Gewobau: Prüfer kritisieren Defizite bei der Korruptionsprävention

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Die Auftragssummen waren oft beträchtlich. Sechs- oder sogar siebenstellig. Wie bei einem Neubauprojekt in Planig. Da lag nach Feststellung des Landesrechnungshofes (LRH) das Erstangebot es späteren Auftragnehmers “mit 1,4 Mio Euro etwa 200.000 Euro über dem günstigsten Anbieter”. Durch Nachverhandlung reduzierte sich die Auftragssumme um 277.000 Euro auf 1,13 Mio Euro. Der LRH dazu:

Keine Regelungen für Nachverhandlungen

“Inwieweit mit dem günstigsten oder weiteren Anbietern der Submission Nachverhandlungen geführt wurden, war weder dokumentiert noch eine Auskunft seitens der GEWOBAU zu erhalten (der technische Abteilungsleiter wurde wiederholt um Vorlage von entsprechenden Dokumentationen gebeten)”. Weiterhin stellten die Prüfer fest: “Für das Verfahren bei Nachverhandlungen bestanden keine Regelungen”.

“Dies birgt Risiken der Intransparenz”

Die Auftragsvergabe für einzelne Gewerke im Bereich von Neubaumaßnahmen sei in der Regel durch beschränkte Ausschreibung “ohne VOB-Bindung (insbesondere Baumaßnahmen ohne öffentliche Zuwendungen), teilweise auf Grundlage von Nachverhandlungen” erfolgt. Preisänderungen seien “allenfalls den geänderten Preisspiegeln zu entnehmen. Die Dokumentationen waren lückenhaft”. LRH-Fazit: “dies birgt Risiken der Intransparenz”.

Gewobau: Verhandlungen fanden statt

Den Vorwurf fehlender Dokumentation bestreitet die Gewobau. Es sei mit allen drei Firmen Verhandlungen geführt worden. Die Verhandlungen hätten am 21. April, 23. April und 30. April 2015 stattgefunden. Die Gespräche seien über Inhaltsübersichten dokumentiert und als Anlage der Stellungnahme beigefügt. Konter des LRH: “Die angekündigte Anlage wurde bislang nicht vorgelegt” (Anmerkung der Redaktion: Stand November 2017, der aktuelle Stand wurde bis heute nicht mitgeteilt).

LRH: zeitliche Inhaltsübersicht nicht ausreichend

Weiter führt der Rechnungshof aus: “eine (zeitliche) Inhaltsübersicht ist nicht ausreichend, da insbesondere die Gesprächsinhalte der Nachverhandlungen – vergleichbar einem verbindlichen Protokoll oder Aktenvermerk – ex post nicht mehr transparent nachvollzogen werden können”. Beim Bauvorhaben in Planig erfolgte für das Gewerk “Fenster” eine zweite Submission (1. Submission 24. September, 2. Submission 12. Oktober 2015).

Zuschlag für ursprünglich drittgünstigsten Bieter

Der LRH fand heraus, dass ein Unternehmen beauftragt wurde, welches bei der ersten Submission lediglich drittgünstigster Bieter gewesen war (Auftragssumme: 246.539 Euro). Das ursprüngliche Angebot habe 289.386 Euro betragen. “Gründe für das Erfordernis einer zweiten Submission oder etwaiger Nachverhandlungen waren nicht dokumentiert” rügen die Prüfer.

Gewobau: wichtige Rolle des Ausführungsbeginnes

Die Gewobau erklärt dies so: Für das Gewerk “Fenster” seien am 2. Oktober 2015 Gespräche mit allen Firmen geführt worden. Neben der Angebotssumme hätte bei diesem Vorhaben der mögliche Ausführungsbeginn eine wichtige Rolle gespielt. Die beauftragte Firma habe nach dem Gespräch die Angebotssumme angepaßt. Damit habe sie beide Kriterien erfüllt und sei mit der Ausführung beauftragt worden.

LRH: “Verhandlungsvermerke nicht aktenkundig”

Dem Landesrechnungshof gefällt diese Arbeitsweise nicht. Die Prüfer halten fest: “In den Geschäfts- und Vergabeunterlagen der GEWOBAU waren beispielsweise (abgezeichnete) Verhandlungsvermerke nicht aktenkundig. Die angekündigte Anlage war der Stellungnahme ebenfalls nicht beigefügt”. Und erinnern daran: “Die Gewobau ist verpflichtet, ihre Geschäfte nach kaufmännischen und wirtschaftlichen Grundsätzen zu führen (Vgl. zum Beispiel § 14 Abs. 2 Gesellschaftsvertrag)”.

Risiken deutlich mindern

In Zusammenhang mit diesen Grundprinzipien komme im Hinblick auf die organisatorischen Abläufe der Korruptionsprävention besondere Bedeutung zu. “Hierzu gehören auch die Dokumentations- und Nachweispflichten für zahlungsbegründende Unterlagen. Die Bauwirtschaft gilt allgemein als korruptionsanfällig ( Vgl. unter anderem BGH, Urteil vom 29. Juni 2006 – 5 StR 483/05). Es ist erforderlich, die bestehenden Risiken deutlich zu mindern”.

Geschäftsführung sagt Vorgaben zu

Knallhart die Forderung an die Gewobau: “Das Verfahren der Auftragsvergabe und Nachverhandlungen bei Neubaumaßnahmen ist zu regeln. Transparenz und Dokumentationen sind verpflichtend sicherzustellen”. Deren Geschäftsführung zeigte sich in diesem Punkt einsichtig. Gemeinsam mit dem externen Vergabeexperten würden Vorgaben erarbeitet. Diese würden selbstverständlich auch verbindlich festgelegt, schriftlich fixierte Handlungsabläufe sowie eine standartiesierte, nachvollziehbare Auswertungsdokumentaion beinhalten.

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