Leserbrief des Gerhard Merkelbach zu Präsenz- und Videositzungen

Bei allem Verständnis für Maßnahmen zum Infektionsschutz, die im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie sinnvoll sein könnten: Der Aktionismus der SPD-Fraktion sollte jedoch nicht so weit gehen, dass bestehende Gesetze und demokratische Regeln wie die Gemeindeordnung missachtet oder bewusst übergangen werden.Deshalb war auch ich zusammen mit den anderen konservativen Mandatsträgern von CDU, FDP, FWG und AFD dafür, die sogenannte Hybrid-Sitzung des Hauptausschusses abzubrechen. Dabei hatte es die Stadtverwaltung den Teilnehmern freigestellt, ob sie persönlich oder nur virtuell, also per Video-Übertragung, daran teilnehmen würden.

Denn die Entscheidung, eine Sitzung mit Präsenzpflicht in eine Video-Konferenz oder eine Mischform von Präsenz- und Video-Konferenz umzuwandeln, bedarf laut Einschätzung des Gemeinde- und Städtebundes einer mehrheitlichen Zustimmung der Rats- oder Ausschussmitglieder sowie der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion. Beides wurde in diesem Fall versäumt. Also war die Sitzung des Hauptausschusses als Hybridsitzung unrechtmäßig. Zusätzlich wurde bei der Einladung die vorgeschriebene Frist nicht eingehalten.

So geht das aber nicht, sofern die Gemeindeordnung noch gültig ist… Ich gebe zu bedenken, dass nicht alle Gremienmitglieder die technischen Voraussetzungen erfüllen, zuhause an einer Video-Konferenz teilzunehmen. Dies kann an fehlender Hardware liegen, aber auch an zu langsamen Internet-Verbindungen. Zudem sehe ich die Gefahr, dassdie Vertraulichkeit nicht gewährleistet ist, wenn im nichtöffentlichen Teil sensible Themen angesprochen werden. Wer will dann garantieren, dass die Debatte dann nicht durch unberechtigte Zuschauer im Internet verfolgt wird.

Denn private Rechner verfügen oft nicht über ausreichende Firewalls sowie optimalen Schutz gegen Spionage-Programme.Mir fehlt es nicht an gutem Willen, eine vernünftige Lösung zu vereinbaren, um das Risiko von Corona-Infektionen zu minimieren. Aber dies sollte auch ohne Online-Sitzungen möglich sein. Das ist auch daran abzulesen, dass sich der Kreistag Bad Kreuznach nach wie vor zu Präsenz-Sitzungen trifft, an denen auch Sozialdemokraten aus der Stadt teilnehmen. Mit ausreichendem Abstand, regelmäßigem Lüften und dem Tragen von FFP2-Schutzmasken lässt sich das Risiko weitgehend senken – genau wie in den Schulen, bei denen die SPD-geführte Landesregierung ja auch nicht ans Schließen denkt.

Wenn die SPD den Politikern, die auf der Einhaltung von Gesetzen und Regeln bestehen, unterstellt, bei ihnen sei die Corona-Pandemie wohl noch nicht angekommen, empfinde ich dies als unsachlich und befremdlich. Diese Polemik wird mich nicht dazu bewegen, künftig gesetzeswidriges Verhalten in unserer Stadt mitzutragen. Doch derzeit gibt es in unserem Land keine Notstandsgesetze, durch die die bisher geltenden Gesetze außer Kraft gesetzt werden – und das ist gut so.

Hans Gerhard Merkelbach, Stadtratsmitglied für Liste Faires Bad Kreuznach e.V.