Vom Staub der Zeit befreit zieht Stadtarchiv demnächst um

Gastbeitrag von
Hansjörg Rehbein

250 Jahre alter Staub wirbelt durch die Luft im Schloßpark. Mit Streusand löschten die Schreiber im 18. und 19. Jahrhundert die Tinte in den Büchern ab, die derzeit für den bevorstehenden im Umzug in das Haus der Stadtgeschichte gereinigt werden. Im Garten des ehemaligen Pförtnerhauses steht Stadtarchivarin Franziska Blum-Gabelmann mit Schutzmaske vor Mund und Nase und entstaubt mit Pressluft die historischen Schätze aus Pergament in stabilem Buchumschlag. Dazu gehört beispielweise das fünf Kilo schwere Schatzungsbuch. Der Buchrücken ist mit Leder umspannt und mit Kupferschnallen verziert.

Das Buch gibt für den Zeitraum 1715 bis 1736 Auskunft über die Besteuerung von Grundstücken und Häusern folgender Funktionsträger und Bevölkerungsgruppen: des Oberamtsstabes, der Stadträte und Mitglieder der Hammer-, Ringer-, Krämer-, Schneider-, Rebstöckler-, Metzger-, Küfer-, Schuhmacher-, Bäcker-, Gerber- und Leineweberzunft, der Unzünftigen, der Juden, der Tagelöhner und über den Besitz Auswärtiger Zusammen mit dem Morgenbuch ist das Schatzungsbuch eine wertvolle stadtgeschichtliche Quelle, da darin die Besitzer der landwirtschaftlichen Flächen in der Kreuznacher Gemarkung genannt sind, auf deren Grundlage die Besteuerung (Schatzung) der Grundstücke festgelegt wurde.

Die vorgereinigten Bücher – rund 150 an der Zahl – werden in das Obergeschoß gebracht, wo sie mit Schwamm und bei Schimmel mit einer Alkohollösung vorsichtig gesäubert werden. Anschließend wandern sie noch einmal in ihr Regal, bevor sie letztlich umzugsfertig verpackt werden. Stadtarchivarin Franziska Blum-Gabelmann schätzt, dass es mindestens zwei bis drei Jahre dauern wird, bis die sieben Außenlager sowie Dachböden und Keller in den Verwaltungsgebäuden von Archivmaterialien geräumt und im dann alten Stadtarchiv“ gereinigt und für den Umzug vorbereitet werden. Bei dieser Arbeit ist äußerste Behutsamkeit notwendig.

Sarah Förster, Anne Wohlleben und Nadine Müller beim Reinigen der Archivalien (von links). Zum Stadtarchiv-Team gehören noch Regina Fuchs, Hausmeister Volker Gräff und Hansjörg Rehbein.

Bei Urkunden, die bis ins 13, Jahrhundert zurückgehen, sind Siegel gebrochen, Pergament brüchig, kolorierte Baupläne beschädigt, historische Fahnen, Zeichnungen und Gemälde verschmutzt.Fast 15 Jahre lang drängte sich die „Gedächtnis-Zentrale der Stadt“ auf 90 Quadratmetern Raumfläche in zwei Stockwerken. Auf komfortable und zeitgemäße Arbeitsbedingungen muss die Mannschaft des Stadtarchivs nicht mehr lange warten. Der Einzug ist das neue Haus der Stadtgeschichte mit einer Nutzfläche von 717,44 Quadratmetern soll im Verlauf des Oktobers über die Bühne gehen. Das ehemalige Bettenhaus-Golling in der Mannheimer Straße 189 wurde für rund 2,7 Millionen Euro (davon 90 Prozent Landesförderung) umgebaut und erweitert. 300.000 Euro hat der Förderverein für das Bürgerarchiv im Haus der Stadtgeschichte gesammelt.