Abfall-Nies schrammt dank Hilfe von Rolf Kehl an Rechtsverstoß knapp vorbei

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

“Der Text stammt von Ihnen und nicht von mir!” Unmißverständlich distanzierte sich AWB-Leiter Jochen Franke vom Abfallbeigeordneten. Und das war auch gut so. Denn “der Text” betraf gleich mehrere rechtswidrige Beschlußvorlagen in der gestrigen Sitzung des Kreis-Werkausschusses. Hans-Dirk Nies (SPD) hatte darin vorgeschlagen den Abfallwirtschaftsbetrieb (AWB) zu “bevollmächtigen” Aufträge und Planungen in sechsstelliger Höhe vorzunehmen. Obwohl kein Cent dieser Ausgaben im gültigen Wirtschaftsplan abgesichert ist. Das war seinem Vorgänger Rolf Kehl (CDU) aufgefallen.

Interessante Einblicke in die Abläufe der Kreismüllpolitik gewährte die gestrige Sitzung des Werkausschusses unter Leitung von Abfallbeigeordneten Hans Dirk Nies (Bildmitte hinten mit erhobenem Zeigefinger, der nicht dem Fotografen, sondern einem Fragesteller galt) im Kompostwerk nördlich der Gensinger Strasse.

Der rügte zunächst die Wortwahl (“es muß beauftragen heissen, statt bevollmächtigen”), um dann auf die haushaltsrechtlichen Defizite der Vorlagen einzugehen. Nachdem eine Reihe anderer erfahrener Verwaltungshasen, so die früheren Verbandsbürgermeister Wolfgang Ginz und Alfons Schneider, Kehl zustimmten, schwenkte Nies in einer offen praktizierten Selbstkritik, wie sie sonst nur von den Vorsitzenden kommunistischer Polit-Büros an deren Karriere-Wendepunkten bekannt ist, um. Und formulierte neu. Mehrfach fragte er dann den Werkausschuß “gehen Sie mit mir über diese Brücke?”. Es dauerte Minuten, bis sich das Gremium auf dieses Wagnis einließ.

Getrennt den selben Weg

Bildlich gesprochen ging Nies über diese vor. Und der Werkausschuß nicht nach, sondern zeitlich versetzt den selben Weg. Schon bei Tagesordnungspunkt 1 der öffentlichen Sitzung, “Anfragen der Mitglieder”, zeigte Nies auffällige Unsicherheiten und Ausflüchte immer dann, wenn Detailfragen zu seinem Verantwortungsbereich gestellt wurden. Konkret wurde Nies, wie bei der Frage von Ewald Götz (Linke) nach dem Sachstand der Hangsicherung bei Hochstetten-Dhaun, wenn er darlegen konnte, nicht verantwortlich zu sein. Denn das Beseitigen der Gefahr einer “potenziellen Großrutschung” sei allein Sache der SGD Nord.

Hangrutschung: Vertrag nicht unterzeichnet

Er selbst wisse da nicht mehr vom Thema, “als das, was jeder Bürger selbst beobachten kann”. Meik Schwinn vom AWB ergänzte dazu, dass die “Falschinformation”, es werde bereits gearbeitet, von ihm stamme. Er nahm diese zurück und erklärte, dass der Vertrag zwischen Basalt AG, der SGD Nord und dem Landkreis noch nicht unterzeichnet sei. Derzeit fänden daher nur Vorbereitungsarbeiten statt. Eröffnet hatte den Anfragen-Reigen Jürgen Klein (AfD). Er wollte wissen, was zusätzliche Meßtechnik für eine weitergehende Reduzierung von Plastik- und Mikroplastikanteilen im vom AWB produzierten Kompost kosten würde.

Nies passte – Schwinn erklärte

Bei dieser Frage passte Nies und ließ Meik Schwinn erklären, dass es diesbezüglich weder zusätzliche Meßtechnik noch Reduzierungstechnik gebe, da der AWB-Kompost die gesetzlichen Werte einhalte. Mag sein, dass Schwinn ein Meister darin ist, komplexe Sachverhalte ganz einfach verständlich und in wenigen Worten darzustellen. Aber wer sich nicht nur nebenher mal ein paar Stunden, sondern viele Jahre hauptberuflich mit dem Kompostwerk des Kreises beschäftigt hat, wie der Kreisabfalldezernent, sollte zu einer solchen Aussage fachlich auch selbst in der Lage sein (weitere Berichte folgen).