Vollzug und Polizei vermitteln 2 x 2 Stunden wöchentlich Gefühl

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Dr. Kaster-Meurer ist angeschlagen. Erst die Pleite- und Pannenserie vor diversen Gerichten. Dann das verheerende SPD-Wahlergebnis im Mai. Schließlich ihre Eigentore in Sachen Gewobau und Jugendamt. Weil sie im eigenen Zuständigkeitsbereich eine Fehlleistung nach der anderen zu verantworten hat und die nächste publikumswirksame Einweihung (die des Stadtarchives) mit Minister, Häppchen und Pipapo erst in einigen Wochen ansteht, räubert die Oberbürgermeisterin seit der Rückkehr aus dem einmonatigen Erholungsurlaub mit dem Ziel der Selbstdarstellung quer durch die Dezernate.

Heinrich und Schlosser brüskiert

Zunächst mußte Bürgermeister Wolfgang Heinrich erleben, dass die in seinem Auftrag von GuT-Chef Dr. Michael Vesper eingetütete Zusammenarbeit mit der Region Rhein-Main von der Oberbürgermeisterin handstreichartig an sich gerissen und von ihr der Öffentlichkeit als OBin-Projekt verkauft wurde. Gestern Nachmittag erfolgte dann die Übernahme des städtischen Vollzugsdienstes durch Dr. Kaster-Meurer. Für den ist gemäß des vom Stadtrat beschlossenen Dezernatsverteilungsplanes der Beigeordnete Markus Schlosser zuständig. Das hinderte die Oberbürgermeisterin nicht daran hinter dessen Rücken ein gemeinsames Show-Projekt zwischen Vollzug und Polizei einzufädeln.

Zwei Stunden mittwochs und freitags

Wie die städtische Pressestelle am Dienstag um 17.16 Uhr mitteilte, hat es die Verwaltungschefin geschafft, dass die beiden Behördenteile Gefühl vermitteln. Sicherheitsgefühl. Der von Dr. Kaster-Meurer verordnete Therapievorschlag sieht vor: mittwochs von 10 bis 12 Uhr (im Stadtteilbüro Pariser Viertel) und freitags von 12 bis 14 Uhr (im Bus des Ordnungsamtes) sitzen je eine Person des städtischen Vollzuges und der Polizei und präsentieren offene Ohren “für die Sorgen, Anliegen und Fragen der Bürgerinnen und Bürgern”. Genau diese Form des Wir-sitzen-da-und-die Menschen-können-kommen ist die – überholte – Methode des 19. Jahrhunderts.

Aufsuchen statt warten

Moderne Vollzugs- und Polizeiarbeit sieht ganz anders aus. Nämlich so, wie sie der Beigeordnete Schlosser auf Anfrage von Dr. Heinz Rüddel (SPD) in der letzten Stadtratssitzung vorstellte: Streifen durch die Strassen und Gassen der Stadt, um die Menschen dort zu erreichen, wo sie leben und wo die Probleme konkret stattfinden. Anlaufstellen für den (kleinen) Teil der Bevölkerung, der sich zu artikulieren weiß, gibt es bereits einige. Notwendig ist genau der andere Weg: nämlich die Leute aufsuchen.

Erstmals 6. und 11. September

Wer sich einen persönlichen Eindruck davon verschaffen möchte, wie die zusätzlichen Sprechstunden “auf Initiative von Oberbürgermeisterin Dr. Heike Kaster-Meurer” das Sicherheitsgefühl heben, kann sich davon am kommenden Freitag (6. September) von 12 bis 14 Uhr in der historischen Neustadt überzeugen, wo das Fahrzeug des städtischen Vollzugs zwischen Nahebrücke und Zwingel als Anlaufstelle fungiert. Und heute in einer Woche (11. September) von 10 bis 12 Uhr im Stadtteilbüro Pariser Viertel (Planiger Straße 1a).

Meinung: vollkommen neben der Spur

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Noch nie hat sich eine Neustadt-Anwohnerin wegen Störung der Mittagsruhe beschwert. Die Probleme entstehen, weil partygeile Ortsfremde morges um 2 oder 3 Uhr johlend und kotzend durch die Altstadtgassen ziehen und fahren. Auch die Müll-Igel streifen nachts Dreck hinterlassend durch die Müllergasse und den Pocket-Park. Und nicht tagsüber. Das Tages-Gefühl-Projekt der Oberbürgermeisterin ist eine Witznummer. Die Menschen brauchen die Hilfe gegen Schwachmaten und Rechtsbrecher nachts und am Wochenende.

Schaden für die Stadtgemeinschaft

Und nicht in der Mittagszeit an Mittwochen und Freitagen. Es ist sehr schade, dass sich Polizei und Vollzug vor den Selbstdarstellungskarren der OBin spannen lassen. Der rollt schon lange neben der Spur. Und es spricht nicht für die Mitglieder des Rates der Stadt, dass da nicht schon längst eine(r) in die Speichen gegriffen hat. Denn den Schaden hat nicht nur Dr. Kaster-Meurer. Es ist die Stadtgemeinschaft insgesamt, die das am Ende auszubaden hat.