Ausschuß-Neuwahl nicht mehr zu verhindern

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Claus Jotzo

Erst der Beitritt von Dr. Herbert Drumm zur Fraktionsgemeinschaft FDP / Faire Liste / Freie Wähler (FFF). Jetzt der Austritt von Wolf-Dieter Behrendt aus der AfD. Da spielt die faktische Fraktionsgemeinschaft von Linken und Progressiven ebenso keine Rolle mehr, wie der Weggang von Wolfgang Bouffleur aus der SPD-Stadtratsfraktion. Die Ausschüsse müssen neu gewählt werden. Ob das den Zauderern und Taktikern bei den großen Parteien paßt oder nicht. Die damit verbundenen internen Zerreissproben waren unvermeidlich.

So wie auf dieser Grafik des städtischen Wahlamtes vom Tag nach der Kommunalwahl setzen sich die Fraktionen schon lange nicht mehr zusammen. Lediglich bei CDU und Grünen hat sich nichts verändert.

Erstaunlich ist, mit welcher Uneinsichtigkeit einige Verantwortungsträger den unabwendbaren Schritt bis zuletzt geleugnet haben. Auch der Neuwahltermin steht bereits fest. Dabei handelt es sich um die Stadtratssitzung im Dezember. Bei den bis dahin tagenden Ausschüssen wird eine gerichtliche Anfechtung der Beschlüsse wegen “falscher Zusammensetzung” kaum Aussicht auf Erfolg haben, weil die Fraktionen und Wahlvorschlagsträger natürlich ein paar Tage Zeit benötigen, um ihre Besetzungslisten zu erarbeiten.

Wer Prozesse vermeiden möchte, muß im Dezember wählen

Daher ist eine Neuahl bereits in der Stadtratssitzung am Donnerstag dieser Woche nicht zwingend. Aber im Dezember tagt der Rat der Stadt am 17. Und bis dahin war Zeit genug. Würde im Dezember nicht gewählt, wären danach getroffene Ausschußentscheidungen kontaminiert. Und eine leichte Beute für juristische Attacken. Da gilt auch Corona nicht als Ausrede. Kein Mensch darf demokratische Grundprinzipen aus Bequemlichkeit oder falschem Sicherheitsdenken ausser Kraft setzen. Das haben mehrere Gericht bereits unmißverständlich klargestellt.

Kommunale Wallungen vor der Landtagswahl

Würde im Dezember nicht gewählt und im Januar des neuen Jahres käme eine dritte Welle der Seuche, die eine Präsenzsitzung des Stadtrates verhindert, wäre damit die demokratische Mitwirkung ausgehebelt. Wer durch seine (Fehl-)Entscheidung jetzt dafür die Veratwortung trägt, darf davon ausgehen, danach im Zentrum der bürgerschaftlichen Kritik zu stehen. Wenige Wochen vor der Landtagswahl Mitte März dürften daran wegen der damit verbundenen Stimmenverluste zumindest CDU, SPD, Grüne, FDP, Freie Wähler und AfD kein Interesse haben.

Gemeinsamer Wahlvorschlag oder echte Wahl?

Zu klären ist jetzt nur noch, ob es einen “Gemeinsamen Wahlvorschlag” gibt. Oder eine echte Wahl. Anders als in den vergangenen elf Jahren praktiziert, könnte diese auch in einem Wahlgang durchgeführt werden. Eine zeitraubende Einzelwahl Ausschuß für Ausschuß ist nicht zwingend vorgeschrieben. Die Einzelwahl bietet natürlich den einzelnen Stadtratsmitgliedern die Möglichkeit individuell je Ausschuß zu entscheiden. Also eine Stimme abweichend von der Fraktionszugehörigkeit abzugeben. Da geheim gewählt wird, kann später keine(r) sicher sagen, wer die Abweichler waren.