Bad Münster fordert Gleichbehandlung: Bus- und Abwassertarife senken

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Um es gleich vorweg zu sagen. Die nachstehend zitierten Anträge lesen sich ungleich martialischer, als die Aussprache im Ortsbeirat am vergangenen Montag verlief. In dem 13köpfigen Gremium selbst sieht – trotz einmütigem Abstimmungsergebnis – nicht jede(r) die Antrags-Themen als besonders schwerwiegend an. Die grössere Bedeutung anderer Aufgabenstellungen wurde von einzelnen Mitgliedern durchaus erkannt. Nichtsdestotrotz lag das Papier zur Beratung und Beschlußfassung vor. Der von allen drei Ortsbeiratsgruppen unterstützte “gemeinsame Antrag CDU-, SPD-, FDP-Fraktion: Gleichbehandlung aller Bürger aus Bad Kreuznach”.

Gleichheitssatz verletzt

Mit zwei unmißverständlichen Forderungen. “Angleichung der Bustarife BME an das restliche Stadtgebiet” und “Angleichung der Abwassergebühren BME an das restliche Stadtgebiet”. Die schriftlich vorgelegte Begründung greift dann auch gleich zur ganz großen juristischen Keule. Es wird eine Verletzung des grundgesetzlich geschützten Gleichheitssatzes gerügt. Auslöser für diesen gewichtigen Vorwurf: obwohl “die ehemals selbstständige Stadt Bad Münster am Stein-Ebernburg” Stadtteil wurde, müssen die Bürger dort immer noch den teuren Übergangstarif von der Wabe 401 (BME) zur Wabe 400 (Bad Kreuznach) zahlen. “Pro Einzelfahrschein 1,45 € mehr als der Rest der Bürger aus Bad Kreuznach” (Mehrbetrag beträgt bei Mehrfachfahrkarten 1,30 €/Einzelfahrt) heisst es wörtlich.

“Absolut ungerecht und unsozial”

Und das wird zünftig bewertet: “dies ist ein absolut ungerechter und höchst unsozialer Umstand für den die Bürger des Stadtteils mittlerweile kein Verständnis mehr haben. Hier ist es dringend geboten, gleiche Lebensbedingungen für alle Bürger zu schaffen. Der erhebliche höhere Fahrpreis ist auch ein Hemmnis für breite Bevölkerungsgruppen (Senioren/Rentner, Familien mit Kindern) die guten und umweltverträglichen Busverbindungen noch stärker zu nutzen (dringend erforderliche Lärm- und Abgasentlastung des Salinentals)”. Bezogen auf die Abwassertarife werden im Stadtteil seit der Fusion “deutlich höhere Abwassergebühren” verlangt, als von den anderen.

Mit aller Gewalt durchsetzen

“Das können und wollen die Bürger einer Stadt nicht mehr länger hinnehmen. Beides verstößt massiv gegen die Fürsorgepflicht und gegen das Gleichbehandlungsgebot”. Gebhard Benz (FDP) war der einzige im Ortsbeirat, der die Diktion im Antrag verbal aufgriff. Er forderte “mit aller Gewalt die Gleichberechtigung duchzusetzen”. Andere Redebeiträge zielten auf eine differenzierte Darstellung des Themas ab. Zunächst wurde die Frage der Bustarife erörtert. Diesbezüglich hatte Volker Konopka (SPD) erkannt, dass die Kernstadt nicht vollkommen untätig war und die für den Stadtteil wichtigen Touristen bereits gleichbehandelt werden.

Nach grossen Lösungen suchen

“Die GuT hat das geregelt” stellte er anerkennend fest. Und sein Fraktionskollege Willi Kuhn riet dazu, das “Kleingliedrige wegzulassen und nach grossen Lösungen zu suchen”. Norbert Welschbach (CDU) hatte aufgeschnappt, dass die Kosten für die Einbeziehung BMEs in die Bad Kreuznach-Wabe “250.000 bis 300.000 Euro” betrügen und beklagte: “man bekommt keine genauen Auskünfte”. Welschbach nahm dann aber gleich die Schärfe aus der Sache, in dem er feststellte, “der Antrag ist gut, um in Erinnerung zu bleiben” (Anmerkung der Redaktion: um gut in Erinnerung zu bleiben sind Anträge nicht zwingend nötig. Da würde schon die Einladung zu einem guten Ebernburger oder Bad Münsterer Wein helfen^^).

Bad Münster doppelt bestraft

Um nicht zu sehr auf die weiche Welle zu verfallen, wies Ortsvorsteherin Dr. Bettina Mackeprang darauf hin, dass die höheren Bustarife ja nicht nur Menschen im Ortsteil benachteiligen. Sondern auch Besucher aus der Kernstadt abschreckten, weil diesen die Fahrt nach BME zu teuer sei. “Damit ist Bad Münster doppelt bestraft”. Bei den Abwassertarifen war Stefan Köhl aufgefallen, dass davon drei existieren. Einer für BME, einer für die neun Gemeinden der früheren Verbandsgemeinde und einer für die Reststadt. Köhl empfand diesen Umstand als “absurd”. Er wies darauf hin, dass es viele Widersprüche gegen die Abwasserbescheide gebe und kritisierte das städtische Rechtsamt.

Widersprüche nicht bearbeitet

“Teilweise sind die Widersprüche seit drei Jahren nicht bearbeitet”. Obwohl Eckard Jung (SPD) zu diesen Widerspruchsführern zählt, nahm er die Stadtverwaltung in Schutz. Da seien früher auch Fehler von der Verbandsgemeinde gemacht worden. Dort über viele Jahre für die Kalkulation des Abwassers verantwortlich: Norbert Welschbach. Und der nahm recht diplomatisch zu diesem Punkt Stellung. “Was in der Vergangenheit gemacht wurde, kann ich nicht mehr heilen”, stellte er fest. Um dann orakelhaft unklar fortzufahren: “da wurde viele Jahre nicht mit offenen Karten gespielt”.

So und so kalkulieren

Welschbach kam zu dem Schluß: “Man kann so kalkulieren und man kann so kalkulieren …”. Willi Kuhn war das erkennbar zu unkonkret. Er wünschte sich mehr Informationen. Und legte damit das zentrale Defizit der Antragsberatungen offen: wäre je eine kompetente Mitarbeiterin des Planungsamtes (zum Thema ÖPNV) und des Abwasserbetriebes (zur Kalkulation der Gebühren) anwesend gewesen, wäre manche Spekulation und Kritik in sich zusammengefallen. Die Ortsvorsteherin versuchte das mit dem Hinweis zu heilen: “Was hilft uns der Gedanke zurück?”. Aber auch damit konnte sie die nun entflammende Diskussion nicht mehr eindämmen.

In BME höhere Gebühren als in den Dörfern

So erkannte Gebhard Benz messerscharf “eine Zweckentfremdung in die Verbandsgemeinde: wenn es hier marode ist und in der VG nicht”. Wenig konkret entgegnete Norbert Welschbach diesem Vorwurf mit der Bitte “nicht Äpfel und Birnen zu vergleichen” und erinnerte daran, dass es früher eine Solidargemeinschaft gab. Sprich: die Fusion kam für BME einfach zu früh. Die bessere Ausstattung in den Dörfern hätten die Verbandsgemeindewerke über die Jahre auch in BME realisiert – wenn es sie nur lange genug gegeben hätte. Stefan Köhl stellte dazu enttäuscht fest, “jetzt gibt es keine Solidargemeinschaft mehr” und in BME müsse mehr gezahlt werden, als in den neun Gemeinden.

Heinrich: Angleichung kommt schneller

Als Wunschzeitpunkt für die Angleichung beim Abwasser nannte Dr. Bettina Mackeprang “2020”. Tags drauf im Finanzausschuß wurde diese sehr optimistische Erwartung nicht gänzlich abgebügelt. Zur grossen Freude der Ausschußmitglieder aus dem Stadtteil kündigte Kämmerer Wolfgang Heinrich an, “die Angleichung wird schneller kommen, als manche befüchten und es im Vertrag steht”. Nach dem Fusionsvertrag könnte es noch fünf Jahre so weiter gehen. Aber die aktuell positiven Zahlen lassen aus Sicht der Verwaltung eine sehr viel schnellere Angleichung möglich erscheinen. Am Jahresende soll das laut Bürgermeister feststehen.