Wolfgang Heinrich (Kämmerer): der Souverän ist einzig und allein der Stadtrat

Es war eine wort- und faktenreiche Philippika, die der Bürgermeister als viertelstündige Einleitung vor der Abstimmung über die Anträge von CDU und Grünen vor den versammelten Kommunalpolitikern abließ. Wolfgang Heinrich holte dabei gestern im Finanzausschuß weit aus. Um jeden Verdacht, er und seine Kämmerei hätten den Fachämtern der Stadtverwaltung nicht unmißverständlich den Ernst der Lage vermittelt auszuräumen, trug er die von ihm veranlaßte Aufstellungsverfügung zum Haushalt für 2020 vom Sommer 2019 im Wortlaut vor. Das finanztechnische Fachchinesisch in Verbindung mit den konkreten Handlungsanweisungen verfehlte seine Wirkung beim Publikum nicht.

Bürgermeister Wolfgang Heinrich (l.) hatte sich umfassend auf die Vertagungsanträge vorbereitet und legte im Detail dar, wo aus seiner Sicht die Verantwortung für die Probleme bei der Aufstellung des neuen Haushaltes liegt. Kämmereiamtsleiter Thomas May (r.) konnte die Beratung gestern entspannt verfolgen. Sein Fachamt wurde von vielen Seiten gelobt.

Erkennbar anerkannten die ehrenamtlichen Kommunalpolitiker, dass klare Ansagen wie “alle Aufwendungen sind kritisch zu hinterfragen und freiwillige Ausgaben sind auf ein Minimum zu begrenzen” verwaltungsintern wohl nicht ernst genommen wurden. Zum ersten Mal hörte das eine oder andere Ausschußmitglied wohl auch, dass der Bürgermeister selbst bereits im vergangenen Sommer in Kenntnis seiner Pappenheimer*Innen eine Umterminierung der Etatberatungen in Betracht zog, ja sogar ankündigte: “Sollten die Beratungen im Planungsausschuß nicht fristgemäß erfolgen, werde ich den Termin für die Etatberatungen verschieben”, heisst es in der Monate alten Heinrich-Verfügung. Der Bürgermeister selbst fasste in der ihm eigenen Art zusammen, was nach seiner Lesestunde die meisten wohl verstanden hatten:

“An Deutlichkeit läßt diese Aufstellungsverfügung nichts zu wünschen übrig”. Anschließend referierte Heinrich seine mehrfachen, im Ergebnis erfolglosen Versuche, Finanzausschuß und Stadtrat zu Einsparungsbeschlüssen zu bewegen. Trotz seines wörtlichen Hinweises: “Sie fahren gegen die Wand” sei über Monate nichts passiert. Dies habe die Anweisung der ADD vom 7. Oktober 2019 zur Folge gehabt. Diese aufsichtsbehördliche Maßnahme sei “ein Offenbahrungseid für Stadtrat und Finanzausschuß, ein Zeichen für Feigheit und Flucht aus der Verantwortung”. Die Oberbürgermeisterin habe dann die Vorschläge der Kämmerei zu den geforderten Haushaltssperren umgesetzt (gesonderter Bericht dazu folgt). Schließlich packte der Bürgermeister auf die tiefroten Zahlen noch ein paar düstere Ankündigungen obendrauf:

“Wenn wir so weitermachen gibt es bald keinen Haushalt mehr”. Bzw einen Nothaushalt. Fast schon einfühlsam erinnerte Heinrich daran, dass “wir es doch geschafft haben ohne große Einschränkungen in wenigen Jahren 30 Millionen Euro Kredite abzubauen und gleichzeitig 125 Millionen Euro zu investieren”. Er lobte ausdrücklich die vom Land gewährte finanzielle Unterstützung: “wir sind gut bedacht worden”. Um dann aufzufordern: “ich möchte Sie bitten alle Fraktionen in sich zu gehen” und auf “ein vernünftiges Maß Abstriche zu machen. Anders geht es nicht”. Auch seine 100%ige Demokratietreue belegte Wolfgang Heinrich: “der Kämmerer ist nicht der Diktator, der was vorgibt. Der Souverän ist einzig und allein der Stadtrat”. Und er outete sich als Spielverderber: “das Spiel, das in der Vergangenheit lief, dass die Verwaltung vor das Loch geschoben wird, das wird sich in Zukunft nicht wiederholen”. Diese Ankündigung bezeichnete Wolfgang Heinrich selbst augenzwinkernd als “Wort zum Montag”.