“Chronologie der Denkmalzone Villa Streicher”

Der Verein “denk- mal: Bad Kreuznach e.V. für Denkmalschutz & Umweltschutz” hat nachstehende “Chronologie der Denkmalzone Villa Streicher” aus seiner Sicht vorgelegt.

► 1987:

Aufnahme der Villa Streicher (Stromberger Str. 12) als Denkmalzone in die Denkmaltopographie der Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz Stadt Bad Kreuznach Band 5.1 „Gründerzeitliche Villa auf parkartigem Eckgrundstück zur Winzenheimer Straße, 1887“ Explizit als Denkmalzone ausgewiesen auch im Plan zur Denkmaltopographie.

► 2015:

Verkauf der Villa Streicher inklusive ca. 2.500 m² Grundstück an den Investor

► Oktober 2015:

Einreichen einer Bauvoranfrage an das Bauamt der Stadt; diese wurde wieder zurückgezogen und vorerst keine weitere mehr eingereicht.

► Herbst 2016:

Im Herbst 2016 werden erste Entwurfsunterlagen für eine Bebauung von der Unteren Denkmalschutzbehörde (Kreisverwaltung Bad Kreuznach) der Generaldirektion Kulturelles Erbe (GDKE) zur Beratung vorgelegt. Diese Entwürfe sollten auf Empfehlung der GDKE denkmalschutzverträglich abgeändert werden. Auch im Herbst 2016 nahezu vollständige Abholzung aller Bäume und Büsche bis auf eine ca. 100 Jahre alte Kastanie auf dem Eckgrundstück entlang der Stromberger Straße. Zu diesem Zeitpunkt gab es keinerlei Genehmigung für irgendwelche Arbeiten auf dem Grundstück. Bei der Durchführung solcher Maßnahmen ohne Genehmigung handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit, die entsprechend zu ahnden ist (Zitat: GDKE, Generaldirektor Thomas Metz, 27.11.2017)

► 7. Februar 2017:

Entgegen dem sonst üblichen Verfahren, nach Abstimmung mit der GDKE einen Bescheid zu erstellen (Baugenehmigung erteilen/verwehren), Empfehlung der Unteren Denkmalbehörde an den Investor, zur Klärung der Bebaubarkeit eine Bauvoranfrage zu stellen.

► April 2017:

Gründung der Interessensgemeinschaft (IG) „Stromberger Straße für den Erhalt des historischen Gesamtensembles“ Informationen, dass der Investor plant, das Grundstück zur Gänze zu bebauen.

► 8. April 2017

Bereits am 8.4.2017 Schreiben der IG an: Stadtverwaltung, Untere Denkmalbehörde Bad Kreuznach, GDKE mit folgenden
Fragen:
1. Hat sich der Investor mit den Zuständigen über die Bebaubarkeit informiert; welche Vorabinformationen wurden ihm gegeben?
2. Liegt eine formale Bauvoranfrage vor?
3. Wurden die Untere und Obere Denkmalschutzbehörde informiert und in den Entscheidungsprozess miteinbezogen?
4. Zu welchem Ergebnis sind Sie bei der Abwägung der baurechtlichen und denkmalschutzrechtlichen Bestimmungen gekommen. Und der ganz klaren Feststellung: ein Neubau auf dem exponiertem Dreiecksgrundstück Stromberger Str. 12 wird die denkmalgeschützte Gesamtanlage und darüber hinaus das Gesamtbild der Straße noch weiter zerstören.

► 19. April 2017:

Weitergabe des o.a. Schreiben vom 8.4.2017 an die Vorsitzenden der im Stadtrat vertretenen Parteien und Gruppierungen mit der Bitte um Unterstützung: “Wenn denkmalgeschützte Ensembles durch – austauschbare – Neubauten verschandelt
werden, verliert eine Stadt ihre historische, architektonische Individualität.“

► Frühjahr 2017:

Anfrage der Unteren Denkmalschutzbehörde Bad Kreuznach an die GDKE Mainz, wie diese die Ausweisung der Stromberger Str.12 als Denkmalschutzzone begründet.

► 8. Mai 2017:

Nochmalige Bestätigung der bereits seit 1987 bestehenden Denkmalzone Stromberger Str.12 in der Liste der Kulturdenkmäler Bad Kreuznach.

► Mai 2017:

Bauantrag des Investors für zwei Bauvorhaben vor und hinter der Villa.

► 29. Juni 2017:

Wilfried Maus fragt in der Einwohnerfragestunde der Stadtratsitzung, warum Bauamt und Ordnungsamt das widerrechtliche Abholzen zugelassen haben, obwohl sich die Denkmalfachbehörde in Mainz ganz klar gegen eine Bebauung des Dreiecksgrundstücke ausgesprochen hat. Bauamtsleiter Christ rechtfertigte dies damit, dass es in Bad Kreuznach keine Baumschutzsatzung gäbe. Er wurde von Wilfried Maus darüber aufgeklärt, dass auch die Bäume unter Denkmalschutz
gestanden haben und nicht ohne Genehmigung der Denkmalschutzbehörde hätten gefällt werden dürfen.“

► 5. Juli 2017:

Presseinterview (Öffentlicher Anzeiger). Der Investor Rainer Schmitt erklärt, er wolle „lediglich zwei kleine Villen im gleichen Look dazu bauen“. Und weiter: „Die Bäume, die gefällt wurden, waren hohl, kaputt und standgefährdet.“ Diese beiden Aussagen sind falsch und wurden widerlegt durch das Gutachten (20.02.2018) der Oberen Denkmalschutzbehörde Trier (ADD), die zu folgender Bewertung kommt: „Die geplante Bebauung wird auf dem Grundstück Stromberger Str.12 eine erdrückende Wirkung entfalten und widerspricht folglich § 4 Abs.1, S.4 Denkmalschutzgesetz ( DSchG). ( …) „Die vorbereitenden weitreichenden Rodungsarbeiten waren folglich rechtswidrig. (…)“ Luftaufnahmen aus der Zeit vor den Rodungsarbeiten “zeigen deutlich eine geschlossene Bepflanzung mit grünen Bäumen.“

► 23. August 2017:

Schriftliche Bestätigung von der GDKE, es bestehen „ …keinerlei Zweifel, dass es sich bei der Villa Stromberger Str.12 und umgebender Parkfläche in Bad Kreuznach um ein als bauliche Gesamtanlage geschütztes Kulturdenkmal handelt …“ Diese fachliche eindeutige Stellungnahme der Denkmalfachbehörde wurde der OB Frau Dr. Kaster-Meurer am 25 .08.2017 vom Vorsitzenden schriftlich mitgeteilt.

► 30. Oktober 2017:

Die GDKE Mainz teilt der Unteren Denkmalschutzbehörde mit, dass sie zu den aktuellen Planungen (Bau von 2 Häusern) auf dem Grundstück kein Benehmen herstellt. Der Minister, Prof. Dr. Konrad Wolf, empfiehlt daraufhin der GDKE, die Entscheidung über eine Baugenehmigung der ADD vorzulegen. Anmerkung: Benehmen herstellen bedeutet, die Untere Denkmalschutzbehörde kann von den Empfehlungen der GDKE aus sachlichen Gründen abweichen; das Einvernehmen der
GDKE ist nicht zwingend für eine Baugenehmigung. Allerdings hat die GDKE dann das Recht, die Angelegenheit der ADD zur Entscheidung vorzulegen (Dissens-Verfahren).

► 17. November 2017:

Die IG gründet den Verein „denk-mal: Bad Kreuznach e.V. für Denkmalschutz & Umweltschutz “

► 5. Dezember 2017:

Das Ministerium als Oberste Denkmalschutzbehörde teilt dem Verein mit, dass sie die GDKE gebeten hat, ein
Dissensverfahren einzuleiten und dass für die Abholzung der Bäume keine denkmalrechtliche Genehmigung vorlag. Die Untere Denkmalschutzbehörde wird aufgefordert zu prüfen, ob die Abholzung nach § 33 DSchG ordnungswidrig war.

► 6. Dezember 2017:

Vollständige Abholzung aller Büsche und Gehölze entlang der Stromberger Straße 12 durch den Investor mit Zustimmung der Stadtverwaltung und der Unteren Denkmalschutzbehörde. Begründung: der Gehweg müsse freigehalten werden. Diese Begründung wurde in der Stellungnahme der ADD widerlegt: „Entgegen den Erklärungen der Mitarbeiter der Kreisverwaltung im Ortstermin wurden keineswegs nur kranke Bäume und überhängende Sträucher beseitigt.“ Bilder belegen „dass der Rückschnitt der Sträucher keineswegs nur zur Freihaltung des Gehweges erforderlich war. Die Sträucher wurden weit mehr zurückgeschnitten, als dies der Schutz der Fußgänger erforderte.“ Diese Aktion wurde von dem Vorsitzenden des Denkmalvereins Wilfried Maus unverzüglich der Unteren Denkmalschutzbehörde mitgeteilt. Diese erklärte, man habe dem Investor die Erlaubnis gegeben. Spätestens seit dem 25.08.2017 (s.o.) war der OB und dem Bauamt bekannt, dass es sich bei der Stromberger Str. 12 um eine Denkmalzone handelt. Da über das Maß einer eventuell notwendigen Verkehrssicherungspflicht hinaus abgeholzt wurde, liegt auch hier ein weiterer rechtswidriger Eingriff in eine Denkmalzone vor.

► 20. Februar 2018:

Entscheidung der ADD im Rahmen des Dissensverfahren: „Die ADD schließt sich der fachlichen Auffassung der Denkmalfachbehörde vollumfänglich an.“ Im einzelnen heißt es darin: „Die für die Gesamtanlage (Villa mit dazugehörigem Gartengrundstück) wichtige Ecksituation Stromberger Str. / Winzenheimer Str. muss von Bebauung freigehalten werden. Der fragliche Bereich als Freifläche spielt sowohl aus Sicht des Denkmalschutzes als auch aus städtebaulicher Sicht eine wichtige Rolle“. (…) „Die vorbereitenden weitreichenden Rodungsarbeiten waren folglich rechtswidrig.“ Die ADD empfiehlt, eine zurückhaltende Bebauung auf dem hinteren Bereich des Grundstücks (zur Winzenheimer Str. hin). Darüber hinaus folgt die ADD der Forderung der GDKE, dass auf der Grundlage eines gartenhistorischen Gutachtens die Wiederherstellung des historischen Gartenzustandes insbesondere entlang der Stromberger- und Winzenheimer Str. und im spitz zulaufenden südwestlichen Grundstücksteil zu erfolgen hat.

►13. Januar 2019:

Anfrage an den Landesbeauftragten für den Datenschutz und Informationsfreiheit Prof. Dr. Dieter Kugelmann: Kann die Landrätin Frau Dickes die Auskunft an den Verein bzw. Mandatsträger darüber verweigern, ob und wenn ja in welcher Höhe wegen der illegalen Baumfällungen Bußgeldverfahren eingeleitet wurden.

► 24. Januar 2019:

Der Landesbeauftragte teilt mit, dass der Investor, die RS Bau- und Grundstücks GmbH, eine juristische Person des Privatrechts sei, für welche die Bestimmungen der Datenschutzgrundverordnung nicht gelten. Es trifft also keinesfalls zu, dass die Landrätin Frau Dickes dem Verein die Auskunft bez. der Bußgeldverfahren mit Verweis auf den Datenschutz verweigern darf. Auch die ADD hat hier eine falsche Auskunft gegeben (Antwort auf Nachfrage des Vereins vom 04.12.2018). Der Landesbeauftragte wird bei der Kreisverwaltung auf den Erlass eines rechtsmittelfähigen Bescheids hinwirken.

► 14. Februar 2019:

Bei der von der OB einberufenen Pressekonferenz nach positiv entschiedener Bauvoranfrage wird von Bauamtsleiter Herrn Christ mitgeteilt, die Stromberger Str.12 sei keine Denkmalzone. Der Verein habe dies ins Spiel gebracht. Nur die Villa stünde als Einzeldenkmal unter Denkmalschutz. Folglich seien auch die vier – gut 100 Jahre – alten Bäume hinter der Villa nicht schutzwürdig. Herr Christ begründet seine Behauptung damit, dass der Gartenplan von 1851 nie realisiert worden sei, auch nicht 26 Jahre später beim Bau der Villa. Somit gäbe es auch keinen zur Villa zugehörigen Park. Und damit auch keine Denkmalzone. Diesen Aussagen pflichtet die OB bei und beruft sich auf die Zustimmung der GDKE. Der Investor Rainer Schmitt sagt, er habe auf dem Gelände nie widerrechtlich Bäume gefällt oder gerodet. Er würde jetzt sogar, obwohl er es gar nicht müsste, den Garten im spitz zulaufenden vorderen Bereich gestalten und Ersatzpflanzungen vornehmen. Herr Christ führt weiter aus, er könne sich ein Gebäude wie im hinteren Teil „…in dieser Qualität auf der Grundstücksspitze ein weiteres Gebäude vorstellen.“ (Quelle: AZ Bad Kreuznach, Öffentlicher Anzeiger, tourismusbeitrag-so-nicht.de)

► 27. Februar 2019:

Presseerklärung des Vereins (auszugsweise):
1. Die Behauptungen von OBin und Herrn Christ, es existiere keine Denkmalzone mehr, werden widerlegt durch das Ministerium als Oberste Denkmalschutzbehörde Mainz, durch die Obere Denkmalschutzbehörde Trier und auch durch die Denkmalfachbehörde (GDKE) in Mainz.
2. Folglich sind die vom Investor vorgenommenen Kahlschlag-Rodungen widerrechtlich.
3. Das Gutachten der Oberen Denkmalschutzbehörde Trier (ADD) vom 20.02.2018 weist schlüssig nach: Villa und Park bilden eine Einheit. Dieser Park war typisch und einer Villa aus der Gründerzeit im 19.Jahrhundert angemessen. Herr Rainer Hub von der ADD forderte in seiner Bewertung daher folgerichtig: diese Gartenanlage ist wieder herzustellen auf Grundlage eines gartenhistorischen Gutachtens, das der Investor zu erstellen hat. Zum einen ist es also nicht so, dass der Investor dieses Gutachten freiwillig in Auftrag gegeben hat, sondern es war ihm auferlegt worden wegen der widerrechtlichen Rodung. Zum anderen ging es nicht darum, ob ein Garten wiederherzustellen sei, sondern nur darum in welcher Form. Der Gartenplan von1851, der vom Investor immer wieder als Argument angeführt wird, spielt bei der Einstufung als Denkmalzone keine Rolle. Der Verein fordert von den Denkmalschutzbehörden in Trier und Bad Kreuznach sowie von der GDKE in Mainz die verbindliche Auflage zu angemessenen und gesetzeskonformen Ausgleichsmaßnahmen (Wiederherstellung des historischen Villengartens).

► 9. April 2019

Antwortschreiben vom Ministerium auf Nachfrage vom Verein an der Bewertung der Denkmaleigenschaft der Villa Streicher als bauliche Gesamtanlage einschließlich des historischen Gartens habe sich nichts geändert. „Insoweit sind die Aussagen des Investors im Artikel des Öffentlichen Anzeigers vom 16.02.2019 (…) nicht nachvollziehbar, die Denkmalbehörden hätten Entscheidungen auf falscher Grundlage getroffen und die sachlichen Fehler der Denkmalbehörden seien jetzt richtiggestellt. Insbesondere ist die Behauptung unzutreffend, die vier nunmehr gefällten Bäume seien nicht denkmalgeschützt gewesen. Die Zustimmung zur Abholzung dieser Bäume erfolgt nicht deshalb. weil diese nicht als Teil des denkmalgeschützten Parks unter Denkmalschutz gestanden hätten. Die Zustimmung war vielmehr Ergebnis der Abwägung der Denkmalschutzinteressen mit den berechtigten wirtschaftlichen Interessen des Investors nach § 13 Abs.Nr.2 DSchG. Im Ergebnis wurden die Interessen des Investors höher gewichtet, um auf dem Grundstück eine denkmalverträglichere Bebauung zu ermöglichen als dies ursprünglich geplant war.“ Eine klare Aussage, zur Verhinderung einer zukünftigen Bebauung auf dem Dreiecksgrundstücks wird nicht gemacht. Statt dessen wird um Verständnis dafür gebeten, dass Entscheidungen bezüglich Bebaubarkeit immer ein Ergebnis einer fachlichen Beurteilung und einer Interessenabwägung sind.

► 15. April 2019:

Presserklärung des Vereins zu den Aussagendes Ministeriums: Wenn trotz der klaren Rechtslage (Denkmalzone) vom Ministerium keine klare Aussage zur Verhinderung einer weiteren Bebauung im vorderen Grundstücksteil gemacht wird, lässt dies die Vermutung aufkommen, dass weitere Kompromisse zugunsten des Investors gemacht werden. Damit werden Denkmalzonen faktisch aufgelöst. Der Verein setzt sich nicht nur für die Villa Streicher ein, sondern dafür, dass deklarierte Denkmalzonen erhalten bleiben und nicht bei formal erhaltenem Etikett „Denkmalzone“ faktisch zerstört werden.

Fazit:

Mit Wissen und Billigung der OB und der Unteren Denkmalschutzbehörde wurde die von den vorgesetzten Denkmalschutzbehörden und der Denkmalfachbehörde nie in Frage gestellte Denkmalzone Stromberger Straße 12 systematisch demontiert und den Interessen eines Investors geopfert. Das bedeutete auch die unwiederbringliche Zerstörung von mehreren ca. 100 Jahre alten stattlichen gesunden Bäumen.

Der Verein fordert:

Für die widerrechtliche Abholzung ein dem Schaden entsprechendes Bußgeld (§33 DSchG). Das Verbot einer Bebauung auf dem südwestlichen Dreiecksgrundstück als Ausgleich für das Zugeständnis einer Baugenehmigung im nordöstlichen Teil der Denkmalzone. Die Herstellung eines Villengartens nach gartenhistorischen Kriterien.

Text: Wilfried Maus, 1. Vorsitzender denk- mal: Bad Kreuznach e.V. für Denkmalschutz & Umweltschutz