Landkreis leitet von 222.000 Euro nur 108.000 Euro weiter

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Nichts ist als Grundlage für Lösungen und Entscheidungen wichtiger als Fakten. Und in der Frage der Glascontainerstandorte hat die die Pressestelle des Landkreises geliefert. Intransparenz kann man dem Kreishaus also nicht vorwerfen. Im Gegenteil. Kreispressesprecher Benjamin Hilger hat in beispielhafter Verständlichkeit alles offen gelegt. Sachverhalte und Details, die die Kreispolitiker kennen oder kennen mußten.

Heinrich und Kaluza legten ungünstigen Vertrag offen

Zu diesen Fakten gehört: der Kreis hat den Verbandsgemeinden und Städten Verträge für die Glascontainerflächen angeboten. Und diese haben akzeptiert. Auch die Stadt Bad Kreuznach. Das ist viele Jahre her. Lange vor der Amtszeit Wolfgang Heinrichs. Der Bürgermeister und der erst seit 2014 in dieser Funktion tätige Leiter des Bauhofes Hans-Josef Kaluza sind diejenigen, die festgestellt haben, dass diese Vereinbarung sachwidrig und ungünstig ist für die Stadt. Leider haben sich ihre Vorgänger darum nicht gekümmert.

Lieber abnicken als nachfragen

Das ist ein Problem, das allein die Stadt zu verantworten hat. Es wird vor Ort halt lieber abgenickt als nachgefragt. So blieb viele Jahre unbemerkt, was der Kreis nicht verheimlicht: nicht einmal die Hälfte des Geldes, dass das Duale System Deutschland / Grüner Punkt (DSD) an den Kreis überweist, damit die Kommunen beim Glassammeln helfen, landet bei den Städten und Gemeinden. Das DSD zahlt 1,41 Euro je Einwohner*In. In 2018 zusammen 222.531,84 Euro. Weitergeleitet wurden aber nur 108.000 Euro. Dies entspricht 500 Euro je Altglassammelcontainer.

Über 50.000 Euro zu wenig

Würde die vom DSD gezahlte Kopfprämie ungekürzt weitergeleitet, kämen bei der Stadt über 73.000 Euro an. Mehr als das Dreifache der aktuell 22.000 Euro. Ein weiterer Fakt, der dank der Kreis-Transparenz nun feststeht: in Bad Kreuznach gibt es relativ viel weniger Glascontainerplätze, als etwa in der Verbandsgemeinde Rüdesheim. Dort stehen für aufgerundet 29.000 Einwohner*Innen 45 Plätze zur Verfügung. Bei einer ähnlichen Relation müßten es in der Stadt mindestens 82 sein, fast doppelt so viele wie die derzeit 44.

Stadt braucht mehr Containerstandplätze

Verantwortlich für diese Sachlage aus der Sicht den Kreises: “die Anzahl der Stellplätze in der Stadt hat sich in den vergangenen Jahren deutlich reduziert”. Schlußfolgerung im Kreishaus: “prinzipiell müssten in der Stadt weitaus mehr Containerstellplätze verfügbar gemacht werden, um den Bedarf zu decken”. Genau das hat Bürgermeister Heinrich vor und hat daher öffentlich dazu aufgerufen dem Bauhof geeignete Flächen mitzuteilen. Auch das Problem der Vermüllung der Containerstandorte wird vom Kreis angesprochen.

Zehntausende Einpendler*Innen übersehen

Also in der weltfremden Reduzierung auf “Glasbruch”. Ganz offen beschreibt die Pressestelle eine Reinigung “vom Glasbruch im 14-tägigen Rhythmus”. Warum wurden AWB und Kreisabfalldezernet Nies (SPD) in den zuständigen Kreisgremien bis heute nicht gefragt, wie der vom Kreis beauftragte Reiniger und die Glas-Abholer Glasbruch beseitigen wollen, wenn Sperrmüll darauf liegt? Warum wurde bis heute nicht angesprochen, dass zwar tagtäglich zehntausende Einpendler*Innen ihren Müll nach Bad Kreuznach mitbringen – und keiner auch nur eine Milchdose in Schwarzerden illegal entsorgt?

In der Stadt viel billiger als auf dem flachen Land

Auch die Tatsache, dass die Stadtbürger*Innen die Müllentsorgung im Kreisgebiet seit Jahrzehnten erheblich subventionieren, weil es eben viel billiger ist ein paar Tonnen in der Hohen Bell zu leeren, wo genau so viele Menschen leben, wie in Altenbamberg, wurde bisher nicht thematisiert. Es gibt also massenhaft gute Argumente das Geld vom DSD neu zu verteilen. Es müßte sich halt mal jemand sachkundig machen. Ansonsten wird auf dem einfach struktierten Nies-Niveau weitergewurstelt.

Kreistag ein Nies-Wiederwahl-Verein?

Und im Kreistag eine Koalition gebastelt, damit der Kreisabfallbeigeordnete auch über diese Wahlperiode hinaus Müllmißwirtschaft betreiben kann. Den Bürger*Innen bleibt da nur noch eine Wahl: die nächsten Bescheide des AWB per Widerspruch anzugreifen und das Kartenhaus aus Unfähigkeit und Fehlentscheidungen so zum Einsturz zu bringen. Wenn die gewählten “Volks”vertreter*Innen ihre Arbeit nicht machen. Dann übernehmen das eben die Gerichte.

Die Presseerklärung im Originalwortlaut:

“Der Landkreis Bad Kreuznach ist gesetzlich verpflichtet, die Abfallentsorgung auf dessen Gebiet vorzunehmen bzw. zu organisieren. Der Abfallwirtschaftsbetrieb des Landkreises führt diese Aufgabe federführend durch. Nicht hierzu zählt die Entsorgung von Verpackungsmaterialien – wie Kunststoff- oder Glasverpackungen.

Zur Sammlung und Entsorgung dieser sind die Dualen Systeme zuständig, einem Zusammenschluss der Industrie, der dieser Verpflichtung nachkommen soll. Finanziert werden die Dualen Systeme durch Anteile der Einkaufspreise, die der Endverbraucher im Geschäft zu leisten hat. Aus der Zuständigkeit für die Abfallentsorgung heraus stellt der Landkreis bzw. der AWB den Ansprechpartner für die Dualen Systeme hinsichtlich der Containerstellplätze zur Glassammlung dar.

Der AWB vermittelt zwischen den Dualen Systemen und den Kommunen, um Glascontainerstellplätze einrichten zu können. Eine originäre Zuständigkeit des AWB für die Containerstellplätze oder die Glasentsorgung als solches ergibt sich hieraus nicht, sondern tatsächlich die reine Mittlerposition. Im Gegenzug zur Vermittlung der Containerstellplätze, aber auch für weitere Aufgaben, überweisen die Dualen System jährlich derzeit 1,41 Euro pro Einwohner und Jahr an den AWB.

Im Jahr 2018 waren dies 222.531,84 Euro. Aus diesen Mitteln werden unter anderem Entschädigungen für den Aufwand der Gemeinden geleistet, die Containerstellplätze zur Verfügung stellen. Derzeit sind dies 500,00 Euro pro Containerstellplatz. Bei einer Gesamtanzahl von 216 Stellplätzen (hiervon sind 44 in der Stadt Bad Kreuznach) im Landkreis entspricht dies weitergeleiteten Mitteln von 108.000 Euro. Demnach verbleiben rund 114.000 Euro beim AWB, die sich – aus buchhalterischer Sicht – als Ertrag, der sich auf die Höhe der Abfallgebühren positiv auswirkt.

Tatsächlich werden diese Mittel aber auch für jene weiteren Aufgaben eingesetzt, die sich aus der Zusammenarbeit mit den Dualen Systemen ergibt. Hierzu zählt unter anderem die Abfallberatung rund um die Sammlungen der Dualen Systeme – also neben den Glassammlungen auch die für die Wertstoffe (Gelber Sack, Gelbe Tonne). Täglich erreichen den AWB Anrufe zu Abfuhrterminen des Wertstoffmülls, Glascontainerstellplätzen etc..

Im Ratgeber Umwelt werden regelmäßig Hinweise rund um die Wertstoffsammlungen veröffentlicht, in der Müll-App und auf der Homepage des AWB sind ebenfalls entsprechende Informationen aktuell vorgehalten. Darüber hinaus werden aus diesen Mitteln die auf den Wertstoffhöfen im Landkreis aufgestellten Sammelcontainer für Wertstoffe geleistet. Ebenfalls auf den Wertstoffhöfen kann Glas in die dort aufgestellten Container verbracht werden.

Die zwei vom AWB beschäftigten Abfallberater beschäftigen sich darüber hinaus regelmäßig mit den Themen Glas- und Wertstoffentsorgung. Ebenfalls daraus abgedeckt werden die illegalen Entsorgung rund um die Glascontainer. „Hier kommt eine mittlere fünfstellige Summe pro Jahr zusammen“, weiß Abfallwirtschaftsdezenernt Hans-Dirk Nies. In der Stadt Bad Kreuznach werden die Containerstellplätze derzeit von einem durch den Landkreis beauftragten Dienstleister vom Glasbruch im 14-tägigen Rhythmus gereinigt.

Daneben sind auch die Fahrer der Transporter, welche die Glascontainer leeren, angehalten, diese Arbeit vorzunehmen. Die Reinigungsintervalle des Dienstleisters orientieren sich an den Abfuhrplänen, so dass der Dienstleister in Wochen seine Arbeit verrichtet, in denen die Abfuhr nicht erfolgt. Infokasten: Anzahl der Stellplätze nach Verbandsgemeinden und den Städten Bad Kreuznach und Kirn getrennt:

VG Kirn-Land: 24
VG Bad Kreuznach: 17
VG Langenlonsheim: 15
VG Meisenheim: 20
VG Rüdesheim: 45
VG Bad Sobernheim: 29
VG Stromberg: 13
Stadt Kirn: 9
Stadt Bad Kreuznach: 44

Die Anzahl der Stellplätze in der Stadt Bad Kreuznach hat sich in den vergangenen Jahren deutlich reduziert. Prinzipiell müssten in der Stadt weitaus mehr Containerstellplätze verfügbar gemacht werden, um den Bedarf zu decken. Auch durch die Reduzierung der Stellplätze in der Stadt Bad Kreuznach blieben Mittel, die anderenfalls zur Stadt geflossen wären (500,00 Euro pro weiterem Stellplatz) beim AWB”.

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19.07.19 – “Glascontainerstreit: Landrätin schafft Verständigung zwischen Stadt und Kreis”
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