Aufgespiesst: harmonisch die Suppe gemeinsam ausgelöffelt

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Es ist sehr gut möglich, dass der 4. November 2019 in fernerer Zukunft rückblickend als eine Art Starttag für einen Neuanfang in der Kommunalpolitik der Stadt bewertet wird. Nicht nur weil der “alte” Bad Kreuznacher Eintracht-Fußballer Mike Mattern nach beruflich anspruchsvollen Jahrzehnten in der Diaspora (u.a. Köln und München) heimkehrte. Zum ersten Mal an einer Finanzausschußsitzung teilnahm. Motiviert nach hause ging. Und jetzt erst recht etwas tun möchte in und für seine Stadt. Sondern auch weil diese Sitzung gestern Nachmittag sich in einer Reihe von Punkten von den meisten ihrer Vorgängerinnen deutlich unterschied. Leider nicht bei der Zahl der Zuhörer*Innen.

Argumente tauschen und zuhören

Denn da fand sich neben Mike Mattern nur noch ein weiterer Herr ein, der sich ohne selbst einem kommunalen Gremium anzugehören, dazusetzte. Damit ist nicht Steuerberater Hans-Jürgen Hieronymus (FWG) gemeint. Der ist zwar kein Mitglied im Finanzausschuß mehr, aber dafür in anderen städtischen Gremien. Und nahm sich trotzdem die Zeit. Positiver Höhepunkt der Sitzung waren die sachbezogenen und größtenteils lösungsorientierten Diskussionsbeiträge vieler Ausschußmitglieder. Diese nicht einmal zwei Stunden gaben einen Vorgeschmack auf das, was “offener Stadtrat” (also ein koalitionsfreies Gremium) tatsächlich bedeuten kann: es wird VOR Sitzungen hart gearbeitet, damit man IN Sitzungen Argumente austauschen und den anderen zuhören kann.

Auf Kämmereiamtsleiter Thomas May (l.) und Bürgermeister Wolfgang Heinrich kommt wegen der verschobenen Etatberatungen Mehrarbeit zu. Trotzdem löffelten sie am Ende die leckere Kartoffelsuppe mit Wursteinlage in der Runde mit den Ausschußmitgliedern aus. Und konnten sich uneingeschränkt darüber freuen, dass – wenn schon nicht der Etatentwurf, dann doch der Imbiß – auch den ehrenamtlichen Kommunalpolitikern vorzüglich mundete.

Natürlich stimmen die Grünen der Jugendamts-Abgabeforderung der CDU nicht zu. Aber sie scheuten sich trotz inhaltlicher Abgrenzung eben nicht aus ganz anderen, eigenen, schwergewichtigen Gründen zusammen mit den Christdemokraten die Etatberatungen abzusagen. Und der Respekt vor der Rechercheleistung des CDU-Fraktionsvorsitzenden Manfred Rapp, der die Kürzung des Oktober-Kreisabschlages an die Stadtkasse um rund 3 Millionen Euro und damit eine ganz erhebliche, sich abzeichnende Lücke in den Stadtfinanzen aufgedeckt und in der Stadtratssitzung am vergangenen Donnerstag öffentlich angesprochen hatte, war geradezu mit Händen zu greifen. Auch Oliver John für die FDP und Reinhard Nühlen für FWG/BüFEP sprachen real existierende Probleme und Sachverhalte an, ohne die Stimme zu erheben oder mit dem Zeigefinger zu operieren.

Auch Karl-Heinz Delaveaux und Rolf Bühring (r.) kamen beim vorzeitigen Abendbrot auf gute Gedanken. Sie freuen sich auf die Mitarbeit im Kriminalpräventiven Rat, der in der kommenden Woche offiziell gegründet wird.

Die AfD verzichtete auf Profilierungs-Propaganda und machte damit deutlich, dass Stillschweigen trotz eigener Meinung im Einzelfall eine konstruktive Mitwirkungsvariante sein kann. Ohne deren Vorschläge im Detail zu bewerten lobte Bürgermeister Wolfgang Heinrich zu recht auch die SPD, die neben FWG/BüFEP als einzige Fraktion, vertreten durch Dr. Heinz Rüddel und Holger Grumbach, immerhin konkrete Einnahmeverbesserungs- und Einsparvorschläge schriftlich vorgelegt hatte (diese Seite berichtete am 3.11. unter der Überschrift: “SPD präsentiert konkrete Vorschläge zum Etat 2020”). Und dann gabs zum guten Schluß auch die Bilder (an dieser Stelle ein Dank an alle Ausschußmitglieder und Verwaltungsmitarbeitende, die sich trotz anstrengender Sitzung gern fotografieren ließen), die Hoffnung auf eine Besserung der kommunalen Streitkultur machen.

Dr. Heinz Rüddel (l.) und sein Fraktionskollege Holger Grumbach hatten den einzigen sehr umfassenden Änderungsantrag für die Etatberatungen ausgearbeitet. Und sich damit die Stärkung nach der Sitzung redlich verdient.

Auf Initiative von Kämmereiamtsleiter Thomas May, dem auch das leibliche Wohl der Ausschußmitglieder am Herzen lag, kochte Hausmeisterin Wiede eine Kartoffelsuppe. Die war eigentlich für eine Sitzungspause am frühen Abend gedacht, wurde dann aber schon um 17 Uhr nach dem vorzeitigen Sitzungsende angeboten. Auch wenn nur ein Teil der Kommunalpolitiker die Einladung annahm. Die Bilder, wie diese verteilt im Sitzungsaal und Kleingruppen die kulinarisch höchsten Ansprüchen genügende Suppe mit Wursteinlage gemeinsam auslöffelten, bot etwas Zukunftsweisendes. Und auch der Umstand, dass sich kaum einer der Anwesenden zum Nachtisch die (ebenfalls formidable) Süßspeise gönnte, passte ins Bild: denn die Belohnung war ja, bedingt durch die Vertagung der Etatberatung, gestern nicht verdient.