Von unserem Redakteur
Claus Jotzo
Wer die Stadtratssitzung vom vergangenen Donnerstag in der Hoffnung aufsuchte, Lernfortschritte der ehrenamtlichen Kommunalpolitiker zu erleben, wurde nicht enttäuscht. Noch vor 17 Monaten hatten die Gremien beim Humperdinckpark bis hin zum Städtebaulichen Vertrag alles abgenickt. Um dann Ende letzten Jahres kurz vor Toresschluß wegen der seit Jahren bekannten realen Verkehrsprobleme in der Südstadt die Reißleine zu ziehen. Vor zwei Tagen stand wieder die Abstimmung über eine Vereinbarung mit einem Investor an. Diesmal stimmte eine große Mehrheit bereits vor Vertragsschluß dagegen. Und machte deutlich, dass erst die Verkehrsfragen zu beantworten sind. Und erst dann gebaut werden soll.
Dr. Drumm für Verbindungsstrasse
Wieder war die Motivation der Kommunalpolitiker nicht gegen den Investor oder das Projekt gerichtet. Als Mariana Ruhl (FDP) als Berichterstatterin des Planungausschusses die Verwaltungsvorlage erläuterte, schien der Bebauungsplan „Zwischen Bosenheimer Straße, B 428 und Riegelgrube“ kurz vor dem Durchwinken. Doch dann eröffnete Dr. Herbert Drumm (Freie Wähler) die politische Offensive für einen Kreisel auf der B 428 Höhe Rehner. Und eine “kurze Strasse” zur Dürer Strasse, um dem Verkehr aus dem Bereich Hohe Bell / Weyroth / Humperdinckstrasse eine Alternative zur Alzeyer Strasse zu bieten. Von Werner Lorenz (FDP) gabs unmittelbar anschließend volle Unterstützung für Dr. Drumm. Und den unmißverständlichen Hinweis, dass er eine große Südumgehung durch jetzige Weinberge ablehnt.
Meurer: “70 km/h zu hoch”
Gegen diesen Meinungsumschwung für den Kreisel meldete sich Günter Meurer zu Wort. Der SPD-Ortvorsitzende wies auf 500.000 Euro Kosten hin. Und referierte wortreich wie acht Tage zuvor im Planungsausschuß die von ihm beim LBM erfragten Gegenargumente. Ausdrücklich führte Meurer an, dass der Abstand zum Kreisel Bosenheimer Strasse zu gering sei. Und die Geschwindigkeit mit “70 km/h” zu hoch für einen Kreisel. Da meldet sich sein Fraktionskollege Andreas Henschel zu Wort. Und erklärte wörtlich “Widerspruch” zu den Meurer-Thesen. Henschel ist zwar im Hauptberuf Polizeibeamter.
Aber um festzustellen, dass die Hochstgeschwindigkeit im Bereich des von den Vorrednern gewünschten Kreisels auf 50 km/h festgesetzt ist, also viel niedriger als von Günter Meurer behauptet, muß man nur eine Brille mit den richtigen Gläsern tragen. Und auch mit der zweiten Behauptung seines Parteigenossen räumte Henschel ohne ausdrücklichen Bezug zu seiner beruflichen Qualifiktion auf. Rechtsvorschriften zu Kreiselabständen gebe es nicht. Um dann klar festzustellen: “da muß ein Kreisel hin, das ist meine persönliche Meinung”. Auch Manfred Rapp brachte seine Verwunderung über die Meurer-Argumentation zum Ausdruck. Und auch der CDU-Fraktionsvorsitzende sprach sich zum wiederholten Male für die Kreisellösung aus.
Mehrheit für Kreisel und gegen Vorlage
Das motivierte Dr. Drumm und Werner Lorenz zu weiteren Wortbeiträgen. Der Bosenheimer Winzer brachte seine Meinung auf die Formel: “ohne Kreisel ist es für die Sparkasse gut – aber für uns schlecht”. Und richtete an die Oberbürgermeisterin die Frage, wie jetzt verfahren werden solle. “Sie können es ja ablehnen”, war die schnippige Antwort von Dr. Kaster-Meurer. Und genau das machte der Stadtrat dann auch. Nur 10 Jastimmen konnte die Verwaltungsvorlage verbuchen. Sechs Ratsmitglieder enthielten sich. Der Rest lehnte den Bebauungsplan ab, weil dieser den Kreisel verhindert hätte. Die Sache wird nun im Planungsausschuß erneut diskutiert.