Stellplätze verbieten um Leerstand zu bekämpfen

Nicht nur in der historischen Neustadt, aber vor allem dort, stehen Ladengeschäfte leer. Einige. Nicht erst seit gestern. Das Problem besteht seit Jahrzehnten. Als ein Haupthindernis für die Ansiedlung neuer Unternehmen in alter Bausubstanz hat die Verwaltung die Stellplatzfrage erkannt. Bei einer Umnutzung wird neu ausgerechnet, wieviele Parkplätze der Investor nachweisen muß. Das Ergebnis wirkt oft abschreckend.

187.000 für die Stadtkasse

Benedikt Blanz stellte gestern in einem Pressegespräch einen konkreten Fall – natürlich anonymisiert – vor. Im Beispiel des Leiters der Bauaufsicht erfordern 232 Quadratmeter Ladenfläche 7 Stellplätze. Würde ein Restaurant einziehen wären es 22 mehr. Nämlich 29. Die gibt es vor Ort nicht. Also müßte abgelöst werden. Das wären dann 22 x 8.500 Euro auf den Tisch des Hauses. Leckere 187.000 für die Stadtkasse.

Parkplatzbau-Verbot

Die Anfrage hat sich damit erledigt. Ergebnis: fortgesetzter Leerstand. Dadurch keine Gewerbesteuereinnahmen. Keine Anteile an der Einkommensteuer (des Vermieters, des Unternehmers und seiner Mitarbeitenden) pp. Diese Agonie möchte die Bauverwaltung mit einer neuen Satzung durchbrechen: “zur Beschränkung / Untersagung der Herstellung von Kraftfahrzeugstellplätzen”.

Abweichung gemäß LBO

Wird dadurch der Bau von Parkplätzen auf bestimmten Grundstücken verboten, müßte eigentlich abgelöst werden. Aber durch das Verbot entsteht eine untypische Situation gemäß Landesbauordnung (LBO § 69 Abweichungen, siehe unten). Daher darf die Verwaltung in solchen Fällen formaljuristisch korrekt auf die Ablöse verzichten. Die Verantwortlichen hoffen unter diese Voraussetzung künftig auf ein anderes Ergebnis: Investition statt Leerstand.

Natürlich soll das Verfahren nicht überall im Stadtgebiet gelten. Sondern nur in einem konkret abgegrenzten Bereich zwischen Kornmarkt und Hochstrasse. Der umfaßt den Eiermarkt und die Grundstücke längs der Mannheimer Strasse (blaue Markierung). In anderen Städten, so Stadtbauamtschef Klaus Christ, seien entsprechende Satzungen längst geschäftsüblich.

14.000 statt 8.500 Euro?

Dort werden übrgens auch höhere Stellplatzablösungen fällig. Die Kosten dafür könnten in Bad Kreuznach in absehbarer Zeit auch steigen. Die ADD hält den hiesigen Satz von 8.500 Euro für zu niedrig und 14.000 Euro für angemessen. Ausserhalb der blauen Linie des Sondergebietes könnte diese Erhöhung Investitionen im Bestand erheblich einbremsen.

Landesbauordnung § 69 Abweichungen

(1) Die Bauaufsichtsbehörde kann Abweichungen von bauaufsichtlichen Anforderungen nach diesem Gesetz und nach den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften zulassen, wenn sie unter Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderungen und unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sind, soweit in diesem Gesetz oder in den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften nichts anderes bestimmt ist. Soll von einer technischen Anforderung abgewichen werden, ist der Bauaufsichtsbehörde nachzuweisen, dass dem Zweck dieser Anforderung auf andere Weise entsprochen wird.

(2) Soll bei baulichen Anlagen, die keiner Baugenehmigung bedürfen, von bauaufsichtlichen Anforderungen nach Absatz 1, von den Festsetzungen eines Bebauungsplans, einer sonstigen städtebaulichen Satzung oder nach § 34 Abs. 2 Halbsatz 2 BauGB von Bestimmungen der Baunutzungsverordnung über die zulässige Art der baulichen Nutzung abgewichen werden, so ist die Zulassung der Abweichung schriftlich zu beantragen. Die §§ 63 , 65 , 68 , 70 , 71 und 74 gelten entsprechend.