“Kapitän” Wolfgang Heinrich “wie auf ‘nem Schiff bei Nebel”

Von Gabriele Stroh
und Claus Jotzo

Der Bürgermeister ist eine Landratte. Trotz einiger Erfahrung mit unterschiedlichen Verwaltungsaufgaben: seemännische befinden sich darunter nicht. Bisher. Denn nach acht Jahren an verantwortlicher Stelle in Bad Kreuznach und trotz eines nur für Paddelboote tauglichen Flusses mitten in der Stadt fühlt sich Wolfgang Heinrich aktuell “wie auf ‘nem Schiff bei Nebel”. Diese Selbsteinschätzung offenbarte Heinrich am Montagabend im Finanzausschuß. Wieder einmal war es der Punkt Mitteilungen, der gemäß Gemeindeordnung rechtlich denkbar ungeeignet ist für eine Aussprache (weil da streng genommen nur die Verwaltung sprechen darf), in dem eine fachlich höchst relevante Diskussion, nämlich die zu den Stadtfinanzen, hochkochte.

Reicht das Geld fürs Personal?

Und der Bürgermeister, der solche Gelegenheiten zum ausserplanmässigen Meinungsaustausch sehr schätzt, befeuerte die Diskussion mit mehreren Hinweisen. Als Auslöser diente dem Gremium eine Informationsvorlage der Verwaltung, in der Kämmereiamtsleiter Thomas May die aktuellen Personalausgaben zum Stichtag 28. August (17.666.806,60 €) dem zur Verfügung stehenden Finanzrahmen laut Haushaltsplan (29.981.215,00 €) gegenüberstellte. Mehrere Ausschußmitglieder wie Oliver John (FDP), Norbert Welschbach (CDU) und Hermann Bläsius (Grüne) brachten zum Ausdruck, dass die darin getroffenen Angaben ihnen nicht ausreichen, um beurteilen zu können, ob das Geld reicht und Handlungsbedarf besteht.

Wöchentlich Controlling

Einen solchen sieht Heinrich akut nicht. Denn die Verwaltung “macht wöchentlich ein Controlling”. Zudem sei die Lage im Personalbereich von “vielen Variablen” gekennzeichnet. Würde man sich in einer solchen Situation festlegen, so der Bürgermeister in der Sprache der Seefahrer, “erleidet man nur Schiffbruch”. Heinrichs operative Konsequenz ist daher: “ich fahre auf Sicht”. Wer zumindest einen kennt, der schon mal mit jemandem gesprochen hat, der zur See fuhr, weiss: das ist die mit Abstand gefährlichste Fortbewegungsmethode auf dem Wasser. Auch wenn zu Heinrichs Gunsten unterstellt werden darf, dass der Dampfer Stadtverwaltung nicht mit Höchstgeschwindigkeit unterwegs ist.

Heinrich fordert Personalentwicklungskonzept

Sichtlich genervt reagierte Heinrich auf Fragen, etwa des Linken-Stadtrates Jürgen Locher, ob die für Personal eingestellten Mittel bis zum Jahresende reichen. Der Bürgermeister verwies auf ständige Veränderungen bei den Mitarbeitenden und mahnte ein Personalentwicklungskonzept an. “Obwohl ich das brauche, habe ich es immer noch nicht”. Und Heinrich hat Schuldige ausgemacht für die aktuell schwierige Situation. Bei den Etatberatungen im Februar sei beschlossen worden “willkürlich 1,5 Millionen rauszunehmen”. Die Verwaltung habe “geplant und irgendwer hat einfach 1,5 Millionen rausgestrichen ohne Sinn und Verstand”.

Bühring: Bürgermeister hat Recht

“Ein defizitärer Haushalt kann nicht geplant werden bei jeder Menge Variablen”, fuhr Heinrich fort. Hermann Bläsius schlußfolgerte aus den Antworten des Bürgermeisters: “man redet aneinander vorbei. Da liegen Zahlen vor, die keine Aussage für uns haben. Es kann keiner sagen ist es zu viel, ist es zu wenig. Die Zahlen haben kein Vergleichslevel (Zahlen vom Vorjahr). Das ist gefragt”. Daraufhin bot Heinrich an: “wenn es ihnen hilft, können wir das reinschreiben, die Zahlen von 2018, aber es wird ihnen nicht helfen”. Rolf Bühring (FWG/BüFEP) unterstützte den Bürgermeister: “Heinrich hat Recht. Helfen Sie uns im Verständnis für diese Dinge”.

Richtige Zahlen Anfang November

Bezogen auf die Kürzungen bei den Haushaltsberatungen für 2019 merkte Bühring an: “wenn jemand aus welchen Gründen auch immer reinfuhrwerkt ist das nicht gut”. Andere Ausschußmitglieder kamen zu einer entgegengesetzen Bewertung. Für Norbert Welschbach war die Vorlage “das Papier nicht wert. Damit kann ich nix anfangen. Mir hilft das nicht. Wir kommen nicht auf den gleichen Nenner, deshalb breche ich jetzt ab”. So sah das auch Oliver John: “wir kommen inhaltlich nicht zusammen. Diese Vorlage und das Konzept haben nix miteinander zu tun”. Heinrich bat abschließend um mehr Zeit. “Bis Anfang November (Anmerkung der Redaktion: dann finden die Beratungen des Etats für 2020 statt) haben sie die richtigen Zahlen”.