Meinung: Pro-City-Absage ist die Chance für einen Neuanfang

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Für Dirk Alsentzer persönlich ist es keine gute Nachricht. Der Vertriebsleiter der Bad Kreuznacher Stadtwerke hat in seinem Hauptjob genug zu tun. Und würde den ehrenamtlichen Vorsitz bei Pro-City e.V. lieber gestern als heute los. Daraus wird aber zunächst mal nichts. Denn der Dachorganisation mehrerer Dutzend Bad Kreuznacher Einzelhändler und Unternehmen geht es wie allen anderen gesellschaftlichen und unternehmerischen Einheiten: Treffen dürfen nicht stattfinden. Daher hat Pro-City nach dem Automobilsalon auch die für den 24. März geplante Jahreshauptversammlung abgesagt und auf einen unbekannten Termin in die Zukunft verschoben. Klar ist seit Monaten: ein “weiter so” hätte es weder personell noch inhaltlich gegeben.

Struktur hat sich überlebt

Nicht nur weil Dirk Alsentzer als Vorsitzender nicht mehr zur Verfügung steht. Auch nicht nur, weil die Fördermitglieder geschlossen den Austritt erklärt haben. Und nicht allein, weil der Mantelsonntag juristisch kaum noch durchzusetzen ist. Sondern weil die vor Jahrzehnten gewählte Struktur als eingetragener Verein samt Fixierung auf Innenstadt und Einzelhandelsinteressen sich überlebt hat. Es sind nicht nur neue Köpfe gefragt. Sondern auch neue Strukturen und zeitgemäße Konzepte. Den Inhabern der vielen kleinen Läden und Unternehmen dämmert endlich: ihre bisherige Bequemlichkeit, Passivität und die fehlende Bereitschaft, sich für den eigenen wirtschaftlichen Erfolg auch ausserhalb der Geschäftsräume Zeit einzusetzen und Geld auf den Tisch zu legen, läßt den für die Verteilung zur Verfügung stehenden Umsatz-Kuchen immer kleiner werden.

Auf Stadt und Region setzen

Die überkommene Praxis, den eigenen geschäftlichen Erfolg von einer Gruppe von Großsponsoren aushalten zu lassen und für die Werbegemeinschaft als Solidarbeitrag weniger auszugeben, als fürs private Hobby, ist als zukunftsuntauglich überführt. Wer neben dem Internet Erfolg haben möchte, muß auf Gemeinschaft in Stadt und Region setzen. Und darf nicht länger andere für sich zahlen lassen. Wer eine Weihnachtsdeko als hilfreich einschätzt, wird dafür künftig zahlen müssen. Wer erkennt, dass ein Stadtmarketing allen hilft, wird sein Schärflein dazu beitragen müssen. Dies darf nicht länger wie bisher Banken und erfolgreichen Unternehmen überlassen werden.

Wer profitieren will muss zahlen

Media-Markt, Beinbrech und Küche kreativ können auch ohne die 300 Läden und Gewerbetreibenden der Innenstadt erfolgreich sein. Und wenn die 300 sich weigern zusammen wenigstens so viel aufzubringen, wie ihre bisherigen Sponsoren, dann haben sie weder die Sponsoren noch öffentliches Geld verdient. Das erkennen endlich mehr und mehr rund um den Kornmarkt. Wenn die Mitgliederversammlung, wann auch immer, nachgeholt wird, kann es nicht darum gehen den Stab über das bisherige Pro-City-Team zu brechen. Sondern über all jene, die heute schlaue Sprüche machen – aber jahrelang nicht das Richtige getan haben. Insofern ist die durch Corona bewirkte Absage – auch des Automobilsalons – eher ein Glücksfall für die Sache. Denn jetzt ist Raum für Alternativen. Und einen Neuanfang.