Millionendefizit: das Jugendamt wird zum Mühlstein am Hals des Stadthaushaltes

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Wenn es etwas Werbewirksames zu verkünden gibt, macht Dr. Kaster-Meurer das persönlich. Ganz egal wer in der Verwaltung die Arbeit geleistet hat. Gute Nachrichten sind OBin-Sache. Von den Verhandlungen mit dem Kreis über dessen Zuschüsse für die Jugendarbeit der Stadt gibt es aber nur schlechte Nachrichten. Und so erteilte die Oberbürgermeisterin gestern Abend im Jugendhilfeausschuß ohne lange Vorrede der Leiterin des Jugendamtes das Wort. Sabine Raab-Zell mußte die Hiobsbotschaften von den Verhandlungen mit dem Kreis berichten. Ihre Zusammenfassung von den Ergebnisse der vier Gespräche gleicht einer städtischen Kapitulationserklärung. Die zwei wesentlichen Punkte: der Kreis möchte die Kita-Zuschüsse um zwei Millionen Euro kürzen.

Stadt hat nichts erreicht

Und seinen Anteil am Landesgeld (Schlüsselzuweisung B1) von 25 auf 50 Prozent verdoppeln. Von der sechsstelligen Streichung bei anderen Positionen wurde gestern angesichts dieser beiden Millionenlöcher gar nicht mehr gesprochen. Mit von ihr gewählten Formulierungen wie “Vorschläge erzielt, die wir im nächsten Gespräch vorstellen werden” und “Einigungsvorschlag für das nächste Gespräch” macht Raab-Zell deutlich: die Verhandlungstruppe Stadt hat bis heute praktisch nichts erreicht. Der Kreis diktiert seine Vorstellungen. So wie diese Seite das im Kommentar “Meinung: das Jugendamt wird viele hunderttausend Euro im Jahr teurer” vom 7.1.20 angekündigt hat. Im Ausschuß machte sich nach dem Bericht der Jugendamtsleiterin Ernüchterung breit.

Delaveaux: alle wissen, dass es weniger geben wird

Günter Sichau (Grüne) fragte nach den Auswirkungen für den Haushalt 2020. Raab-Zell räumte ein: “ob wir zwei Millionen mehr kriegen oder nicht ist schon ein entscheidender Punkt”. Manfred Rapp (CDU) ermittelte mit seiner ersten Frage, dass im Verwaltungsentwurf trotz des desaströsen Gesprächsverlaufes 19,7 Milionen Euro Erstattung eingeplant sind. Berechnet auf der Basis der gar nicht mehr gültigen abgelaufenen Vertrages. Dafür zeigte Karl-Heinz Delaveaux (FWG / BüFEP) kein Verständnis. “Alle wissen doch, dass es weniger geben wird. Wieso stellen Sie dann trotzdem zu hohe Zahlen ein?” An diesem Punkt griff die Oberbürgermeisterin in die Diskussion ein. Mit der Erklärung “vielleicht kommen wir bis zum Ende des Monats zu einer Einigung.

Wie begründet der Kreis seine Haltung?

Aber bis Anfang Februar (Anmerkung der Redaktion: dann sollen die Etatberatungen stattfinden) ist es nicht zu schaffen zu konkreten Zahlen zu kommen”. Nach nur elf Minuten wurde der für die Stadtfinanzen so enorm wichtige Punkt abgehakt. Bemerkenswert dabei: weder die Oberbürgermeisterin noch die Jugendamtsleiterin gaben auch nur ein einziges Argument an, dass der Kreis zur Begründung seiner Pläne in den Gesprächen vorgebracht hat. Und aus dem Jugendhilfeausschuß wurde danach auch von niemandem gefragt. Jene, die 2018 für die Abgabe des Jugendamtes stimmten, können ihr Desinteresse an den Argumenten des Kreises damit begründen, dass nach der amtlichen Beschlußlage ein Vertrag Stadt/Kreis gar nicht mehr erforderlich ist, weil der Kreis das Stadtjugendamt übernimmt.

Warum fragen SPD, Grüne und Linke nicht nach?

Aber die Vertreter*Innen von SPD, Grünen und Linken, die immer wieder wortreich für die städtische Trägerschaft des Jugendamtes eingetreten sind und nunmehr mit zusätzlichen Millionendefiziten konfrontiert werden, hätten an diesem Punkt nachfragen müssen. Denn sie werden später erklären müssen, warum sie lieber dem Landkreis siebenstellige Summen überlassen, statt das Jugendamt abzugeben und mit dem eingesparten Geld rein stadtfinanzierte Zusatzprogramme für Kinder und Jugendliche durchzuführen. Aber unter dem Tagesordnungspunkt eins gab es ausser der Sichau-Frage aus keiner der drei Fraktionen auch nur eine Wortmeldung. “Diese Sprachlosigkeit spricht Bände,” erklärte nach der Sitzung ein Mitglied des Gremiums dazu und fügte an: “die haben sich ganz auf die OB und deren Aussage zur Nichtabgabe verlassen. Und stehen jetzt im Regen” (weiterer Bericht folgt).

So hochkarätig war der Jugendhilfeausschuß schon lange nicht mehr besucht: die Fraktionsvorsitzenden von CDU (Manfred Rapp), SPD (Holger Grumbach), Grüne (Andrea Manz), AfD (Thomas Wolff), FWG / BüFEP (Karl-Heinz Delaveaux) und Stadtratsmitglieder wie Mariana Ruhl (FDP / Faire Liste), Wilhelm Zimmerlin (FWG / BüFEP), Jörg Fechner (AfD), Bianca Steimle (Die Linke) und Günter Sichau (Grüne) nahmen teil.