Eklat im Grundstücksausschuß: Verwaltung legt falsche Zahlen vor

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Peinlicher war in der aktuell laufenden Stadtrats-Kampagne noch keine Sitzung. Im Rahmen der Beratung der Haushaltsvoranschläge der Grundstückswirtschaft gestern Abend wurde schnell deutlich: die hauptamtliche Verwaltung hat den ehrenamtlichen Ausschußmitgliedern falsche Zahlen vorgelegt. Die Veranwortung dafür übernahm entspannt Amtsleiter Michael Fluhr der einräumte, die Zuarbeit einer Mitarbeiterin nicht mehr kontrolliert zu haben. Er werde mit dieser Mitarbeiterin sprechen, kündigte Fluhr an. Mit diesen Worten gaben sich mehrere Mitglieder des Grundstücksausschußes nicht zufrieden.

Da war die Welt im Grundstücksausschuß gestern um 17.30 Uhr noch in Ordnung: Bernhard Frauenberger (stehend hinten rechts), Leiter des Forstamtes Soonwald, referierte über die guten Entwicklungsperspektiven des Bad Kreuznacher Stadtwaldes.

Während erfahrene Kommunalpolitiker wie Günter Meurer (SPD) und Karl-Heinz Delaveaux (FWG/BüFEP) mit grosser Selbstbeherrschung und Disziplin emotionale Reaktionen unterdrückten, war an aufgerissenen Augen, dem Einsinken der Köpfe zwischen den Schultern und anderen Verwaltungsauffälligkeiten sichbar, dass bei dem Großteil der Ausschußmitglieder die Verärgerung und Betroffenheit erheblich war. Als Fluhr dann auch noch ausführte, es seien ja nur die Zahlen der Vorjahre falsch, alles gar nicht so schlimm und sich dann zu der Ausrede verstieg, immerhin habe sein Amt im vergangenen Jahr den Haushaltsausgleich herbeigeführt, platzte auch Fluhrs Parteifreund Norbert Welschbach (CDU) der Kragen.

Bastian stimmte Welschbach “vollkommen zu”

Ruhig und in sachlicher Wortwahl, aber unmißverständlicher Deutlichkeit formulierte Welschbach (selbst erfahrener Verwaltungshengst): “das ist kein Argument”. Um Fluhr dann ins Stammbuch zu schreiben, dass “ich als Ausschußmitglied nur dann was planen kann, wenn ich weiß, wie die Ergebnisse der Vorjahre waren”. Lothar Bastian stimmte dem CDU-Ausschußkollegen “vollkommen zu”. Es sei bei den Beratungen immer wichtig zu sehen, wie die Entwicklung über die Jahre gewesen ist. “Wenn ich bösartig wäre, würde ich sagen: diese Vorlage ist gar nicht abstimmungsfähig”, brachte der Grüne seine Skepsis zum Ausdruck. Auch der Beschwichtigungsversuch des Beigeordneten Markus Schlosser (“es ist ein Fehler, der wurde zugegeben”) führte zunächst nicht zu einer Beruhigung.

Lorenz regte Rückzug der Vorlage an

Mehrfach brachte er in die sich über viele Minuten hinstreckende Diskussion die Argumente ein, “es ist so wie es ist” und “die Zahlen für 2020 wurden sauber ermittelt und formuliert”. Werner Lorenz (FDP) sprach dann offen aus, was viele spontan überlegt hatten: “wäre es dann nicht besser die Vorlage zurückzuziehen?” Das bot Schlosser schließlich auch an. Allerdings nicht mit der Begründung eines schweren Verwaltungsversagens. Sondern mit dem Hinweis darauf, dass es sich bei diesem Teiletat ja nur um Vorschläge handele, die zunächst im Finanzausschuß und schließlich erst im Stadtrat final zu entscheiden wären.

Beim Radonstollen Vorzeichen verwechselt

Auch mit diesem Ansatz tat sich der Beigeordnete erkennbar keinen Gefallen. Denn natürlich erkannten alle Grundstücksausschußmitglieder, die nicht im Finanzausschuß sitzen, darin eine Zurücksetzung ihrer Arbeit. Und der ein oder die andere mag sich gefragt haben: warum dann überhaupt noch Vorberatungen in den Fachausschüssen? Als das Linken-Stadtratsmitglied Bianca Steimle das Produkt “Radonstollen” ansprach, das laut Verwaltungsvorlage für 2020 mit einem vierstelligen Minus geplant wurde, mußte Schlosser einräumen, “da stimmen die Vorzeichen nicht, sonst ist aber alles korrekt”. Da das falsche Vorzeichen immerhin aus einem Überschuß von 6.420 Euro ein entsprechend hohes Minus gemacht hat, konnten mehrere Ausschußmitglieder Schlossers gewagte Vorzeichen-Interpretation nicht folgen.

“Eine beispiellose Ohrfeige”

Die Quittung gabs dann bei der Abstimmung über den Verwaltungsvorschlag. Während bisher in allen Fachausschüssen die Verwaltungsvoschläge einstimmig bzw einmütig bei nur ein oder zwei Enthaltungen angenommen wurden, verweigerte gestern Abend die Mehrzahl der Ausschußmitglieder dem Verwaltungsvorschlag die Jastimme. Sieben Mitglieder enthielten sich. Nur sechs stimmten zu. CDU-Ausschußmitglied Alfons Sassenroth und sein Stellvertreter Helmut Kreis fehlten entschuldigt. Ein weiterer Christdemokrat ging rauchen statt abzustimmen. “Eine beispiellose Ohrfeige”, wie ein verwaltungsfreundliches Ausschußmitglied sofort kommentierte. Deutlichere Worte fanden zwei Mitglieder des Gremiums dann aber nach dem Ende der Sitzung gegen 21 Uhr im Gespräch mit der Redaktion dieser Seite zur “Arbeitsverweigerung des Amtsleiters”: “wenn der Haushalt Sache seiner Mitarbeiterin ist, dann bezahlen wir die falsche Person auf der Vorgesetztenstelle”.

Nachtrag 21. September 2019:

In einer früheren Fassung des Textes stellten wir fest: “CDU-Ausschußmitglied Alfons Sassenroth fehlte unentschuldigt”. Dem hat Alfons Sassenroth widersprochen und festgestellt, er habe sich schriftlich abgemeldet. Wir haben daher unsere Darstellung korrigiert und uns in einem gesonderten Beitrag (“Alfons Sassenroth: “habe mich abgemeldet”) am 22.9.19 entschuldigt.