Aufgespiesst: es gibt sie noch, die Bundeswehr!

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Kampfhubschrauber: nicht einsatzfähig. Panzer: in die Türkei verkauft. U-Boote: nur im Überwasserbetrieb. Kampfausrüstung: muß aus Privatbeständen vervollständigt werden. Gewehr: schießt nicht immer so, wie es soll. Im Ergebnis hat die Bundeswehr das Motto der Friedensbewegung “Schwerter zu Pflugscharen” längst umgesetzt.

Keine Angst vor der Bundeswehr

Am 10.10.62 löste der SPIEGEL mit dem Artikel “Bedingt abwehrbereit” eine Staatskrise aus. Heute wird über solch banale Realitäten nur noch müde gelächelt. Im Auswärtigen Amt konnte die Planstelle “Deutschland als friedfertig darstellen” längst gestrichen werden. Weil allein die Berichterstattung über die Mißstände beim deutschen Militär jede Angst vor aufkommendem Militarismus nachhaltig im Keim erstickt.

Zweifel an Bw-Existenz

Vor 30 Jahren donnerten die Phantoms des Jagdbombergeschwaders 35 in Pferdesfeld regelmässig durchs Nahetal und machten so lautstark klar, dass es sie noch gibt, die Bundeswehr. Ohne diesen akustischen Beleg militärischer Präsenz zweifeln heute schon viele an deren Existenz. Da kommt die gestrige Presseerklärung der Stadtverwaltung gerade recht. Darin wird nämlich behauptet, dass die Bundeswehr am 3. Juni eine Geländeübung durchführt.

30 Soldaten und 7 Radfahrzeuge

Eine sogenannte “Führerweiterbildung Erkundung und Geländeorientierung der Artillerieschule“. Einsatzgebiet ist der Raum Bad Kreuznach, Gensingen, Wörrstadt, Osthofen, Monsheim und Kirchheimbolanden (siehe Karte unten). Fast schon ein bißchen prahlerisch klingt die Ankündigung über die eingesetzte Truppenstärke und -technik: “die Bundeswehr ist mit 30 Soldaten und sieben Radfahrzeugen vor Ort”.

Erinnerung aus Ben Gama

Wir haben natürlich sofort redaktionsintern und in der Nachbarschaft nachgefragt: wann hat wer 7 funktionsfähige deutsche Militärfahrzeuge zum letzten Mal gesehen? Ein älterer Mitbürger mit Familienwurzeln in Libyen meint, sein in Ben Gama geborener Vater habe als Jugendlicher in dessen Heimatort vor einigen Jahrzehnten einen kultivierten Herrn aus Schwaben kennengernt, der einen größeren Trupp Kettenfahrzeuge durch die Wüste geführt habe.

Füttern erlaubt?

78 Jahre später stellt die Stadtverwaltung fest, dass von der Übung bei Bad Kreuznach “Grundeigentümer, Jagdgenossenschaften, -pächter und -aufseher betroffen sein können”. Leider gibt die Verwaltung in ihrem Warnhinweis nicht an, wie sich beim Anblick von Soldaten in Übung zu verhalten ist. So bleibt offen, ob diese etwa gefüttert oder aufgenommen werden dürfen.

Bayerische Bekanntmachung

Soweit das Übungsgelände die früher bayerische Pfalz berührt, steht immerhin fest, wie sich Polizeibeamte beim Anblick von Bundeswehrsoldaten zu verhalten haben. Das bayerische Staatsministeriums des Innern hat in seiner Bekanntmachung vom 16. September 1957, Az. IC1-2531/34-30, zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 5. Oktober 1966 (MABl. S. 533) dazu klare Regeln vorgegeben. Wir zitieren wörtlich:

Allgemeines

1. Der Grundsatz, dass alle Behörden und sonstigen staatlichen Einrichtungen sich um eine verständnisvolle Zusammenarbeit zu bemühen und im Rahmen ihrer sachlichen Zuständigkeit so weit wie möglich gegenseitig zu unterstützen haben, gilt auch für das Verhältnis zwischen Bundeswehr und Polizei.
2. Die Soldaten unterliegen wie alle anderen Staatsbürger den allgemeinen Gesetzen und unterstehen in Strafsachen grundsätzlich der allgemeinen Gerichtsbarkeit. Sie haben daher wie alle anderen Staatsbürger die Gesetze zu achten und den Anordnungen der Polizeibeamten Folge zu leisten, die diese in Ausübung ihres Dienstes erteilen.
3. Soldaten im Dienst haben dem Polizeibeamten auf Anforderung Hilfe und Unterstützung zu leisten, soweit nicht dringende dienstliche Gründe entgegenstehen.
4. Die Polizei schreitet gegen Soldaten in einer ruhigen, möglichst unauffälligen Form ein, die dem Ansehen von Bundeswehr und Polizei in der Öffentlichkeit angemessen ist.

II. Einschreiten der Polizei gegen Soldaten im Dienst

Befinden sich Soldaten im Dienst, so wendet sich die Polizei tunlichst an einen militärischen Vorgesetzten, sofern ein solcher zur Stelle oder schnell erreichbar ist. Einzelne Soldaten sind als im Dienst befindlich nur dann anzusehen, wenn es die Umstände (z.B. Postenstehen) eindeutig erkennen lassen oder wenn sie einen Ausweis darüber vorzeigen können. Befindet sich ein Soldat im Dienst, so soll ihn die Polizei nur aus besonders dringlichen Gründen selbst festnehmen, z.B. wenn er bei einem Verbrechen oder Vergehen auf frischer Tat betroffen wird”.

Das wäre dann ja geklärt.