Nach den Wahlen in Sachsen und Brandenburg: Kenia jetzt auch in Bad Kreuznach?

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Die Landtagswahlergebnisse vom gestrigen Abend könnten die seit Monaten im Hintergrund geführten Koalitionsgespräche in der Nahemetropole befeuern. In Sachsen “muß”, in Brandenburg kann ein Bündnis aus CDU, SPD und Grünen mit jeweils deutlichen Mehrheiten in den Landtagen die Regierung bilden. Da in Bad Kreuznach weder schwarz-rot noch scharz-grün und erst recht rot-grün keine Mehrheit haben (letztere nicht einmal in der Variante rot-grün-dunkelrot-regenbogenrot), ist seit dem 27. Mai klar: es müssen mindestens drei Partner zusammenfinden. Zwar plappern alle öffentlich vom offenen Stadtrat.

Mehrheit für Posten

Und das Konzept hat ja auch seinen Charme. Denn es gilt die alte politikwissenschaftliche Wahrheit “an Profil verliert, wer koaliert”. Aber es sind Posten zu besetzen. Und es gibt Menschen, die diese Posten besetzen möchten. Dafür sind 23 Jastimmen erforderlich. Besser wären natürlich mehr. Denn Mißgunst und Neid sollen sich in Wahlkabinen pudelwohl fühlen. Und so ist schon seit der Kommunalwahl klar: ein Postenbündnis aus CDU (12) , SPD (10) und Grünen (8) ist für jene, die gewählt werden möchten, eine Traumlösung. Für alle ausser den Bürgermeister. Wolfgang Heinrich hatte es mit seiner inhaltlich-robusten Art schon als CDU-Mitglied schwer, die Christdemkraten einmütig hinter sich zu scharen.

Nie richtig angekommen

Nach seinem Wechsel zur SPD sehen ihn in der CDU viele als Parteifeind. Obwohl Heinrich bei den Sozialdemokraten nie richtig ankam. Das wurde schon lange vor der Kommunalwahl sehr deutlich, als es der SPD nicht gelang, den Kämmerer der Stadt auf ihrer Kreisliste auf einem prominenten Platz abzusichern. Wegen der Abhängigkeit der Kreisfinanzen von der Stadt und dem kreisweiten Minderwertigkeitskomplex gegenüber der Stadt (mit dem daraus erwachsenden übertriebenen Stadt-Bashing auf Kreisebene) wäre es wichtig gewesen, den kompetentesten Stadt-Zahlen-Meister in Kreistag und Kreisausschuß mitarbeiten zu lassen.

SPD verpaßte Integration

Kommunalpolitisch ist das als grosses Versagen der SPD zu bewerten. Und innerparteilich hat diese gescheiterte sozialdemokratische Integrationsleistung den Tätigkeitsschwerpunkt Heinrichs verschoben. Während er sich im Kreistag zunächst für die CDU, dann für die SPD um die Abfallmißwirtschaft kümmerte, kann er sich seit der Entlastung der Mitverantwortung auf Kreisebene nun ganz den städtischen Problemen zuwenden. Schon vor der Wahl war Heinrich auch als Genosse der profilierteste und sachkundigste Kritiker der Oberbürgermeisterin und der grossen Koalition aus CDU und SPD für Klientelpolitik und gegen Haushaltsdisziplin.

Schlosser statt Heinrich

Ohne jede parteipolitische Rücksichtnahme legte der Bürgermeister und Kämmerer offen, dass der Beschluß zur Übernahme der Bauträgerschaft für zwei katholische Kitas haushaltsrechtlich unzulässig ist. Und Heinrich wird nicht müde, die Einsparvorgaben der ADD vor Ort umsetzen zu lassen. Daher soll Wolfgang Heinrich, so die Strategen bei CDU und SPD, weg. Spätestens wenn seine Amtszeit abläuft möchte man den Bürgermeister durch Markus Schlosser ersetzen. Dessen Posten als Ordnungsdezernent möchte dann gern Andreas Henschel übernehmen. Der war Schlosser im März 2018 in geheimer Wahl im damals offenen Stadtrat unterlegen.

Kenia wird salonfähig

Und könnte so ganz entspannt dessen Nachfolger werden. Und die Grünen? Für die würde Andrea Manz wieder als Kulturdezernentin in den Stadtvorstand einziehen. Die Ost-West-Trasse ist da keine unüberwindliche Hürde. Denn CDU und SPD wissen: dafür gibt es im Rat eine klare Mehrheit. Das erkennen auch die Grünen an. Warum wegen eines – ohnhin nicht zu verhindernden Projektes – den Einfluß auf unzählige andere Entscheidungen aufgeben? Und auf den Posten im Stadtvorstand verzichten? Und so könnten die Kenia-Gespräche im Osten die Kenia-Koalition an der Nahe befördern. Nach dem Motto: wenns dort geht, dann hier erst recht.