Platzt der Erbpachtvertrag der Stadt mit der Waldorfschule?

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Markus Schlosser mochte den einzigen, gestern Abend bei der Sitzung des Grundstücksausschusses anwesenden Redakteur nicht zur Verschwiegenheit verpflichten. Diesen hoheitlichen Akt hatte ein vorlautes Ausschußmitglied im Spaß vorgeschlagen, um sich damit eine kritische Berichterstattung vom Hals zu halten. Der Beigeordnete lehnte im Ernst ab. Und hat damit die nachstehende Information der Öffentlichkeit über den geheimen Teil der Sitzung ermöglicht. In der wurde, zunächst als Tagesordnungspunkt 8 vorgesehen, dann auf TOP 5 vorgezogen, der “Abschluss eines Erbbaurechtsvertrages” behandelt. Dazu hatte es ein – formal korrektes – öffentliches Vorbeben bereits schon ganz zu Beginn der Sitzung bei der Beratung der Tagesordnung gegeben.

Merkelbach: Beschlußvorlage absetzen

Markus Schlosser trug einen Antrag des abwesenden Ausschußmitgliedes Gerhard Merkelbach (FDP/Faire Liste) vor. Der hatte bereits in mehreren Gremien die Vorgehensweisen der Stadt in Bezug auf den Bau einer Waldorfschule auf dem Kuhberg hinterfragt (diese Seite berichtete). Für die gestrige Sitzung beantragte er die Absetzung des Tagesordnungspunktes. Schlosser mochte sich dem nicht anschließen und schlug vor, unter diesem Punkt zu informieren, aber nicht über die Vorlage abzustimmen. In der Diskussion darüber meldeten sich gleich mehrere Ausschußmitglieder zu Wort. Werner Lorenz (FDP/Faire Liste) unterstützte als dessen Stellvertreter den Vorstoß seines Fraktionskollegen Gerhard Merkelbach.

Information statt Beschluß

Er wieß darauf hin, dass die Beschlußvorlage “erst vor drei oder vier Tagen zugegangen” sei und es wegen der finanziellen Dimension wünschenswert sei, die Sache “erst in den Fraktionen zu beraten”. Dieser Haltung stimmte Karl-Heinz Delaveaux (Fraktion FWG/BüFEP) zu. Während sich Norbert Welschbach (CDU) mit der Zusage Schlossers, aus der Beschluß- eine “Informations- und Beratungsvorlage zu machen” einverstanden erklärte. Der Antrag des nicht anwesenden Merkelbach erhielt drei Jastimmen. Fünf Ausschußmitglieder enthielten sich, sieben stimmten dagegen. Und war daher abgelehnt. Nichtöffentlich ergab sich dann ein ganz anderes Meinungsbild. Quer über alle Fraktionen wurde die Einschätzung deutlich, dass sich die Stadt, wie ein grünes Ausschußmitglied es formulierte, in ihrer derzeitigen Finanzlage einen solchen Vertrag nicht leisten kann.

Eine handvoll Cent je Quadratmeter

Die eindeutige Meinungsbildung war Folge auch der Informationen und Kommentare, mit der Stadtbauamtsleiter Klaus Christ den Verwaltungsvorschlag begründete. Dabei hatten allein die Rahmendaten des Vertrages schon im Vorfeld der Sitzung Widerstand hervorgerufen. Denn trotz einem gewaltigen Minus in der Kasse beabsichtigt die Stadtverwaltung dem privaten Trägerverein der Waldorfschule ein mehrere tausend Quadratmeter großes städtisches Grundstück auf dem Kuhberg für wenige Cent Erbpacht je Quadratmeter zu überlassen. In der Sitzung wurde dann thematisiert, woher die derzeit etwa 56 Schüler*Innen der Waldorfschule stammen: nur etwa 10% aus Bad Kreuznach.

Risiko: Altlasten der US-Streitkräfte

Auch diese Vorstellung, bei defizitärer Haushaltslage Geld für Ortsfremde auszugeben, behagte vielen Ausschußmitgliedern gestern Abend nicht. Kernpunkt der Diskussion war allerdings die Problematik der von den US-Streitkräften im Boden hinterlassenen chemischen Altlasten. Ein in diesen Fragen sehr erfahrenes CDU-Ausschußmitglied berichtete einen vergleichbaren Fall aus seinem Berufsleben, bei dem am Ende ein Millionen-Sanierungsaufwand zu Buche schlug. Da das aufgrund der vielen Ausschußmitgliedern durch persönlicher Anschauung bekannten Arbeitsweise der US-Streitkräfte als ein sehr realistisches Szenario eingeschätzt wurde, mochte sich eine große Mehrheit nicht für die im Vertrag vorgesehene finanzielle Alleinverantwortung der Stadt für kontaminierte Böden aussprechen.

Beschwerde bei der ADD geplant

Wenn sich dieses klare Meinungsbild im Ausschuß auch im Stadtrat zeigt, wird es einen Erbpachtvertrag mit dem vom Trägerverein der Waldorfschule geforderten Inhalt nicht geben. Damit wird ein Plan überflüssig, den besorgte Mandatsträger im Vorfeld der Grundstücksausschußsitzung ausgetüftelt hatten. Weil sich Oberbürgermeisterin Dr. Kaster-Meurer in dieser Sache persönlich in den vergangenen Monaten sehr engagiert und jedwelche Kritik im Vorfeld abgebügelt hatte, waren diese für den Fall einer Beschlußfassung bereit, bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) Beschwerde einzulegen mit dem Ziel, die Rechtskraft eines Vertragsschlusses zu verhindern. “Aber vielleicht setzt sich ja jetzt doch noch die Vernunft durch”, brachte ein Teilnehmer nach der Sitzung zum Ausdruck. Da hatten die drei Ausschußmitglieder der SPD den Sitzungsraum bereits vorzeitig verlassen.