“Gedenken als fortwährender Prozeß”

Als Fabienne Feuser und Elea Schneberger von der Demonstration gegen den “3. Weg”, eine rechtsradikale Gruppe in Alzey berichteten, wurde die von Intoleranz und Hass immer ausgehende Gefahr gestern Morgen greifbar auf der Kirschsteinanlage. Fabiennes Schilderung von der Rückfahrt im Zug, bei der sie mithören mußte, wie Nazis bedauerten, dass in ihr Abteil keine “Linken” eingestiegen seien, die man hätte niedermetzeln können, löste zusätzliche Betroffenheit aus. Und dabei war der Anlaß, der einige Dutzend EinwohnerInnen am Mahnmal versammelte, grausam genug.

Am 27. Januar wird auf Initiative des früheren Bundespräsidenten Roman Herzog der Befreiung der Überlebenden des Konzentrationslagers Auschwitz gedacht. SchülerInnen der IGS Sophie Sondhelm trugen mit mehreren Beiträgen dazu bei, dass die Erinnerung an den Holocaust nicht allein intellektuelle und historische Dimensionen aufzeigte. Liya Prokofieva und Gina Marie Westenberger berichteten, was die Befreier von der Roten Armee im KZ vorfanden und was Roman Herzog zu seiner Initiative motivierte: “Mit den Zeitzeugen sollten nicht die Erinnerungen an die Opfer der Verbrechen des Nationalsozialismus sterben”.

Herzog habe es als wichtig erkannt, dass die nachgeborenen Generationen eine kollektive Verantwortung dafür tragen, dass Ansätze von Totalitarismus und Rassismus in ihren Anfängen erkannt und mit aktivem Handeln entgegen gewirkt werde. “Er forderte dazu auf, Gedenken als fortwährenden Prozess anzusehen, der nicht auf einen oder zwei Tage im Jahr beschränkt ist”. Franziska Moog, Marc Mussel, Chantal Weidenbach und Paula Wermter, SchülerInnen der Lerngruppe Evangelische Religionslehre im Jahrgang 9 legten ihre Erarbeitung des Romans “Der Junge im gestreiften Pyjama” dar.

Ihre einfache, klare und starke Konsequenz: “Wir als SchülerInnen haben aus dieser Geschichte gelernt, dass so etwas nie wieder passieren darf. Es darf sich nie wieder eine Gruppe von Menschen über andere erheben, nur um die eigene Macht zu sichern”. Waheed Khan (Koblenz), Regionalbeauftragter der Ahmadiya-Gemeinden für den interreligiösen Dialog, führte in seiner Ansprache aus, dass der Schutz menschlichen Lebens vorrangige Pflicht für alle Muslime sei. “Das Grundgesetz ist die Basis für uns alle”, stellte er klar.

Dr. Heike Kaster-Meurer hatte die Gedenkveranstaltung eröffnet. Die Oberbürgermeisterin erinnerte daran, dass sich die Deutschen nach Kriegsende als Opfer und nicht als Täter gesehen hätten und der Aufarbeitungsprozess des Nazi-Unrechtes erst in den sechziger Jahren begonnen habe. “Unaufgearbeitete Vergangenheit vergeht nicht”. Erst nach dem ersten grossen Auschwitz-Prozeß in Frankfurt hätten Kinder den Eltern die Frage gestellt: “wie konntet ihr da wegsehen?” Petra Grumbach gab der Veranstaltung mit ihrer Klarinette einen musikalisch getragenen Rahmen.