FWG wirft dem Land Grundrechtsverstoss vor

Das Land hat dem Rat der Stadt Bad Kreuznach die Kompetenz zur Abgabe des Jugendamts abgesprochen (diese Seite berichtete am 4.2.19 unter der Überschrift “Oberbürgermeisterin widerspricht den Grünen”). Damit gibt sich die FWG nicht zufrieden. Sie verlangt von Dr. Kaster-Meurer die Umsetzung des Stadtratsbeschlusses vom 29.11.18. Aus dem Ablehnungsschreiben des Ministeriums vom 21.1.19 lasse sich “keinerlei belastbare und rechtlich verwertbare Rechtsposition ableiten”.

Im Widerspruch zum Grundgesetz

Für die FWG bleibt unverständlich, “dass es seitens des Ministeriums (vorsätzlich) unterlassen wurde eine rechtliche Prüfung und Verifizierung” der Rechtspositionen vorzunehmen, welche dem Antrag vom 29.11.2018 zugrunde liegen. Denn, so die FWG, der Inhalt des ministeriellen Schreibens stehe im Widerspruch zu Artikel 28 Abs. 2 Grundgesetz. Nach dieser Vorschrift sowie Artikel 49 Absatz 3 VerfRP obliegt den Gemeinden das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln.

“Ratsbeschluß umsetzen”

Unantastbarer Kernbereich der Selbstverwaltung ist in den Augen der FWG insbesondere die vorliegend in Frage stehende Organisationshoheit des Stadtrates. Die FWG hält – basierend auf dem Ratsbeschluss vom 29.11.2018 – an ihrer juristischen Begründung für die Abgabe des Jugendamtes fest und fordert die Oberbürgermeisterin unmissverständlich auf den Ratsbeschluss umzusetzen und die nötigen Verfahrensschritte zur Abgabe einzuleiten.

Wer bestellt bezahlt

Vorsorglich weist die FWG darauf hin was sie tun wird, wenn sich Dr. Kaster-Meurer weigert: dann wird die 2-Mann-Fraktion ein Organstreitverfahren anstrengen. Hilfsweise weist die FWG darauf hin, dass “gemäß dem Konnexitätsprinzip das Land andernfalls zumindest gemäß Artikel 49 Absatz 6 Satz 1 VerfRP in der Pflicht ist, die mit der Nichtumsetzung dieses Beschlusses verbundenen Kosten für die städtische Jugendhilfe vollständig zu übernehmen”.

Stadt bleibt bei Ablehnung

Die Stadtverwaltung weist diese FWG-Initiative zurück. Dabei bezieht sich sich auf die bereits veröffentlichten Auskünft Mainzer Ministerien und eine aktuelle Stellungnahem der ADD von gestern. Dernach “nur der Landesgesetzgeber die kraft Gesetzes als örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe geltende Stadt Bad Kreuznach von diesen Aufgaben entbinden kann”.

Wortlaut des FWG-Antrages:

“Hiermit beantragt die FWG-Fraktion die Umsetzung des Stadtratsbeschlusses vom 29.11.2018 auf Entbindung der Stadt Bad Kreuznach als örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe. In der Stadtratssitzung vom 29. November 2018 hat der Stadtrat mehrheitlich beschlossen, dass die Stadt Bad Kreuznach, vertreten durch die Oberbürgermeisterin, beauftragt wird, zu beantragen von der Zuständigkeit als örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe vom fachlich zuständigen Ministerium entbunden zu werden.

Mit Schreiben vom 21. Januar 2019 teilt das Ministerium des Inneren und für Sport der Oberbürgermeisterin mit, dass es an seiner mit Schreiben vom 15. Dezember 2014 übermittelten Rechtsauffassung zum Jugendamt festhalte. Bedauerlich ist, dass das Ministerium keine Überprüfung der eigenen Rechtsauffassung aus dem Jahre 2014 vorgenommen hat. Noch unverständlicher ist, dass es seitens des Ministeriums (vorsätzlich) unterlassen wurde eine rechtliche Prüfung und Verifizierung der Rechtsposition der FWG vorzunehmen, welche dem Antrag vom 29.11.2018 zugrunde liegt.

Insofern lässt sich aus dem Schreiben des Ministeriums vom 21.01.2019 keinerlei belastbare und rechtlich verwertbare Rechtsposition ableiten. Insbesondere steht das Schreiben des Innenministeriums im Widerspruch zu Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz. Die FWG hält – basierend auf dem Ratsbeschluss vom 29.11.2018 – an ihrer juristischen Begründung für die Abgabe des Jugendamtes gemäß § 2 Abs. 2 AGKJHG fest und fordert die Oberbürgermeisterin unmissverständlich auf gemäß Artikel 28 Abs. 2 Grundgesetz sowie Artikel 49 Abs. 3 VerfRP den Ratsbeschluss umzusetzen und die nötigen Verfahrensschritte zur Abgabe einzuleiten.

Begründung: Nach Artikel 28 Abs. 2 GG sowie Artikel 49 Absatz 3 VerfRP obliegt den Gemeinden das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Unantastbarer Kernbereich der Selbstverwaltung ist insbesondere die vorliegend in Frage stehende Organisationshoheit des Stadtrates. Mit dem Ratsbeschluss vom 29.11.2018 zur Abgabe des Jugendamtes an den Landkreis Bad Kreuznach hat der Stadtrat von seinem Selbstbestimmungs- und Selbstverwaltungsrecht Gebrauch gemacht, soweit die Oberbürgermeisterin aufgefordert ist, die Voraussetzungen für die Umsetzung des Ratsbeschlusses zu schaffen.

Vorsorglich weist die FWG darauf hin, dass – sollte die Oberbürgermeisterin den vom Stadtrat gefassten Beschluss nicht umsetzen – ein Organstreitverfahren seitens der FWG-Fraktion erfolgen wird. Hilfsweise sei rein vorsorglich darauf hingewiesen, dass gemäß dem Konnexitätsprinzip das Land andernfalls zumindest gemäß Artikel 49 Absatz 6 Satz 1 VerfRP in der Pflicht ist, die mit der Nichtumsetzung dieses Beschlusses verbundenen Kosten für die städtische Jugendhilfe vollständig zu übernehmen. Mit freundlichen Grüssen Karl-Heinz Delaveaux Fraktionsvorsitzender FWG”

Wortlaut der Stellungnahme der Stadt zum FWG-Antrag

“Nach dem Antrag der FWG-Fraktion zur Entbindung der Stadt Bad Kreuznach als örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe vom 10. Februar hat Oberbürgermeisterin Dr. Heike Kaster-Meurer das rheinland-pfälzische Ministerium des Innern und für Sport um Stellungnahme gebeten. Bereits am 21. Januar hatte das Innenministerium in Abstimmung mit dem zuständigen Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz schriftlich mitgeteilt, dass die am 15. Dezember 2014 übermittelte Rechtsauffassung zu dieser Thematik aufrechterhalten bleibt.

Der Sachverhalt wurde also von beiden Ministerien erneut rechtlich geprüft und das Ergebnis der Prüfungen von 2001 und 2014 bestätigt. „Insofern ist entgegen der Aussage der FWG sehr wohl eine Prüfung erfolgt“, sagt Kaster-Meurer. Vom „Selbstbestimmungs- und Selbstverwaltungsrecht“ könne der Stadtrat nur dann Gebrauch machen, wenn die Angelegenheit in seine Zuständigkeit fällt, und das sei hier − nach rechtlicher Auffassung der beiden zuständigen Ministerien − nicht der Fall.

Auch die von der FWG zur Umsetzung des Stadtratsbeschlusses aufgeforderte ADD bestätigt in ihrer Antwort vom 11. Februar, dass die „seitens des Landes mitgeteilte Rechtsauffassung auf Grundlage der aktuellen Gesetzeslage eindeutig“ sei. Nur der Landesgesetzgeber kann demnach die kraft Gesetzes als örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe geltende Stadt Bad Kreuznach von diesen Aufgaben entbinden”.