Valentino’s Weihnachtsbotschaft: keine Angst vor Schätzungen beim Tourismusbeitrag

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Gegen den Tourismusbeitrag sprachen aus Sicht der Betroffenen, neben dutzenden handwerklichen Fehlern, von Anfang drei wesentliche Gründe: die Beitragserhebung als solche. Denn wer möchte schon gern was zahlen. Dann der Umstand, dass die Zahllast aus dem Umsatz errechnet wird. Und nicht aus dem Gewinn. Viele Kapitalgesellschaften erwirtschaften zwar hohe Umsätze. Aber nur überschaubare Gewinne. Und werden in dieser Verwaltungslogik ganz losgelöst von der Ertragslage belastet. Das gibt der Landesgesetzgeber so vor, ist also in Bad Kreuznach gar nicht anders zu handhaben. Weil ausserhalb der Gastronomie für 2016 die Beitragshöhe in einer Vielzahl von Fällen überschaubar blieb, hielten sich die Proteste gegen die beiden ersten Kritikpunkte in Grenzen.

Kritik an Beauftragung der GuT

Der dritte Angriffspunkt allerdings stößt ab dem ersten Tag auf klare Ablehnung, die bis heute eher noch angewachsen ist, als dass sie sich abgeschwächt hätte: die Abwicklung der Beitragseinziehung durch die Gesundheit und Tourismus für Bad Kreuznach GmbH (GuT). Kämen die Umsatzanfragen vom Finanzamt oder von der städtischen Kämmerei, wäre fast allen Empfängern wohler zu Mute. Weil das Vertrauen in die Vertraulichkeit und die Diskretion der Abwicklung einfach größer wäre. Die GuT muß einerseits werbende Öffentlichkeitsarbeit machen. Und im anderen Büro verschwiegen Daten sammeln und bearbeiten. “Da könnte die Kirche ihren Beichtstuhl ja auch gleich in die Redaktion der BILDzeitung stellen”, merkte in der letzten Informationsveranstaltung ein Einzelhändler an.

“Willkürliche Schätzungen sind rechtswidrig”

Auch aus diesem Grund hat Antonio Valentino konsequent seine Umsätze nicht an die GuT gemeldet. Die hat ihm daraufhin, wie vielen hundert anderen, eine Schätzung angekündigt. Und davor muß, so Mister vom Ponte Vecchio, keiner Angst haben. Denn, das hat Valentino in den Jahren seines erfolgreichen juristischen Kampfes gegen den Tourismusbeitrag gelernt, “willkürliche Schätzungen sind rechtswidrig”. Und rechtskonform zu schätzen ist gar nicht so leicht, wie es auf den ersten Blick scheint. “Tatsächlich kostet eine gute Schätzung sehr viel Zeit”. Und Zeit ist etwas, was die GuT nicht mehr hat. “Denn die haben schon so viel Zeit verplempert, dass es nun sehr eng wird”, freut sich Antonio Valentino über seine täglich steigenden Erfolgsaussichten.

Tourismusbeitrag 2017 geht ins vierte Jahr

Das Erhebungsverfahren Tourismusbeitrag für 2017 startete mit dem Satzungsbeschluß des Stadtrates am 15. Dezember 2016. Im Oktober und November 2017 gingen dann die ersten, zusammen 400 Bescheide raus. Dann verfügte die GuT einen Verfahrensstopp wegen anhängiger Normenkontrollverfahren. Am 19. Dezember 2018 gewann Antonio Valentino beim Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (OVG) seines. Und beendete damit das erste Erhebungsverfahren. Am 21. Februar 2019 fasste der Stadtrat dann zur Rettung der Satzung einen “Heilungsbeschluß”, mit dem der vom OVG in 2018 gerügte Fehler korrigiert wurde (diese Seite berichtete). Und seit dem tat sich seitens der GuT nicht mehr viel. Ausser dem Versand von Umsatzanfragen. Und Erinnerungen an jene, die keine Umsatzangaben machten. Die Sache geht jetzt also ins vierte Jahr.

Bundesweiter Sonderfall

Valentinos Steuerberater Martin Reiber und seine Rechtsanwälte haben in den vergangenen Monaten bundesweit geforscht. Und sind dabei tatsächlich auf einige Beitragserhebungsverfahren gestossen, die ebenfalls viele Jahre in Anspruch genommen haben. Das waren aber auschließlich Verfahren, in denen allein Grundstückseigentümer zu zahlen haben (Ausbau- und Erschließungsbeiträge, Müllgebühren, Wasser- und Abwassergeld usw). Bei denen ist naturgemäß die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass von ihnen auch nach Jahren noch Geld zu holen ist. Denn wenn Grundstücke verkauft wurden, ist der Erlös irgendwo angelegt oder investiert. Und wenn das Grundstück noch im Besitz des Schuldners ist, werden Sicherungshypotheken eingetragen. Beim Bad Kreuznacher Tourismusbeirag ist das ganz anders.

Wie oft schaut die GuT in die Röhre?

Der betriebswirtschaftlichen Dynamik folgend hat eine dreistellige Zahl von für 2017 Beitragspflichtigen ihr Gewerbe oder Tätigkeit zwischenzeitlich aufgegeben. Wenn bei denen jetzt nichts mehr zu holen ist, schaut die GuT in die Röhre. Und dadurch wird das gesamte Beitragserhebungsverfahren in Frage gestellt. Kann Valentino dem Verwaltungsgericht nämlich beweisen, dass nur einer mehr als 10% der Beitragspflichtigen warum auch immer nicht gezahlt hat, ist die höchstrichterliche Freigrenze für Abweichungen (90er Perzentile) überschritten. Das Verfahren ist dadurch juristisch kontaminiert und u.a. wegen eines unheilbaren Verstosses gegen den grundgesetzlich geschützten Gleichbehandlungsgrundsatz rechtswidrig, so Valentino.

“Schätzen lassen – Widerspruch einlegen”

Doch zurück zu den Schätzungen. Diese beinhalten nach der Einschätzung von Antonio Valentino für die Betroffenen nur Vorteile und keinerlei Nachteile. Auch gegen einen Beitragsbescheid auf der Basis einer Schätzung kann ganz normal Widerspruch eingelegt werden. Ist die Schätzung zu hoch, könne selbst noch im Widerspruchsverfahren jederzeit eine Anpassung an die Realität erreicht werden. Durch Abgabe einer Umsatzerklärung. Valentinos Weihnachtsbotschaft für 2019 ist daher: “laßt euch ohne jede Angst schätzen – und legt fristgerecht Widerspruch ein”. Ob der Gastronom noch einmal ein Normenkontrollverfahren anstrengen wird, mit dem automatisch alle Bescheide eliminiert werden, läßt Valentino offen. Ein Widerspruchs-Muster-Verfahren wird er auf jeden Fall führen. “Und wieder gewinnen”. Davon profitieren dann aber nur jene, “die immerhin genug Mumm hatten, Widerspruch einzulegen”.

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