Aufgespiesst: Lichteinschalten ist Herrschaftswissen

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Vor 30.000 Jahren war Feuermachen Herrschaftswissen. Wer wußte, wie die für eine gesündere Ernährung und wärmere Winternächte nötigen Flammen entzündet und kontrolliert werden, verfügte ganz praktisch über Macht. Damals waren die Menschen noch über 20.000 Jahre von einer Schrift entfernt. Und von der Welt, wie wir sie heute kennen, konnte nicht einmal geträumt werden. Und doch hat sich eines seit dem nicht geändert: Wissen ist Macht. Nach wie vor. Gestern Abend im Finanzausschuß gabs für diese Tatsache Anschauungsunterricht auf Kosten der ehrenamtlichen Mitglieder des Gremiums. Der tagte zum ersten Mal im neuen Sitzungssaal. Und dort kennen sich die Zahlenspezialisten des Kämmereiamtes nicht aus.

Leider wird auf unserem Foto wegen dem nicht abschaltbaren Restlichtverstärker nur andeutungsweise erkennbar, wie dunkel es im hinteren Bereich des Sitzungssaales war. Deutlich wird aber, dass nur der Verwaltungstisch (Bildhintergrund Mitte Bürgermeister Heinrich) in Kunstlicht getaucht war und schon Beigeordneter Schlosser (hinten links) ohne Beleuchtung auskommen mußte.

Der Sitzungssaal im ehemaligen Telekomgebäude gehört zur verwaltungsinternen Spielwiese des Hauptamtes. Inklusive des Spezialwissens über die Beleuchtung des Saales. Die ist – auch wenn das jetzt nur Insider verstehen können – noch eine Stufe komplizierter, als die Bedienung der Mikrophonanlage. Diese wird trotz über einjährigen Trainingsprogrammes noch immer nicht korrekt eingesetzt. In den Sommermonaten fielen die Anforderungen fürs Lichteinschalten allgemein nicht sehr auf, weil es ja lange hell war. Gestern Abend dämmerte es bereits zu Sitzungsbeginn um 17.30 Uhr. Und gegen 19 Uhr wurde es dann dunkel.

Diese Lampen in der Decke konnten trotz vieler Versuche nicht eingeschaltet werden.

Um kurz nach 18 Uhr wurde der erste Versuch gestartet in Ergänzung zu der im Raum angebrachten Notbeleuchtung auch die in der Decke in Gang zu setzen. Diese leuchtete lediglich über den Verwaltungstischen. Und über der Presse (was immer das zu bedeuten hat). Zunächst versuchten sich Bürgermeister Wolfgang Heinrich, Kämmereiamtsleiter Thomas May und Thomas Eckes an Dutzenden von Schaltern. Mit der Folge, dass mal da, mal dort Licht anging, um kurz darauf wieder zu erlöschen. Trotz intensiver Bemühungen gelang es den drei Verwaltungspersonen nicht, die Lichtausbeute zu erhöhen. Dann ein Geistesblitz: wir rufen die Hausmeisterin.

Hauptamt möchte alleinige Quelle der Erleuchtung bleiben

Die gute Frau stolperte gegen 18.40 Uhr in den Sitzungssaal, drückte hier, presste da – aber ohne die Luxwerte in die Höhe zu treiben. Sie ging schließlich sichtlich verunsichert. Im Ausschuß wurden in dieser Zeit Tipps für künftige Sitzungen ausgetauscht: Stirnlampen, Kerzen, Taschenlampen und anderes Gerät, das die Mitarbeit in der dunklen Jahreszeit ermöglichen soll. Eines wurde gestern allen Anwesenden klar. Wie einst das Feuer- ist heute das Lichtmachen innerhalb der Stadtverwaltung Herrschaftswissen. Das natürlich nicht geteilt wird, um Abhängigkeiten zu erzeugen. Daher gibt es vom Hauptamt weder eine Bedienungsanleitung schriftlich im Sitzungssaal noch mündliche Einführungskurse oder Hinweise. Denn im Hauptamt möchte man die Erleuchtung gern in den eigenen Händen behalten.