Herbstmarkt mit verkaufsoffenem Sonntag: das sagen die Stadtratsparteien

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Für die Einzelhändler ist er wichtig u.a. in puncto Kundenbindung. Kirchen und Gewerkschaften lehnen ihn ab. Entscheiden muß die Stadtverwaltung. Nämlich ob es auch in diesem Jahr einen verkaufsoffenen Sonntag im Oktober gibt. Möglicherweise fällt die Entscheidung aber auch in Koblenz. Denn dort ist nach wie vor das von ver.di im vergangenen Jahr angestrengte Verfahren gegen den Mantelsonntag 2018 anhängig. Den Erlaß einer einstweiligen Anordnung hatte das Verwaltungsgericht zwar abgelehnt.

Urteil vom Verwaltungsgericht steht noch aus

Aber nur aus formalen Gründen. Der Anwalt der Gewerkschaft hatte in der Sichtweise der Richter den Antrag schlicht unzumutbar kurzfristig eingereicht. Jetzt wird geklärt, ob ein fristgerecht eingereichter Antrag hätte angenommen werden müssen. Käme das Gericht zu diesem Schluß wäre das das Ende des Mantelsonntags. Angesichts dieser Perspektve hat sich die “Allianz für den freien Sonntag”, dazu zählen die Kolpingfamilie, der Arbeitskreis christlicher Kirchen (ACK), der DGB und die Katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB), zwei ganz neue Punkte einfallen lassen. Angepasst an die aktuelle politische Großwetterlage wird ein verkaufsoffener Sonntag wegen seiner “Klima- und Umweltbelastung” abgelehnt.

Allianz wünscht Entscheidung im Stadtrat

Was von einem pfiffigen, bei “Meine Stadt” organisierten Einzelhändler mit der Gegenfrage gekontert wurde, ob die von Kirchenbesuchern zum Sonntagsgottesdienst gesteuerten Karossen aufgrund himmlischen Beistandes klimaneutral unterwegs seien. Und dann setzt die Allianz ihre Hoffnung auf die Parteien und Fraktionen im Rat der Stadt. Die haben zwar formal nichts zu sagen. Denn die Genehmigung zur Sonntagsöffnung ist allein Verwaltungssache. Aber eine klare Entscheidung des Stadtrates hätte natürlich politisches Gewicht. Für uns Anlaß genug bei den elf (!) im Stadtrat vertretenen Parteien und Listen nachzufragen und deren Stellungnahme zu erbitten.

Karl-Heinz Delaveaux für die FWG:

Als hätte er auf die Anfrage gewartet, war Karl-Heinz Delaveaux der erste, dessen Stellungnahme kaum eine Stunde später einging. Sein offenes Bekenntnis: “ich war selten an so einem Sonntag in der Stadt”. Aber er habe oft erfahren, dass “die Leute da viel Spaß daran haben. Für die ist das ein schönes Wochenenderlebnis”. Der Hinweis auf den Klimaschutz geht für den FWG-Mann “ins Lächerliche”, da ein verkaufsoffener Sonntag “nichts mit Umweltschutz zu tun hat”.

Und dann ein Hinweis, den wohl die wenigsten von dem erfolgreichen Unternehmer erwartet hätten: “In meinen Augen ist es viel schlimmer, wenn Leute unter der Woche regelmässig bis 21 Uhr arbeiten müssen, als wenn ein Mal im Jahr sonntagnachmittags offen ist”. Den Vorschlag der Allianz die Sache im Stadtrat zu behandeln, findet Karl-Heinz Delaveaux gut. “Dann müssen das Beigeordneter Schlosser und Stadtrechtsdirektorin Häußermann nicht allein entscheiden”.

Jürgen Eitel für die FDP:

In diesem Punkt vertritt Jürgen Eitel eine gegenteilige Auffassung. “Das Thema muss nicht im Stadtrat beraten und beschlossen werden. Die Verwaltung ist durchaus in der Lage im Rahmen der gesetzlichen Regelungen zu handeln”, formuliert der FDP-Partei- und Fraktionsvorsitzende sein Vertrauen in die Verwaltung. In der Sache bezieht Eitel für die Liberalen klar Position: ” Der Einzelhandel und die anderen Geschäfte profitieren von offenen Sonntagen, das sieht man schon alleine am Mantelsonntag in Bad Kreuznach. Es bleibt genug Zeit die Kirchen zu besuchen und die Angestellten können ihre Arbeitszeit in Freizeit abgelten”.

Jürgen Eitel kennt “die Situation aus vielen europäischen Ländern, die ebenfalls christlich geprägt sind und dennoch eine weitgehende Sonntagsöffnung zulassen. Offenbar lässt das Grundgesetz eine permanente Sonntagsöffnung nicht zu. Viele Menschen in Deutschland müssen regelmäßig sonntags arbeiten, vor allen Dingen in den Servicebereichen und auch in der Industrie”. Um dann festzustellen: “Die FDP lehnt die verkaufsoffenen Sonntage nicht ab, wünscht sich aber eine Regelung, die die Kirchen und die Gewerkschaften akzeptieren können. Das heißt, dass wir uns 3 – 5 solcher Tage gut vorstellen können”.

Klaus D. Bärtges für die AfD:

Zügig geantwortet hat auch die AfD. Klaus D. Bärtges schreibt uns: “Ich habe Ihre Anfrage an unsere beiden Fraktionsvorsitzenden weitergeleitet. Erwarten Sie aber bitte keine Antworten bis zum Zeitpunkt Ihres Stichtages. Unsere Leute sind im Urlaub und haben sicher etwas Besseres zu tun als derartige Fragen zu beantworten. Wenn im Stadtrat oder Kreistag diese auf der Agenda stehen, ist es immer noch Zeit, darüber nachzudenken. Ein Umweltnotstand wird sicherlich nicht durch verkaufsoffene Sonntage ausgelöst werden”.

Um dann fortzufahren: “Übrigens, die Vertreter der Kirchen geben ein trauriges Bild ihres Berufsstandes ab: Anstelle des Gebotes Gottes, den Feiertag zu heiligen, als Argument gegen den verkaufsoffenen Sonntag vorzubringen, machen sie sich zu Wissenschaftlern und behaupten, dass damit das Klima geschädigt würde. Das ist nicht ihr Job!”

Andreas Henschel für die SPD:

SPD-Fraktionschef Andreas Henschel erreichte unsere Anfrage in seinem Erholungsurlaub. “ich befinde mich zurzeit in Urlaub, so wie einige weitere Kolleginnen und Kollegen der SPD Fraktion. Mit der Allianz habe ich mich nach Eingang des Schreibens dahingehend verständigt, daß sich die SPD Fraktion nach der Sommerpause mit der Thematik bzw dem Schreiben der Allianz befasst. Vor diesem Hintergrund werde ich Ihre Fragen bis zum 17.07. nicht beantworten.

Fragen an die SPD Fraktion bzw. an mich, als deren Sprecher, werden von mir grundsätzlich erst nach Erläuterung in der Fraktion beantwortet, zumal wir einige neue Mitglieder in der Fraktion haben, die sich mit der Thematik, in rechtlicher, als auch praktischer Hinsicht, erst mal vertraut machen müssen, um sich eine Meinung zu bilden”.

Stefan Butz für die Progressiven:

Stefan Butz, der Vorsitzende der Liste “Progressives abd Kreuznach” (PBK) konnte wegen der Urlaubszeit eine Abstimmung in seiner Organisation nicht durchführen, bezieht aber für sich persönlich klar Stellung: “Kein verkaufsoffener Sonntag aus Gründen des Klimaschutzes – wie nun von der Allianz für den freien Sonntag vorgebracht – scheint mir in seiner Kürze eher vorgeschoben. Zumindest war in den Jahren zuvor von diesem Argument nichts zu hören. Ich würde mich allerdings freuen, diesen Punkt genauer ausgeführt zu sehen. Er könnte Relevanz haben.

Ansonsten gibt es ein Bundeverwaltungsgerichtsurteil, das klare Vorgaben macht: Kein verkaufsoffener Sonntag ohne Sachgrund, wobei die Verkaufsabsicht keinen Sachgrund darstellt (Urteil vom 17.05.2017). Ein Herbstmarkt ist eine Verkaufsveranstaltung, mit der eine sonntägliche Ladenöffnung begründet wird – also genau das, was das Gericht als No-Go aufzeigte – nur etwas komplizierter aufgebaut. Wenn Pro City einen Sachgrund findet, der sich nicht auf Verkauf begründet, ist ein einmal jährlich stattfindender verkaufsoffener Sonntag diskutabel. Mehr jedoch sollte nicht genehmigt werden. Die Sonntagsruhe ist aus guten Gründen verfassungsrechtlich geschützt”. Und wie Karl-Heinz Delavaux findet auch Butz: “Der Stadtrat sollte diese Frage entscheiden”.

Hermann Bläsius für die Grünen:

Hermann Bläsius nimmt für die grüne Fraktion Stellung. Die steht “im Wesentlichen hinter der Allianz für den freien Sonntag”. Wie Butz weist Bläsius auf die gerichtliche Feststellung hin, dass es “dazu Ausnahmen geben” kann. “So können z.B. Ausnahmen zu besonderen Ereignissen oder Festen im direkten Umfeld einer Veranstaltung erteilt werden. Ausnahmen heißt für uns dabei auch Ausnahme. So sollte diese z.B. einmal im Jahr zum Brückenfest für die unmittelbare Umgebung der Brücken genehmigt werden. Veranstaltungen zu konstruieren, um einen stadtweiten offenen Sonntag zu begründen, halten wir nicht für zulässig”.

Den Vorschlag der Allianz, den Pro-City-Antrag für den verkaufsoffenen Herbstmarkt im Kommunalparlament zu behandeln, begrüssen die Grünen: “Die beantragten Ausnahmen sollten dem Stadtrat vorgelegt werden, um a) dem Vorwurf von Willkür zu begegnen und b) die Verwaltung bei den Entscheidungen nicht alleine zu lassen”.

Wilhelm Zimmerlin hat es gefallen uns rot sehen zu lassen^^. Der Vorsitzende der BüFEP hat eine sehr individuelle Stellungnahme abgegeben: “Ich gehöre grundsätzlich nicht zu den kategorischen Ja- oder Nein-Sagern. Ich höre mir die Argumente beider Seiten an. Meine Abstimmung im Stadtrat werde ich ggf. davon abhängig machen, wie überzeugend die jeweiligen Argumente sind. Die Gegner der verkaufsoffenen Sonntage können sich auf höchstrichterliche Urteile berufen und führen nach meinem Empfinden nachvollziehbare Argumente an; das Klimaschutzargument zählt allerdings nicht dazu.

Wilhelm Zimmerlin für BüFEP:

Die Befürworter müssten ihre Begründungen untermauern; nur den Namen der Veranstaltung zu ändern, reicht nicht. Sie sollten erläutern, worin das öffentliche Interesse besteht, wer die Nutznießer von verkaufsoffenen Sonntagen sind, wer die Kosten trägt und wen die sozialen Lasten der Sonntagsarbeit treffen. Meine Entscheidungsfindung wird maßgeblich davon beinflusst, ob die Kosten von den Nutznießern getragen oder der Allgemeinheit aufgebürdet werden. Genauso wichtig ist, ob und wie die sozialen Lasten ausgeglichen werden”.

Die Frage “Sonntagsruhe versus Vergnügen mit kommerziellem Hintergrund” betreffe grundsätzliche Positionen und gehe weit über reine Verwaltungsentscheidungen hinaus. “Deshalb bin ich sehr dafür, dass sich der Stadtrat mit dem Thema befasst. Im Falle einer Abstimmung muss sich jedes Stadtratsmitglied gemäß seiner persönlichen Überzeugung positionieren. Einen Konformitätsdruck der Fraktionsführungen, sprich Fraktionszwang, lehne ich ohnehin ab”.

Manfred Rapp für die CDU:

Die ausführlichste und umfangsreichste Stellungnahme verfasste Manfred Rapp. Auch der neue CDU-Fraktionschef konnte sich wegen der Sommerpause nicht mit seinen anderen elf Fraktionskolleg*Innen abstimmen. Und er weiß: bei den Christdemokraten gibt es Befürworter wie Gegner der verkaufsoffenen Sonntage. Das hinderte Rapp aber nicht daran sehr differenzierte eigene Überlegungen anzustellen. “Dass sich kirchliche Institutionen für den Erhalt der Schöpfung einsetzen, finde ich als Mitglied einer christlich geprägten Partei, selbstredend gut”, leitet Rapp seine Analyse ein.

Und er bringt seine Freude darüber zum Ausdruck, dass “nun auch der Interessensverband DGB das Thema Umwelt „erkannt“ hat”. Aufgefallen ist dem Christdemokraten, dass für die “Allianz” der DGB Mainz auftritt und spricht. Den Ortsfremden empfiehlt Rapp “einen Rundgang durch ehemals belebte und heute eher traurig anmutende Geschäftsstraßen in der Innenstadt”. Und Manfred Rapp hat gleich auch noch einen Arbeitsauftrag für den DGB, um das Klimaschutzargument beurteilen zu können: “teilen Sie uns bitte mit a) wie hoch der durchschnittliche Ausstoß von Schadstoffen an Werktagen in Bad Kreuznach und b) um wieviel höher der Schadstoffausstoß an verkaufsoffenen Sonntagen im Vergleich zu nicht-verkaufsoffenen Sonntagen ist”.

Jürgen Locher für Die Linke:

Für die Fraktion Die Linke bezieht Jürgen Locher klar Stellung: “An Sonntagen sollte der Handel ruhen. Gemeinsame freie Zeit ist wichtig für das Miteinander in der Familie und der Gesellschaft. Die Zeiten an denen ein großer Teil der Beschäftigten gemeinsam Freizeit hat sind in den letzten Jahren stets weniger geworden. Dieser Trend sollte nicht noch durch verkaufsoffenen Sonntage verstärkt werden. Das Ladenöffnungsgesetz Rheinland-Pfalz ermöglicht aktuell von Montag bis Samstag 90 Stunden Öffnungszeit. Das sollte genügen. Möglichkeiten Bad Kreuznach als attraktive Einkaufsstadt zu zeigen bestehen, besonders an Samstagen, genug. Die Veranstaltungen „Lebendige Salinenstraße“ oder der Stoffmarkt vor wenigen Wochen auf dem neuen Kornmarkt zeigen das sehr deutlich.

Auch das Viertelfest in der Neustadt ist hier zu nennen. Die LINKE lehnt verkaufsoffene Sonntage ab. Wir sind sehr dafür, dass sich der Stadtrat mit dem Thema befasst. Bereits im Januar 2014 hatte die LINKE einen Antrag hierzu in der Rat eingebracht. Er fand damals keine Mehrheit. Damals wollten wir den Mantelsonntag noch als einzigen offenen Sonntag beibehalten. Da aber die Zahl der offenen Sonntage in allen Städten in fast allen Städten in den letzten Jahren stark zugenommen hat, wurde seitens der Gewerkschaft ver.di im Fall von Worms geklagt. Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes ist nun auch der Mantelsonntag in der bekannten Form nicht mehr genehmigungsfähig.

Hans-Gerhard Merkelbach für die Faire Liste:

Seine Meinung muß man nicht immer teilen. Aber was die Gespräche mit Hans-Gerhard Merkelbach interessant macht ist: der Mann von der Liste faires Bad Kreuznach ist ein Schaffer und macht nicht viele Worte. Aber die sind unmißverständlich. Und genau so fällt seine Antwort aus: “bei der Fairen Liste sind die Meinungen verschieden. Von null bis vier verkaufsoffene Sonntage. Ich selbst bin der Meinung, dass vier verkaufsoffene Sonntage ok wären. Zwei bis drei vor Weihnachten und eventuell ein Mantelsonntag”.

Redaktioneller Hinweis:

Die Antworten der Parteien und Listen wurde in der Reihenfolge ihres Einganges wiedergegeben. Selbstverständlich haben wir auch bei Dr. Herbert Drumm (Freie Wähler) angefragt. Aber der hat als einziger nicht geantwortet.

Lesen Sie zum Thema auch auf dieser Seite:

12.07.19 – “Pro City plant Herbstmarkt – Allianz für den freien Sonntag will ihn verhindern”
25.10.18 – “Mantelsonntag findet statt (II)”
16.10.18 – “Mantelsonntag findet statt”