Parken war Argument von Anfang an

“Gut lesen können die aber schlecht” witzelt Antonio Valentino. Die “Lügen-Kampagne” der GuT und Teile der Lokalpresse nimmt der OVG-Sieger mit Humor. Wenn die Stadt eine weitere Niederlage kassieren wolle “soll sie nur in Revision gehen”, meint der Inhaber vom Ponte Vecchio. Beim Bundesverwaltungsgericht werde er das Kartenhaus der Stadt gern ein weiteres Mal zum Einsturz bringen.

Bereits im Antrag formuliert

Wer keine Angst vor zigseitigen Schriftsätzen habe, so Antonio Valentino, kann gern zu ihm in die Trattoria kommen. “Dann zeige ich meinen Normenkontrollantrag vom 8. Januar 2018 vor”. Darin steht wörtlich unter Ziffer 2.5.1.5. “die Parkraumbewirtschaftung ist beim Vorteilssatz mit “10” und beim Gewinnsatz mit “8” eingestuft”. Weiter lautet der Originaltext, auf dessen Basis das OVG sein negatives Urteil über die Beitragssatzung fällte:

Gäste parken überproportional

“Auch hier führen ganz einfache Überlegungen sehr schnell zu vollkommen klaren Einsichten. Wer ist auf bewirtschaftete Parkflächen angewiesen? Also ein Ortsfremder doch in jedem Fall eher, als ein Ortsansässiger. Die Bad Kreuznacher wissen, dass die Preisunterschiede zwischen den Parkplätzen ganz erheblich sind. Zwei Parkplätze liegen exakt gleich weit vom Kornmarkt entfernt. Auf dem einen ist die Gebühr um die Hälfte niedriger, als auf dem anderen.

Einheimische kennen sich aus

Die Ortsansässigen kennen natürlich jene Plätze und Orte, an denen auch heute gebührenfrei geparkt werden kann oder haben einen Freund oder Geschäftspartner im Stadtgebiet, bei dem sie auch mal so parken können. Dem Touristen ist dies aus naheliegenden Gründen nicht möglich. Demzufolge ist jeder durch die Tourismusförderung geworbene Tourist mehr ein potentieller Parker mehr – und Zahler mehr. Demzufolge ist die Parkraumbewirtschaftung mit dem Faktor 10 beim Vorteilssatz schlicht weit unterbewertet.

Parken ist Stadtsache

Und es ist auch ganz leicht zu erklären warum: die Masse der gebührenpflichtigen Parkplätze wird direkt oder indirekt von der Antragsgegnerin bewirtschaftet bzw steht in einem direkten oder indirekten wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Antragsgegnerin. Liegt also der Vorteilssatz hier niedrig, muss die Antragsgegnerin direkt oder indirekt einen geringeren Beitrag leisten.”

Stadt schont sich selbst

Die Stadt hat sich also durch den niedrigen Vorteilssatz von 10% selbst geschont. Das plumpe Gegenargument der Stadt in der mündlichen Verhandlung vor dem OVG, der Stadt könne es doch egal sein, wieviel sie selbst bezahlen müsse, das Beitragsgeld bleibe doch schliesslich bei ihr, wechsele sozusagen nur die Hosenstasche, hatte Valentinos Prozessbevollmächtigter in Koblenz sofort zerlegt.

Ziel: frisches Geld

Martin Reiber vewies auf die Beschlüsse der städtischen Gremien und der jahrelangen Propaganda der Verwaltung, in der immer “300.000 Euro” als Beitragszielgrösse genannt wurden. Wenn aber diese 300.000 Euro durch korrekte Vorteilssätze zum grossen Teil aus stadtnahen Kassen kämen, würde genau das, was der Beitrag bringen sollte, nämlich frisches Geld von privater Seite, nicht erreicht.

“Niedrig, wo Hand der Stadt drin”

Daher, so der Steuerberater, wurden fürs Parken, für die Energieversorgung, für Kliniken usw, “also überall, wo die Stadt ihre Hand drin hat”, die Sätze sehr sehr niedrig festgelegt. Da sein Mandant das aus Sicht des OVG entscheidungserhebliche Argument bereits in seinem Antrag vorgetragen hatte, müsse sich die Stadt fragen lassen, wieso sie monatelang darauf nicht einging und den Sachverhalt jetzt wahrheitswidrig darstelle.

Dr. Vespers 30 Prozent

Für Martin Reiber leicht zu erklären. Denn es war GuT-Geschäftsführer Dr. Michael Vesper, der dem OVG das entscheidende Argument gegen die Satzung lieferte. In seiner “Erläuterung Kalkulation touristischer Fehlbetrag” vom 3.7.18, die die rot-grün-ein-bißchen-schwarz-dunkelrote-Freie-Mehrheit am 13.12.19 kritiklos durchgewinkt hatte, beziffert er den Parkeranteil von Touristen mit “30%”. “Das kommt davon, wenn Stadtratsmitglieder einfach so die Hände heben, statt ein Thema zu durchdenken”.

Anfragen aus allen Landesteilen

Das in seinen Augen “sichere Scheitern” der städtischen Revision sieht Steuerberater Reiber auch mit einem weinenden Auge. Aufgrund der “Vesper-Lüge” am 30.10.18 und dem “30%-Vesper” vom 3.7.18 sei das von ihm erstrittene OVG Urteil “sehr auf die örtlichen Verhältnisse in Bad Kreuznach bezogen und kaum auf andere Fälle zu übertragen”. Die aber gibt es massenhaft. Aus praktisch allen Landesteilen liegen seiner Kanzlei Anfragen vor allem von Gastronomiebetrieben vor, die gegen die dort geltenden Beitragssatzungen vorgehen möchten.

27 Beweisanträge

Selbst wenn es zur Revision käme, hätte die Stadt nicht gewonnen, erklärt Steuerberater Reiber. Dann würde lediglich das Satzungsprüfverfahren von einer anderen Kammer des OVG Rheinland-Pfalz neu begonnen. Für die Verhandlung am 19.12.18 hatte das Team Reiber 27 Beweisanträge vorbereitet, die meisten zur Aufwandsüberschreitung in der Kalkulation, aber auch zum Beweis einiger Grundrechtsverstösse.

Neues Verfahren = noch mehr Argumente

Die habe man bisher nicht stellen müssen. “In einem neuen Verfahren käme alles auf den Tisch. Dann werden wir auch die Mustersatzung pp des Gemeinde – und Städtebundes angreifen”. Ein Erfolg in einem zweiten Verfahren hätte daher eine landespolitische Dimension. “Wenn man das will: wir stehen gern zur Verfügung”. Während sein Steuerberater auf eine “zwischen den Jahren in die Köpfe der Verantwortlichen einkehrende Vernuft” setzt und davon ausgeht, dass sich die Stadt gegen eine Revision entscheiden wird, ist Antonio Valentino davon überzeugt, dass die Stadt getrieben von der SPD das Rechtsmittel nutzt “nur um Zeit zu gewinnen”.

Hohes Roß, tiefer Fall

Die Sozialdemokraten wollten im Kommunalwahlkampf nicht mit vollkommen leeren Händen dastehen. “Die werden den Neugenossen Kämmerer in die Revision treiben”. Damit kann Valentino gut leben. Aber aus anderen Gründen als sein Berater: “um so höher das Roß, auf das sie sich setzen, um so tiefer der Fall”, freut er sich.