Abgabe des Jugendamtes spart über 2 Millionen Euro jährlich

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Es ist erst fünf Jahre her, da legte der Landesrechnunghof einen Totalverriss über die Verwaltungsarbeit im städtischen Jugendamt vor. Die Prüfer kritisierten mangelhafte Aktenführung, Einnahmeausfälle, von Auftragnehmern nicht geforderte Leistungsnachweise, von Eltern nicht geforderte Einkommensnachweise, überteuerte Auftragsvergaben, unwirksames Controlling, Nachlässig- und Schlampigkeiten in unzähligen Fällen. Ergebnis: ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden für die Stadt. Einige Mißstände wurden wohl abgestellt. Aber noch immer gibt Bad Kreuznach brutto je Kopf mehr Geld aus, als die meisten anderen rheinland-pfälzischen Städte.

Engel in Worms, Bengel in Bad Kreuznach?

So als ob in Ludwigshafen, Worms und Koblenz überwiegend kleine Engel groß würden. Und die Sorgenkinder überproportional im Schatten der Kauzenburg. Auch in diesem Fehlern bei der Verwaltungsarbeit liegt die Ursache für die Kürzungen der städtischen Abrechungen durch den Landkreis (diese Seite berichtete gestern unter der Überschrift “CDU: Dr. Kaster-Meurer verschweigt ein neues Millionendefizit beim Jugendamt”). Mehrere hunderttausend Euro im Jahr erhält die Stadt daher schon seit Jahren nur unter Vorbehalt. Drei Millionen seit einigen Wochen gar nicht mehr. Zudem hat der Landkreis schon im vergangen Jahr die Finanzvereinbarung, die ihn zur Übernahme von 75% der Kosten des städtischen Jugendamtes verpflichtet hat, gekündigt.

Kreis will noch weniger zahlen

Weil er deutlich weniger zahlen will. Vor fünf Tagen hat das Kämmereiamt der Stadt den Fraktionen eine Aufstellung vorgelegt, die das Einsparpotential durch die Abgabe des Jugendamtes mit über 2,2 Millionen Euro beschreibt. In diesem Betrag sind die von der Oberbürgermeisterin bis heute nicht konkret bezifferten vom Kreis verweigerten Erstattungen nicht enthalten. Und natürlich auch nicht die vom Kreis beabsichtigte Senkung seines Anteiles. Unter Berücksichtigung dieser beiden Zusatzfaktoren schätzt ein in finanztechnischen Belangen erfahrener Informant dieser Seite die jährliche Einsparung nach Abwicklung der gegebenenfalls erforderlichen Stellenumsetzungen und anderer Umstrukturierungsmaßnahmen auf “nicht unter drei Millionen Euro im Jahr, Tendenz steigend”.

Vor Millionenrisiken schützen

Würde der Stadtrat zur Sicherung der freien Jugendhilfe zu 100% aus Stadtmitteln das Jugendzentrum Die Mühle und andere Programme weiterfinanzieren, bliebe immer noch ein Einsparvolumen bis zu 2,5 Millionen Euro jährlich. “Allein mit dieser Einsparung könnte in nur zehn Jahren ein nagelneues, digitales, energetisch auf Zukunftsniveau befindliches Verwaltungsgebäude finanziert werden”, frohlockt ein Stadtratsmitglied, dem wir die Berechnungen zur Stellungnahme vorgelegt haben. Vor allem aber würde sich die Stadt mit der Abgabe des Jugendamtes vor künftigen Millionenrisiken schützen. “Ohne eine 100% rechtssichere Lösung, die garantiert sicherstellt, dass die Trägerschaft des Jugendamtes mit Maximalkosten von deutlich unter einer Million Euro jährlich verbunden ist, wird die Abgabe zwingend zu der entscheidenden Aufgabe der laufenden Ratsperiode”. Mal sehen, wann wir diesen Satz auch im Stadtrat hören.