Bei der Gewobau fehlten teilweise Wirtschaftlichkeitsberechnungen

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Die Kritik des Landesrechnungshofes an der Arbeit der Gewobau zielt vor allem auf eine wirtschaftliche Arbeitsweise ab. Daher untersuchten die Prüfer stichprobenmäßig die “Wirtschaftlichkeitsanalysen von Neu- und größeren Baumaßnahmen sowie energetische Sanierungen”. Was der LRH fand, machte ihn nicht glücklich: “Nicht für alle wesentlichen Maßnahmen lagen sachgerechte Wirtschaftlichkeitsberechnungen vor”.

Widerspruch der Gewobau

Als Beispiel führen die Prüfer den Ausbau von 22 Dachwohnungen im Bereich Korellengarten (Baubeginn: 2016, Gesamtkosten: 1,3 Millionen Euro an. Diesbezüglich widerspricht die Geschäftsführung der Gewobau. Anders als der Rechnungshof annehme, habe eine Wirtschaftlichkeitsberechnung für den Ausbau der Dachgeschosse im Korellengarten vorgelegen.

“Unterlagen entsprachen nicht Anforderungen”

Diesen Widerspruch akzeptiert der LRH nicht. Unmißverständlich stellt er fest: die “vorgelegten Unterlagen entsprachen nicht den Anforderungen einer sachgerechten Wirtschaftlichkeitsberechnung, um die Wirtschaftlichkeit der Maßnahme nachzuweisen und als ausreichende Grundlage für eine Investitionsentscheidung zu dienen”.

100 Jahre notiert, obwohl …

Der Rechnungshof stellt weiter fest, die von der kaufmännischen Abteilung angewandten Berechnungen dienten lediglich der Ermittlung von Kostenmieten auf Basis rechtlicher Vorgaben. Für den Ausbau der Dachgeschosse Korellengarten sei beispielsweise ein Abschreibungszeitraum von 100 Jahren festgehalten worden.

… maximal 60 Jahre festgelegt sind

Obwohl laut den Angaben im Anhang der Jahresabschlüsse wurden für Gebäude der GEWOBAU ein Abschreibungszeitraum von maximal 60 Jahren festgelegt ist. Weiterhin seien die Verwaltungskosten entsprechend der Verwaltungskostenpauschale (§§ 26, 28 II. Berchnungsverordnung) angesetzt worden. Für eine Investitions- und Wirtschaftlichkeitsentscheidung müssten aber unternehmensspezifisch ermittelte Daten (z. B. Abschreibungsdauer von maximal 60 Jahren, Instanthaltungs- und Verwaltungskosten) maßgeblich sein.

Vergleichsgruppen nicht zutreffend

Darüber hinaus lagen gemäß Feststellungen des LRH bei 15 durchgeführten energetischen Sanierungen lediglich drei Referenzberechnungen zugrunde (Zeitraum: 2011 bis 2015). “Die Annahme von drei Vergleichsgruppen war nicht zutreffend, da sich trotz baugleicher Haustypen die tatsächlichen Maßnahmen unterschiedlich entwickelten und auch nachträgliche objektbezogene Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen unterblieben”.

Vergleichsgruppenbildung beanstandet

Beanstandet wurde das Bilden von Vergleichsgruppen trotz fehlender Referenzeigenschaften. Zweck der Übung laut Landesrechnungshof: “Kommunale Wohnungsbaugesellschaften sind nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu verwalten”. Daher bedürften alle wesentlichen Investitionen und sonstige Maßnbahmen, die das Geschäftsergebnis der Gesellschaft beeinflussen, einer vorherigen Wirtschaftlichkeitsanalyse und objektbezogenen Einzelfallbetrachtung. “Dies gilt es zukünftig sichzustellen”.

Berechnungen bedurften Überprüfung

Nicht nur bei Sanierungen, auch bei Neubaumaßnahmen war der LRH mit der Arbeitsweise der Gewobau nicht einverstanden. “Bei Neubaumaßnahmen wurde der kumulierte Cashflow dem eingesetzten Eigenkapital gegenübergestellt. Der Kapitalrückfluss innerhalb einer vorab festgelegten Zeitspanne war Entscheidungsmaßstab”. Diese Berechnungen bedurften laut Rechnungshof einer Überprüfung. Und die fiel unerfreulich aus.

Sämtliche Verwaltungskosten fehlten

Die Prüfer stellten fest, dass bei der “Kindertagesstätte Dürerstraße” sämtliche Verwaltungskosten fehlten. Abschreibungen auf Gebäude wurden mit 80 Jahren angesetzt. Kommentar des LRH: “Das Außerachtlassen von Verwaltungskosten ist unrealistisch. Buchhalterisch wird die Kindertagesstätte tatsächlich über 50 Jahre abgeschrieben”.

“Wertansatz zu niedrig gewählt”

Weiterhin stellte der Rechnungshof fest, dass “Instandhaltungsaufwendungen mit jährlich 2,50 €/m² bis 2,99 €/m² eingerechnet (Berechnungszeitraum: 1. bis 10. Jahr) wurden”. Bewertung des LRH: “Der Wertansatz ist zu niedrig gewählt, da die tatsächlichen Instandhaltungskosten nach eigenen Angaben bereits 2015 jährlich 21,12 €/m² betrugen (Vgl. Wohnungswirtschaftliche Kennzahlen der GEWOBAU).”

Miete 25 Jahre fest

Auch einen Widerspruch hat der Rechnungshof aufgedeckt: “ab dem ersten Jahr wurden in allen Berechnungen jährliche Mietsteigerungen von jeweils 1 % angenommen. Insbesondere vertragliche Regelungen stehen dem regelmäßig entgegen”. So lasse beispielsweise ein Mietvertrag in § 5 aufgrund einer Preisindexklausel nur eine sprunghafte Mieterhöhung zu. Und die Miete der “Kindertagesstätte Dürerstraße” sei für 25 Jahre festgeschrieben, eine jährliche Mietsteigerungen ausgeschlossen.

Geschäftsführung nicht einverstanden

Auftrag der Prüfer an die Gewobau: “Unter Berücksichtigung der Hinweise sind die Berechnungen zu überprüfen”. Damit war die Geschäftsführung nicht einverstanden. Der Instandhaltungsaufwand von 21,12 €/m² beziehe sich auf den Gesamtbestand und sei nicht bei der Baumaßnahme in Ansatz zu bringen. Die Aufwendungen würden sich zwischen den zum Teil über 50 Jahre alten Bestandsbauten und den Neubauten nicht einheitlich verteilen.

“Objekt weiterhin sehr rentierlich”

Die Gewobau führt weiter aus: In den ersten Jahren seien die Instandhaltungskosten bei Neubauten sehr viel geringer, zumal in den meisten Fällen die Gewährleistung der Firmen gälte. So ergäben sich für den Kindergarten Dürerstraße 3,12 €/m² (Jahr 2015). Auch unter Berücksichtigung der korrigierten Abschreibungsdauer von 50 Jahren sei das Objekt weiterhin sehr rentierlich.

Verbindliche Aussage nicht zu treffen

Für das andere Objekt sei eine Mietanpassung an den Verbraucherpreisindex vertraglich gekoppelt (4%). Diese Steigerung fände ca. alle zwei bis fünf Jahre statt. Eine exakte und verbindliche Aussage für die nächsten Jahre könne nicht getroffen werden. Deshalb sie die indexbasierte Anpassung auf die einzelnen Jahre verteilt und eine Steigerung von 1 % dargestellt worden.

Details nicht sicher anzugeben

Zudem sei es in vielen Fällen (z. B. Kindertagesstätte) bei den ersten wirtschaftlichen Berechnungen nicht möglich, Details zu den Mietsteigerungen sicher anzugeben, da die Mietverträge zu dieser Zeit der Planung noch nicht endgültig verfasst und abgeschlossen seien. Der Rechnungshof ist damit nicht einverstanden:

Durchschnitt ohne Wert

“Da seitens der GEWOBAU die Anwendbarkeit des selbst ermittelten Instandhaltungsaufwandes von 21,12 €/m² als Durchschnittswert nicht anerkannt wird, stellt sich die Frage, aus welchen Gründen das Unternehmen diesen Wert dennoch kontinuierlich fortschreibt und im Jahresabschluss veröffentlicht”.

“Abweichung um etwa 25 %”

Und weiter: “Darüber hinaus vermag auch der beispielhaft genannte Jahreswert 2015 für die Kindertagesstätte Dürerstraße (3,12 €/m²) einen methodischen Anpassungsbedarf nicht zu entkräften. Der nunmehr angegebene Wert weicht um 0,62 €/m² von der zugrunde gelegten Berechnung (2,50 €/m²) ab. Dies entspricht einer Abweichung um etwa 25 %”. Und wieder kommt der Rechnungshof auf sein Kernanliegen zurück.

“Risiko der Unwirtschaftlichkeit”

“Mietverträge müssen sich grundsätzlich an den Wirtschaftlichkeitsberechnungen des Unternehmens orientieren. Ansonsten besteht bei Abweichungen das Risiko der Unwirtschaftlichkeit. Soweit dies im Ausnahmefall aufgrund noch unkonkreter Planungen nicht möglich ist, sollten allenfalls Vorverträge geschlossen oder kurzfristig wirkende Mietanpassungsklauseln vereinbart werden”.

“Weder angemessen noch zielführend”

Ein Zeitraum von 25 Jahren sei in derartigen Fällen “weder angemessen noch zielführend”. Und dann eine weitere Handlungsanweisung, die nicht wörtlich als Prüfungsfeststellung nummeriert ist: “die Hinweise sind bei zukünftigen Wirtschaftlichkeitsanalysen für Neubaumaßnahmen zu beachten”.

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