Aufgespiesst: der Fluch der kurzen Tagesordnung

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Längst ist wissenschaftlich anerkannt: über den Mond wissen wir viel mehr, als über die Ozeane auf der Erde. Und auch im sozial- und politikwissenschaftlichen Bereich warten gigantische Forschungs-Untiefen auf Entdecker. Eines dieser Phänomene kann Monat für Monat in den städtischen Gremien beobachtet werden. Obwohl es bei weitem kein spezifisches Bad Kreuznacher Problem ist. Der Fluch der kurzen Tagesordnung. Ganz unabhängig von der Bedeutung der Themen ist als Faustregel festzustellen: je kürzer die Tagesordnung desto länger die Sitzungsdauer. Beleg dieser Erfahrung lieferten diese Woche der Planungs- und der Grundstücksausschuß. Im PLUV am Mittwoch waren sieben Tagesordnungspunkte zu bearbeiten, im Grundstücksausschuß vier.

Im Grundstücksausschuß drei Mal so lang

Und obwohl der Planungausschuß rund ein Drittel mehr Mitglieder hat, fünf mal soviele Verwaltungspersonen teilnahmen und allein mit dem Feuerwehrhaus Planig ein – sagen wir mal höflich – beliebtes Redethema beackert wurde, war man schneller fertig, als bei den Immobilienspezialisten. Die hatten in kleinerer Besetzuung nur vier Aufgaben zu erledigen. Aber schon beim ersten Tagesordnungspunkt führten Rede, Gegenrede und Wiederholungen zu einer Beratungszeit von fast einer Stunde (gesonderter Bericht folgt). Den wortgleichen Antrag hatte der Planungsausschuß tags zuvor in 20 Minuten abgearbeitet. Mit einstimmigen Votum. Im Grundstücksausschuß gab es sechs Kampfabstimmungen.

Reinhard Jung (Fraktion FDP / Faire Liste) wurde vom Beigeordneten Markus Schlosser auf die Beachtung der Verschwiegenheitspflicht und weiterer Vorschriften als Mitglied im Grundstücksausschuß verpflichtet. Wie von anderen Ausschußmitgliedern nach der Sitzung positiv angemerkt wurde, hielt sich Jung vorbildlich an eine ungeschriebene Regel: als Neuer im Gremium in der ersten Sitzung möglichst wenig reden.

Und auch die Beratung der drei übrigen Punkte fiel gestern Abend zeitintensiv aus. Nicht, dass wir uns falsch verstehen. Weder für die Sache noch für den einzigen Zuhörer war das gestern Abend vertane Zeit. Die meisten Redebeiträge brachten interessante Aspekte zu Tage. Fakt ist allerdings, dass bei langen Tagesordnungen weitaus bedeutendere Themen in wesentlich kürzer Zeit entschieden werden. So am 28. November 2018, als im Stadtrat in jeweils unter einer Stunde die Abgabe des Jugendamtes und die Abschaffung des Tourismusbeitrages beraten und beschlossen wurden. Wieso fassen sich also die selben Menschen in den Gremien bei langen Tagesordnungen regelmässig kürzer, als bei kurzen?