass die Beschlußvorlagen unvollständig sind, hatte Lothar Bastian (Grüne) sein elektronisches Lesegerät, wieder geschlossen. Die Grünen waren mit Bastian und dessen Parteikollegen Ozan Sat gestern die einzige Mehrsitzfraktion, die alle Ausschußplätze auch besetzte.

Ohne Protest der christdemokratischen Mitglieder. Und zwar der als Tagesordnungspunkt 4 mit Aktenzeichen 20/056 angekündigte Antrag der CDU-Stadtratsfraktion vom 6.10.2019 betreffend weitere Entwicklung des Gewerbegebiets, in der Einladung “Antrag CDU Gewerbeflächenerweiterung” genannt. Der war formal vollständig mit Anlage eingestellt. Aber das interessierte dann rund eine Stunde nach Sitzungsbeginn niemanden mehr. Und so wird auch dieser Antrag erst in einigen Monaten bearbeitet. Obwohl das Thema nicht nur in den Augen der antragstellenden CDU-Fraktion dringlich ist.