Meinung: Dr. Kaster-Meurer fährt das Jugendamt mit Volldampf aufs Riff

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Um so mehr Daten und Fakten auf den Tisch kommen, um so klarer wird das Versagen der Stadtspitze. Gestern Abend schockte Dr. Kaster-Meurer eine Reihe von Stadtratsmitgliedern in einer Sitzung des Jugendhilfeausschusses (JHA) mit der Feststellung, dass morgen, am Freitag dieser Woche, die erste Verhandlungsrunde mit dem Kreis über die Kostenerstattung für das Jugendamt stattfindet. Schon? * Die Kreisgremien hatten doch die Kündigung zum 31.12.19 erst im Mai 2018 besprochen und angekündigt. Also erst vor 17 Monaten*. Und gerade eben erst, am 14. Februar 2019, haben sie ihren Worten per Beschluß Taten folgen lassen*. Seit dem wurden den Verantwortlichen der Stadt erst schlanke zehn Monatsgehälter überwiesen.

OBin informiert JHA erst 2020

Das ist natürlich nicht ausreichend, um in einer angeblichen oder tatsächlichen Schicksalsfrage ergebnisorientiert tätig zu werden*. Nonchalant erklärte die Oberbürgermeisterin gestern dem JHA, über die Ergebnisse der Verhandlungen mit dem Kreis werde sie in der nächsten Sitzung informieren. Die findet natürlich erst in 2020 statt. Und keiner der Gegner der Abgabe des Jugendamtes an den Kreis forderte eine zügigere Information ein. Damit akzeptieren diese Leute ab dem 1.1.2020 einen vertragslosen Zustand. Ginge es um ihre persönlichen Belange, würden sie das unter keinen Umständen hinnehmen. Aber es geht ja nur um Steuergeld. Und mit dem Geld anderer Leute kann frau ja großzügig sein. Damit leider nicht genug.

Dr. Kaster-Meurer durchgängig untätig

Dr. Kaster-Meurer mußte gestern Abend einräumen, dass es seit mehr als vier Jahren Streit mit dem Kreis über die konkrete Abrechnung der Jugendamtskosten gibt. Seit 4 Jahren. Seit 2015. Bis heute. Ungelöst. Und vor allem: ohne dass Finanzausschuß und Stadtrat darüber umfassend ins Bild gesetzt worden wären. Obwohl es um zusammen sechsstellige Beträge geht. Fassen wir die Fakten zusammen:

1. 2013/14 prüft der Landesrechnungshof das Jugendamt. Er deckt Fehlleistungen und Mißwirtschaft zum Nachteil der Stadt in hoher sechsstelliger Größenordnung auf (diese Seite berichtete mehrfach exklusiv). Dr. Kaster-Meurer ist zu diesem Zeitpunkt bereits Jugenddezernentin. Und tut nichts. Schon gar nicht den Prüfbericht offen- und die Konsequenzen transparent darzulegen. Bis heute wurden weder der Finanzausschuß noch der Stadtrat umfassend informiert.

2. Zum 1.1.2015 tritt eine neue öffentlich-rechtliche Vereinbarung zwischen Stadt und Kreis zur Erstattung der Jugendamtskosten in Kraft. Es geht um Milionen von Euro. Jährlich. Von Anfang an bestreitet der Kreis Teilsummen der städtischen Abrechnungen. In sechsstelliger Größenordnung. Dr. Kaster-Meurer ist für die Klärung dieser Differenzen alleinverantwortlich. Und tut nichts. Schon gar nicht den Streit dem Finanzausschuß und dem Stadtrat offen- und die Konsequenzen transparent darzulegen.

3. Am 29.11.2018 beschließt der Stadtrat die Abgabe des Jugendamtes an den Landkreis. Dr. Kaster-Meurer ist für die Umsetzung dieses Beschlusses alleinverantwortlich. Und tut nichts. Anders als der Landtagsabgeordnete Dr. Helmut Martin. Das auf seine Initiative hin vom Wissenschaftlichen Dienst des Landtages vorgelegte Rechtsgutachten ist substanziell so werthaltig, dass selbst die “Spezialjuristen” im Familienministerium, die sich über Jahrzehnte lauthals wichtig machten, bis heute verstummen.

4. Am 14.2.2019 beschließt der Kreis die bereits im Mai 2018 aufgezeigte Kündigung der Finanzvereinbarung. Dr. Kaster-Meurer ist für Verhandlungen einer Ersatzlösung alleinverantwortlich. Und tut nichts. Selbst als die Fraktion FWG/BüFEP in einem Akt von Verzweiflung das Verwaltungsgericht anruft, bleibt die Oberbürgermeisterin untätig. Statt einen Verhandlungstermin so schnell wie möglich anzusetzen, vereinbart sie im September einen für Ende November. Explizit für nach den Etatberatungen, die Anfang des Monats stattfinden sollten. Vorsätzlich und wissentlich umgeht Dr. Kaster-Meurer damit das Etatbewilligungsrecht des Stadtrates. Hätten CDU, Grüne, AfD, FDP, Faire Liste, FWG und BüFEP den Plan nicht durchkreuzt, wäre ein Haushalt verabschiedet worden, der das Papier nicht wert gewesen wäre, auf das er gedruckt wurde.

Wer hat euch verraten?

Den Mitarbeiter*Innen des Jugendamtes muß man es deutlich sagen: eure Dezernentin, Oberbürgermeisterin Dr. Heike Kaster-Meurer, hat euch im Stich gelassen. Ihr war über Monate hinweg parteipolitische Frauenpower und die alltäglichen Selbstdarstellungs-Fototermine wichtiger, als sich für euch und das Amt ins Zeug zu legen. Wer mag soll sich mit Scheu- und Augenklappen vor Erleuchtung schützen. An den Fakten und den Verantwortlichkeiten für das, was jetzt kommen wird, ändert das nichts.

* Ironieschild ist in die Höhe gestreckt

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