Grüne: “Warum und wie das städtische Jugendamt retten?”

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Wie schwer sich Günter Sichau schon allein mit dem Sachverhalt als solchem tut, wird bereits im vom Mitglied der grünen Stadtratsfraktion formulierten Eingangsatz deutlich: “Diskussionsveranstaltung zur aktuellen Überlegung, das Jugendamt der Stadt Bad Kreuznach an den Kreis abzugeben” steht da schwarz auf gelb. Dabei geht es nicht um eine “Überlegung”. Es gibt einen rechtskräftigen Beschluß des Stadtrates vom 29.11.18. An dem haben auch die damals vier grünen Stadtratsmitglieder mitgewirkt. In dem sie gegen den Antrag stimmten. Wenn das Verfahren formal falsch war: wieso dann die grüne Mitwirkung? Es gab eine von der CDU beantragte Sitzungsunterbrechung: da hätte das grüne Quartett problemlos das Verfahren für fehlerhaft erklären und die Nichtbeteiligung entsprechend begründen können.

Der Einladungsflyer wurde vom Grünen-Stadtratsmitglied Günter Sichau getextet und gestaltet.

Aber vor der Abstimmung sah es nach einer Mehrheit für die Ablehnung aus. Bis der 14te Christdemokrat, Michael Wagner, eintraf. Das sprach sich offenbar nicht schnell genug herum im Ratsrund in der Kreisverwaltung. Ok. Wieso dann danach kein grüner Antrag bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD), um die formale Rechtmäßgkeit des Beschlusses zu überprüfen? Wieso kein grüner Antrag an die Oberbürgermeisterin, den Beschluss wegen Rechtswidrigkeit aussetzen zu lassen? Und wieso keine eigenen rechtlichen Schritte, zum Beispiel auf dem Weg einer Organklage beim Verwaltungsgericht gegen den Beschluß? Die Grünen hatten massenhaft Möglichkeiten schon vor einem Jahr konkret etwas zu tun, um das Jugendamt bei der Stadt zu erhalten. Und unterließen alles. Jetzt immerhin werden die Ökopaxe aktiv.

Termin am 11.2.20 um 19 Uhr im IB-Haus

Und laden für Dienstag den 11. Februar 2020 um 19 Uhr ins Haus des Internationalen Bunds (IB) in die Salinenstrasse 39a ein. In der Einladung heisst es: “Politische Kräfte in der Stadt begründen die Abgabe des Jugendamtes mit Sparmaßnahmen im Haushalt der Stadt. Sie wollen das Jugendamt auf den Kreis übertragen und damit die Verantwortung und Gestaltungsmöglichkeit für die Kinder und Jugendhilfe aufgeben. Wir Grüne setzen uns weiterhin für den Erhalt des Stadtjugendamtes ein. Eine Stadt unserer Größe benötigt eine eigenständige Kinder-, Jugend- und Familienpolitik. Wir wollen den Nutzen für die Stadt und die Entwicklungsperspektiven für das Jugendamt erläutern, mit Ihnen diskutieren und Ihre Ideen und Fragen aufgreifen. Wir laden herzlich ein interessierte Bürger*Innen, ehrenamtliche und hauptamtliche Fachleute aus der Jugendsozialarbeit und Jugendarbeit, sowie an der Jugendhilfe interessierte politische Vertreter*Innen”.

Claus fragt die Grünen:

Ich hätte da schon mal eine Frage an die grüne Stadtratsfraktion. Kann man/frau vielleicht am nächsten Dienstag beantworten: in einem aktuellen grünen Antrag zum Tourismusbeitrag wird dessen Wiedereinführung ab 2020 mit dem Hinweis auf aus Steuermitteln bezahlten Vorteilen für Unternehmer und Gewerbetreibende begründet. Und Vorteilszonen gefordert. Inhaltlich vollkommen zutreffend. Wenn die Grünen erkennen: einige profitieren mit 20 Euro, andere mit 200.000 Euro. Und bereit sind proportional abzuschöpfen. Nicht wie bisher krass ungerecht mit dem Rasenmäher. Beim Jugendamt ist die Begründungslogik exakt umgekehrt: den Nutzen einer optimalen Kinder- und Jugendhilfe hat die Gesamtgesellschaft.

Warum kein Defizitausgleich vom Land?

Kinder- und Jugendliche, die in Bad Kreuznach besser integriert und sozialisiert werden, machen als Erwachsene in Bingen, Mainz oder Ludwigshafen weniger Probleme. Und tragen dort optimalerweise positiv zum gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben bei. In der Logik des grünen Antrages zum Tourismusbeitrag frage ich daher: wann und mit welchem Ergebnis hat die grüne Stadtratsfraktion die grüne Landesfamilienministerin Anne Spiegel aufgefordert, das Defizit des Bad Kreuznacher Jugendamtes aus Landesmitteln abzudecken bzw durch das Herbeiführen einer Koalitionsvereinbarung auf Landesebene dafür Sorge getragen, dass der Verlustausgleich von der Steuerzahler*Innengemeinschaft getragen wird? Und warum erfolgt dieser Ausgleich bis heute nicht, sondern Millionenbeträge bleiben an der Stadt hängen?