Macht Dr. Heike Kaster-Meurer SPD-Werbung aus dem Stadthaus?

Die Tagesordnung war gestern Abend vergleichsweise kurz. Nur 11 Punkte in öffentlicher Sitzung. Der Stadtrat war relativ schnell. Schon nach 2 Stunden hatten die ehrenamtlichen Kommunalpolitiker*Innen den TOP “Anfragen” kurz vor Sitzungsende erreicht. Kaum hatte die Oberbürgermeisterin ihn aufgerufen, meldete sich Birgit Ensminger-Busse zu Wort. Die CDU-Ratsfrau macht das nicht oft. Wenn sie in der Vergangenheit redete, dann eigentlich immer harmonieorientiert.

Ensminger-Busse fragte

Gestern Abend war das anders. Nicht im Ton und in der Wortwahl. Die war freundlich wie immer. Aber sie sprach zu einem Thema, das ihr wohl kaum einer im Ratsrund und im Zuschauerkreis zugetraut hätte: sie warf Dr. Kaster-Meurer vor, aus dem Stadthaus Werbung für ein SPD-Frauennetzwerk zu machen: “Anscheinend fällt es unserer Oberbürgermeisterin schwer, Privates und Dienstliches voneinander zu trennen”.

Textblatt als Beweis

Zum Beleg präsentierte Ensminger-Busse ein Textblatt, das das Logo der Stadtverwaltung trägt, mit “Stadtverwaltung Bad Kreuznach Dezernat 1 Dr. Heike Kaster-Meurer Oberbürgermeisterin Hochstr. 48 55545 Bad Kreuznach” und den Telekommunikationsdaten und der persönlichen Emailadresse der Verwaltungschefin überschrieben ist. Dies entspricht der Gestaltung der amtlichen Emailbriefköpfe der Stadtverwaltung.

“After work Glamour”

Im Text präsentiert sich dann FRAUENPOWER als Netzwerk “engagierter Frauen aus Rheinland-Pfalz unter der Schirmherrschaft von Malu Dreyer”. Und lädt Mitfrauen, die geduzt werden, zu einem “Netzwerktreffen in ganz besonderem Rahmen” ein. Versprochen wird ein “phänomenaler Abend”. Der fand am 11. März statt. Unter dem Motto “After work Glamour”. In den Atelierräumen der Designerin Anja Gockel in Mainz.

50 Euro-Einkaufsgutschein

Dem Textblatt ist eine “Wunderschöne Einladungskarte” (Originalzitat aus dem Textblatt) beigefügt, in der den “teilnehmenden Netzwerkfrauen” ein Einkaufsgutschein von 50 Euro versprochen wird. Geworben wird auch mit einem “Wintergrillen mit frischen Salaten, Sekt und Selters” und einem Musikprogramm. Birgit Ensminger-Busse kamen Textzusammenstellung und Angebote bekannt vor.

“Kaffeefahrtähnliche Veranstaltung”

Sie bezeichnet daher die Einladung in einer schriftlichen Erklärung als “kaffeefahrtähnliche Veranstaltung”. Unterzeichnet ist die Einladungskarte von “Heike Kaster-Meurer & Sabine Wienphal”. Letztgenannte ist eine PR-Fachfrau, die für die SPD in Kaiserslautern aktiv ist. Wie auch Petra Janson, bei der sich die Frauennetzwerkerinnen anmelden sollten.

“Diffamierung kennt keine Grenzen”

Während den Ausführungen von Birgit Ensminger-Busse verstärkten sich die Zuckungen und die Gesichtsfarbe der Oberbürgermeisterin näherte sich der ihres knallroten Kostüms an. Und dann platzte es aus ihr heraus: “Die Diffamierung kennt keine Grenzen”. Dr. Heike Kaster-Meurer stellte fest: “Ich habe nicht auf OB-Papier eingeladen”. Um dann fortzufahren: “Mag sein, dass eine Email weitergeleitet wurde”.

Hauptausschuß verlegt

Fest steht jetzt jedenfalls der Grund, warum die Sitzung des Hauptausschusses, der regelmässig montags tagt, nicht am 11. März stattfinden konnte, sondern auf den Tag darauf verschoben wurde. Diesen Umstand hatte in der Stadtratssitzung am 21. Februar ausgerechnet der SPD-Fraktionsgeschäftsführer Flühr gerügt und eine Rückverlegung gefordert. Dazu kam es nicht. Der Hauptausschuß tagte also dienstags, weil seine Vorsitzende montags wegen einem SPD-Netzwerk-After-Work-Glamour keine Zeit hatte.

Fake oder echt?

Zeit wird sich die Oberbürgermeisterin jetzt allerdings nehmen müssen, um den Sachverhalt aufzuklären. Entweder ist die Frauenpower-Einladung unter dem Stadtlogo und den Daten der Oberbürgermeisterin eine Fotomontage oder Fake. Dann hat Birgit Ensminger-Busse mit der Verbreitung einer Fälschung nicht einfach nur einen falschen Ton getroffen. Oder das von ihr vorgelegte Textblatt ist echt.

Email vom Amts-Account?

Dann hat Dr. Heike Kaster-Meurer gestern Abend den Rat der Stadt und die Öffentlichkeit belogen. Und vor Wochen rechtswidrig Parteipropaganda aus dem Stadthaus gemacht. Denn natürlich ist auch eine Email vom Amts-Account ein amtliches Schreiben. Ob diese weitergeleitet oder eine direkte Empfängerin zur Informandin von Birgit Ensminger-Busse wurde, spielt letztlich keine Rolle. Es würde lediglich zeigen, wie selbstverständlich in Genossinenkreisen die parteipolitische Instrumentalisierung von öffentlichen Ämtern gesehen wird.

“Landespolitische Dimension”

Parteienwerbung unter Dienstaccounts ist erkennbar rechtswidrig. Die Folgen für Dr. Kaster-Meurer und die SPD wären verheerend. Immerhin ist sie Vorsitzende des Parteirates der SPD Rheinland-Pfalz. Und die inkriminierte Einladung schmückt sich zweifach mit einem Bezug zur SPD-Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Die CDU wird die landespolitische Dimension der Provinzposse zu nutzen wissen.