GEGENDARSTELLUNG

Wer Wilhelm Zimmerlin persönlich erlebt hat weiß: er ist ein bedächtig handelnder Mensch. Eher ruhig. Zu emotionalen Ausbrüchen neigt er nicht. Der Geschäftsführer der Gewobau, Karl-Heinz Seeger, hat es geschafft Dynamik in dem BüFEP-Stadtrat zu wecken. Daher hat Zimmerlin gestern eine Gegendarstellung abgegeben. Ihn ärgert, dass Seeger “hemmungslos Fakten verdreht, um seinen Posten zu verteidigen”.

Umfassender AZ-Bericht

Anlaß für Wilhelm Zimmerlin sind Aussagen Seegers, die gestern unter der Überschrift “Geschwärzt, geweißt und dazu ordentlich gezetert” von der Allgemeinen Zeitung veröffentlicht wurden. Die AZ zitiert den Geschäftsführer der Gewobau in einem umfassenden Bericht mit der Aussage Zimmerlin habe “sensible Daten trotz erkennbarer datenschutzrechtlicher Inhalte öffentlich gemacht”. Dem Wunsch der AZ endlich offiziell Einsicht in den ungeschwärzten Bericht nehmen zu dürfen, schließt sich Zimmerlin “zu 100%” an.

Keine sensiblen Mitarbeiterdaten

Käme die Gewobau dem nach könnte jeder sehen, dass in dem Bericht tatsächlich keine Geschäftsgeheimnisse stehen und so gut wie keine “sensiblen Mitarbeiterdaten”. Zusammen nicht einmal eine der 154 Seiten betreffe Fehler und Prüfungsfeststellungen, die nicht an den Geschäftführer gerichtet sind. “Die wenigen Sätze, die normale Mitarbeiter betreffen, würde kein Mensch öffentlich zitieren, weil diese im Vergleich zu den Vorwürfen gegen Seeger vollkommen unbedeutend sind”.

Dreistellige Zahl von Punkten

Als “reine Vertuschung” schätzt Zimmerlin die Behauptung Seegers ein, der Landesrechnungshofes habe 68 Kritikpunkte aufgeführt und davon seinen “96 Prozent abgearbeitet”. Richtig sei, dass der LRH eine zusammen dreistellige Zahl von Punkten angesprochen habe, die teilweise wegen Geringfügigkeit gar keine Erwähnung in den Bericht gefunden hätten. “Und die im Bericht stehen, aber nicht als Prüfungsfeststellung nummeriert sind”.

Dr. Kaster-Meurer verstieß gegen das GmbHG

Als Beispiel führt Zimmerlin die auf Blatt 19 analysierte “Entlastung von Geschäftsführung und Aufsichtsrat” an. Diesbezüglich deckte der LRH auf, dass u.a. die Oberbürgermeisterin Dr. Heike Kaster-Meurer als Vertreterin der Stadt in der Gesellschafterversammlung der Gewobau für ihre eigene Entlastung als Aufsichtsratsvorsitzende der Gewobau stimmte. “Die Abstimmung verstieß gegen § 47 Abs. 4 S. 1 GmbHG” stellt der Rechnungshof dazu trocken fest.

Rechtsbruch keine Prüfungsfeststellung

Weil Dr. Kaster-Meurer zu diesem Punkt kleinlaut zusicherte, dass die Entlastung zukünftig durch Vertreter erfolgen würde, nummerierte der LRH den Rechtsbruch nicht mit einer Prüfungsfeststellung. “Davon gibt es dutzende von Fällen in dem Bericht”. Zimmerlin autorisiert “um Missdeutungen und Falschdarstellungen zu vermeiden ausschließlich die vollständige und wörtliche Wiedergabe” seiner Gegendarstellung.

Wilhelm Zimmerlin im Wortlaut:

„Meine Ansprechpartnerin als Stadtrat ist die Oberbürgermeisterin, niemand sonst, erst recht nicht ein Geschäftsführer einer städtischen Gesellschaft, so will es die Gemeindeordnung“, betont Stadtrat Wilhelm Zimmerlin vom Bündnis für soziale Energiepreise und gerechte Politik e.V. (BüFEP). Der Oberbürgermeisterin steht es natürlich frei, einen Sprecher vorzuschicken.

Das praktiziert sie so in Bezug auf die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft mbH Bad Kreuznach (GEWOBAU); sie lässt den Geschäftsführer ungebremst als ihren Sprecher für sich auftreten. Dessen Verlautbarungen sind ihr deshalb unmittelbar zuzurechnen, seien sie auch noch so abstrus.

So zum Beispiel die dreiste Behauptung, 96 Prozent der Beanstandungen des Landesrechnungshofes (LRH) seien abgearbeitet bzw. hätten sich erledigt. Wenn dem so wäre, könnte die Oberbürgermeisterin dem Stadtrat doch einfach den vollständigen Prüfbericht, die Stellungnahmen der GEWOBAU und die dazu ergangenen Schriftsätze des LRH vorlegen. Warum macht sie das nicht?

Weil die wichtigen Fragen eben nicht erledigt sind. Die kommunalpolitische Aufarbeitung, für die allein der Stadtrat zuständig ist, hat noch nicht einmal begonnen. Schließlich weigert sich die Oberbürgermeisterin nach wie vor vehement, das Thema auf die Tagesordnung zu setzen.

Und dass die 96 Prozent Behauptung ihres Sprechers mit dreist noch zurückhaltend beschrieben und zudem leicht zu widerlegen ist, beweist die Auskunft, die mir der Präsident des Landesrechnungshofes mit Schreiben vom 10. April 2019 gegeben hat; nämlich, „dass das hier in Rede stehende Prüfungsverfahren sehr komplex ist und von daher auch Zeit in Anspruch nimmt”.

“Von daher können wir Ihnen erst dann Informationen erteilen, wenn das Beantwortungsverfahren durchgeführt wurde und ein abschließend festgestelltes Prüfungsergebnis vorliegt.“ Mit anderen Worten: die Geschäftsführung der GEWOBAU ist dem LRH auch nach über zweieinhalb Jahren immer noch Antworten schuldig. Und das, obwohl der OB-Sprecher sich stets bemüht, der Öffentlichkeit das Gegenteil zu verkaufen. 25. April 2019. Wilhelm Zimmerlin”

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