“Kein Freifahrschein für die OBin in den Gewobau-Aufsichtsrat”

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Dem Landesrechnungshof (LRH) paßt die ganze Konstruktion nicht: für die städtische Aufgabe Wohnungsbau braucht es keine Kleingesellschafter bei der Gewobau, meinen die Prüfer. 84,16% beträgt der Stadtanteil. Auf die Kleingesellschafter entfallen zusammen also nur 15,84%. Bei der Besetzung des Aufsichtsrates wird das allerdings nicht deutlich.

8 zu 4 statt 10 zu 2

Zwölf Personen groß ist das Gremium. Gemäß dem Prozentverhältnis der Gesellschafterstruktur müssten 10 Plätze der Stadt zustehen und nur zwei den Kleingesellschaftern. Dem ist aber nicht so. Im alten Aufsichtsrat saßen vier Vertreter*Innen der Kleingesellschafter, doppelt so viele, wie den Gesellschaftsanteilen entsprechen.

Zimmerlin: Fremdbestimmung droht

“Hier droht Fremdbestimmung über städtisches Vermögen”, stellt dazu Wilhelm Zimmerlin fest. Der Ende Mai wiedergewählte BüFEP-Stadtrat bemüht sich schon seit über einem Jahr um mehr Transparenz bei der Gewobau. Eine seiner Forderungen: Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Kaster-Meurer soll den Prüfbericht des LRH endlich offenlegen.

Nur 7 wählen statt 8

Das verweigert die Oberbürgermeisterin nach wie vor. Statt dessen hat sie einen Plan ausgetüftelt, mit dem sie ihre Machtposition bei der Wohnungsbaugesellschaft stärken möchte. Der informellen Gesprächsrunde der Fraktionsvorsitzenden jubelte sie vor einer Woche einen Vorschlag unter, in dem sie die Zahl der vom Stadtrat zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder von 8 auf 7 reduzierte.

Verlieren Grüne Platz an die OBin?

Obwohl das Papier erst zu Sitzungsbeginn verteilt worden war, fiel Zimmerlin die Veränderung gleich auf. Und auch sein Fraktionsvorsitzender Karl-Heinz Delaveaux erkannte sofort den hinter diesem Vorschlag verborgenen Plan. Die Ehefrau des SPD-Stadtverbandsvorsitzenden möchte ihren Genoss*Innen einen dritten Platz im Aufsichtsrat verschaffen. Zu Lasten der Grünen.

Widerspruch von FWG-BüFEP

Bei acht Sitzen stünden je zwei CDU, SPD und den Grünen, je einer der AFD und der FDP zu. Bei sieben Plätzen ändert sich: die Grünen erhalten nur noch einen Posten im Aufsichtsrat. Auf Platz acht wäre Dr. Kaster-Meurer die dritte Sozialdemokratin im Gremium. Widerspruch gab es von den Ökopaxen allerdings nicht. Aber von Delaveaux und Zimmerlin.

Delaveaux lehnt ab

Vor allem wegen der von der Oberbürgermeisterin angeführten Begründung. Ihr stünde der achte Posten automatisch zu, weil sie ja die Stadt vertrete. Dieser neuen Interpretation kann Karl-Heinz Delaveaux “ganz und gar nicht zustimmen”. Er erinnert an die über Jahrzehnte geübte Praxis, den Platz für das jeweils zuständige Stadtvorstandsmitglied dessen jeweiliger Partei abzuziehen.

Parteiticket statt Amtsbonus

Wie dies vor Jahren mit dem Bürgermeister gehandhabt worden sei. Der war damals noch CDU-Mitglied. Daher wurde er auf dem Ticket der Christdemokraten in den Aufsichtsrat gewählt und von dem zu seinem Vorsitzenden. Delaveaux weiß auch noch, dass Dr. Kaster-Meurer selbst vor rund drei Jahren als SPD-Vertreterin in den Aufsichtsrat kam – und nicht als Oberbürgermeisterin.

Widerstand angekündigt

“So kann sie das mit uns nicht machen”, kündigt die FWG-BüFEP-Fraktion an. “Von uns gibt es keinen Freifahrschein für die OBin in den Gewobau-Aufsichtsrat”. Die beiden Herren haben bereits einen Antrag für den am kommenden Donnerstag tagenden Stadtrat gestellt. Darin wird verlangt, dass mindestens acht Aufsichtsratsmitglieder vom Stadtrat bestimmt werden.

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