Winzenheim: grüne Lunge oder Parkplatz mitten im Ort?

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Die Zukunft des Scheunenplatzes versammelte gestern Abend in der Kita Zur Klaster 35 Winzenheimer*Innen. Und sorgte für eine lebhafte, kontroverse Diskussion unter Leitung von Ortsvorsteher Mirko Kohl. In den Redebeiträgen prallten zwei grundsätzlich unterschiedliche Positionen aufeinander. Auf der einen Seite die amtliche des Ortsbeirates, der Verwaltung und einiger Einwohner*Innen, die sich einen Lebensraum rund um die Scheune wünschen. Auf der anderen Seite die der Planungsamt-Kritiker, die sich zwar nicht wörtlich gegen eine Aufwertung des Scheunenplatzes aussprechen, diesen aber mit einer intensiven Parkplatznutzung erhalten möchten.

Landschaftsarchitekt Thomas W. Fischer stellte seinen “selbsterklärenden Entwurf” vor, der bereits im Planungsausschuß diskutiert worden war (diese Seite berichtete): Begrünung der Scheune, Neugestaltung deren Eingangsbereiches mit einem abgehängten Glasdach, bis zu 20 zusätzliche Bäume, Reaktivierung des Brunnens, Mobilitätsstation mit Leihfahrrädern, E-Car-Sharing-Punkt samt Ladestation. Und acht oder neun Kfz-Parkplätzen längs der Bretzenheimer Strasse. Schon deren Lage und Zahl rief mehrere Kritiker auf den Plan. Steffen Meinhard lehnte deren Anordnung ab, weil aus den rechtwinklig zur Strasse angeordneten Parktaschen rückwärts ausgefahren werden muß.

Ortsvorsteher Mirko Kohl mußte gestern Abend viel erklären und einiges an Kritik an dem von ihm unterstützten Aufwertungsplan für den Scheunenplatz einstecken.

Den Hinweis des Ortsvorstehers auf das risikosenkende, neu auszuschildernde Tempo 30 schob der Winzer mit seiner profunden Lebenserfahrung als Anwohner der Kirchstrasse beiseite: “ich fahre nie rückwärts von meinem Grundstück, weil das nicht gut geht”. Der frühere Kämmerer Karl-Heinz Gilsdorf (CDU) leitete seine Ablehnung mit der Frage ein, ob die Polizei diesem Parkkonzept zugestimmt habe. Als dies verneint wurde stellte er fest: “das wird ein Unfallschwerpunkt erster Güte, das werden Sie niemals genehmigt bekommen”. Gilsdorf bestand darauf schnellstmöglich die Polizei mit diesem Plan zu befassen. Und sprach dann das grundlegender Problem an:

Scheunenplatz tageweise zugeparkt

“Wo sollen die Leute ihre Autos abstellen?” Diese Frage vertieften mehrere weitere Redner*Innen, die auf den Wegfall des früheren HL/REWE-Parkplatzes und die extremen Falschparkverhältnisse bei Hochzeiten, Beerdigungen und Veranstaltungen hinwiesen. Ein Anwohner berichtete von unzähligen Abschleppaufträgen, die er Monat für Monat erteilen muß, weil rücksichtslose Zeitgenossen sein privates und das von ihm betreute Kirchengrundstück immer wieder vollständig zustellen. Genau auf diese Parkplatznot wies auch Paul Kaiser, der früher selbst im Ortsbeirat aktiv war und jetzt die katholische Kirche vertrat. Er berichtete von Tagen, an denen der Scheunenplatz so zugeparkt ist, dass “da kein Mann und keine Maus mehr drauf geht”.

Protestschreiben der Kirchen angekündigt

Kaiser kündigte Protestschreiben der Kirchen gegen die Umgestaltungspläne an und stellte provozierend in den Raum, man müsse schon bald vor dem Aldi in Bretzenheim parken, um in Winzenheim zur Beerdigung zu gehen. Mirko Kohl zeigte sich ob der Vielzahl und der Deutlichkeit der kritischen Beiträge “etwas verunsichert” und erinnerte Kaiser daran, von Anfang an eingebunden gewesen zu sein: “Paul, Du hast den Plan doch mit entwickelt”. Und stellte dann in den Raum, “ob man ihn nicht einfach so läßt”. Damit würde wohl den Vorstellungen zweier Anlieger eher Rechnung getragen, als mit einer Umgestaltung.

Nutzung als Hundeklo

Heidrun Merz stellte fest, “der Platz wird als Parkplatz gebraucht”. Würde der neue Plan umgesetzt nimmt nach ihrer Einschätzung “das Wildparken zu und die stellen sich bis in die Kolpingstrasse”. Sie schlug vor durch Absperrpfosten, die herausgenommen werden können, mehr Flexiblität zu erreichen. Und berichtete ihre Beobachtung, dernach der Platz überwiegend von Personen genutzt wird, die ihn als Hundeklo sehen. Ralf Leonhard brachte seine Meinung wie gewohnt pointiert zum Ausdruck: “diese Planung ist völlig vor die Füsse – Entschuldigung”. Sein spontaner Lösungsvorschlag, ein Parkbuchtenbereich an der nördlichen Platzgrenze und eine Einbahnregelung von der Markt- zur Bergstrasse, löste zwar den einzigen Applaus des Abends aus.

“Diskussionen von gestern”

Aber auch Widerspruch. Thomas Fischer wies aus der Perspektive des Planers darauf hin, dass dies dazu führend würde, das dann erstmals rund um den Platz herum Autoverkehr wäre. Dieses Argument erkannte Leonhard später an. Gregor Beilmann benannte sich als Sprecher der Kolpingfamilie und konnte sich für die Aufwertung des Scheunenplatzes auch nicht erwärmen. Er konnte dem Konzept, “den Platz mit Bäumen zu übersähen” nichts abgewinnen und berichtete von “unzähligen leeren Baumscheiben” im Stadtteil, die “aufgeforstet werden können”. Gegen Ende der Diskussion meldeten sich auch Befürworter des Verwaltungsvorschlages zu Wort. Unternehmer Ulrich Grass erkannte bei den Parkplatzbefürwortern “Diskussionen von gestern” und bestätigte die Angaben Thomas Fischers zur Mobilitätswende.

Am 30. Oktober im Ortsbeirat

Peter Butzbach (CDU) stellte sich voll hinter die Vorschläge des Ortsvorstehers. Und auch Ortsbeiratsmitglied Christoph Benze (Grüne), der nach eigenen Worten “zum Zuhören gekommen” war, bewertete den Verwaltungsplan positiv. Ortsvorsteher Mirko Kohl, der neben der Aufgabe der Moderation auch die der Protokollführung übernommen hatte, durfte zum Schluß noch einen Vorschlag notieren, der breite Zustimmung fand: nämlich eine Mitfahrerbank aufzustellen. Kohl nach deutlich über zwei wortreichen Stunden: “wir müssen das jetzt erst mal sacken lassen”. Und dann am 30. Oktober im Ortsbeirat auswerten und entscheiden.

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25.08.19 – “Kohl freut sich über Mehrwert, den er mit Gagliani erarbeitet hat”
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