Stadt hebt Widerspruchsbescheid gegen Valentino vor dem Verwaltungsgericht auf

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Die Stadtverwaltung hat den an Antonio Valentino adressierten Widerspruchsbescheid zum Tourismusbeitrag 2017 vom 18. Mai 2018 zurückgenommen. Die Entscheidung des Stadtrechtsausschusses vom 23. März 2018 ist damit null und nichtig. Mit diesem beitragsrechtlichen Paukenschlag endete gestern Mittag gegen 13 Uhr die Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Koblenz.

Rolf Bühring, Gerd Cremer (beide BüFEP) und Gabriele Stroh (von links) unterstützten Antonio Valentino beim Verwaltungsgericht in Koblenz.

Praktisch bedeutet das: der Widerspruch des Mister vom Ponte Vecchio muß erneut vom (am 27. Juni 2019 vom Stadtrat neu zu besetzenden) Stadtrechtsausschuß verhandelt werden. Da die vom Gesetz dafür definierte Frist längst überschritten ist, könnte Valentino sofort Untätigkeitsklage beim Verwaltungsgericht erheben. Das wird der Gastronom aber voraussichtlich nicht tun. Er hofft nach wie vor auf eine Lösung vor Ort.

Präsident fand Fehler

Die auch für Kenner der Materie vollkommen überraschende Entwicklung in der gestrigen Verhandlung geht auf eine gründliche Prüfung der Akten durch die 5. Kammer des Verwaltungsgerichtes zurück. Das unter Vorsitz des Verwaltungsgerichtspräsidenten Dr. Ralf Geis tagende fünfköpfige Richtergremium hatte festgestellt, dass der Widerspruchsbescheid einen erheblichen formalen Fehler des Stadtrechtsausschußes dokumentiert.

Stadt statt GuT

Das örtliche Dreigestirn unter Leitung von Stadtverwaltungsrätin Nicola Trierweiler in der Besetzung mit Günter Sichau (Grüne) und Lisa Lutzebäck (SPD) hatte ausweislich von Protokoll und Widerspruchsbescheid die Sache als “Valentino gegen Stadt Bad Kreuznach” geführt, verhandelt und entschieden. Das aber widerspricht der in Bad Kreuznach – einzigartig im gesamten Bundesland – praktizierten Art der Beitragserhebung.

Bei Festen hui, beim Beitrag pfui

Diese ist nämlich an eine GmbH, die GuT, übertragen. Die von Dr. Michael Vesper geleitete Tourismusorganisation, die erfolgreich Messepräsentationen und Feste organisiert, muß daher seit Ende 2015 auch Beiträge erheben. Und wie Antonio Valentino an unzähligen Beispielen aufdeckte, kann die GuT das nicht nur nicht gut, sondern gar nicht. Gegen den GuT-Vorausleistungsbescheid für 2017 vom 22.11.17 hatte der Gastronom am 28.11.17 Widerspruch eingelegt.

Keine Fachperson einbezogen

Und den auch korrekt an die GuT adressiert. Diese gab das Verfahren dann im Dezember 2017 an den Stadtrechtsausschuß ab. Ohne das gesetzlich vorgeschriebene interne Abhilfeverfahren durchzuführen. Schon in diesem verwaltungsinternen Zwischenschritt hätte sich die dann anschließende und bis heute andauernde Pannen- und Fehlerserie frühzeitig und geräuscharm beenden lassen. Wenn eine Fachperson einbezogen worden wäre.

Termin platzte

Statt dessen übernahm Stadtverwaltungsrätin Nicola Trierweiler den Fall. Und terminierte die erforderliche Sitzung des Stadtrechtsausschusses erst, nachdem Valentinos Steuerberater Martin Reiber (Waldalgesheim) ein Klagererzwingungsverfahren ankündigte. Der erste für den 23. Februar 2018 angesetzte Termin des Stadtrechtsausschuß platzte. Wegen Befangenheit eines Ausschußmitgliedes.

Zweite Verhandlung am 23.3.18

Trierweiler hatte – trotz schriftlichem Warnhinweis des Steuerberaters – ein damaliges GuT-Aufsichtsratsmitglied (Bernhard Thorn, Linke) als Beisitzer in den Stadtrechtsausschuß geladen. Die zweite Verhandlung fand dann am 23. März 2018 statt. Dort konnte Valentino – unterstützt durch eine Auskunft des Finanzamtes Bad Kreuznach – zwar erreichen, dass der von ihm verlangte Beitrag um rund 40% niedriger festgesetzt wurde.

Widerspruchsbescheid vom 18.5.18

Aber seine sonstigen Hinweise und Argumente wurden beiseite geschoben. Schriftlich dokumentiert ist das in dem nun vom Verwaltungsgericht geprüften Widerspruchsbescheid vom 18.5.18 (Az: 30-11.2146/17). In dem ist als Widerspruchsgegnerin die Stadt mit Oberbürgermeisterin Dr. Kaster-Meurer angegeben (und nicht die GuT). Dr. Kaster-Meurer ist per Gesetz auch Vorsitzende des Stadtrechtsausschusses.

Umsatzanfragen für 2017

Und darf sich nun – entweder persönlich oder durch ihre Fachjuristinnen – wieder mit der Sache beschäftigen. Für die Stadtverwaltung kommt die gestrige Entscheidung zur Unzeit. Obwohl Anfang März 2019 die amtlichen Bekanntmachungen der neuen, vom Stadtrat am 21.2.19 beschlossenen Beitragssatzung veröffentlicht wurden, waren erst über 2 Monate später, kurz vor der Kommunalwahl Ende Mai erste Umsatzanfragen für 2017 verschickt worden.

Nur formale Gründe

Mitten in dieser Datenerhebungsphase wird das Vertrauen der Beitragspflichtigen durch die vom Verwaltungsgericht im Einzelfall Valentino aufgeworfenen “Bedenken an der Rechtmäßigkeit aus formalen Gründen” auf die Probe gestellt. Für Stadt und Gericht ist von Bedeutung, dass mit der gestern getroffenen Regelung keinerlei inhaltliche, sondern ausschließlich formale Fragen geklärt wurden.

Extra Akteneinsicht am Vortag

Dabei hatte sich Antonio Valentino mit seinem Team gerade auf die inhaltliche Auseinandersetzung vorbereitet – und 41 Beweisanträge schriftlich ausgearbeitet. Eigens zur Klärung zweier Detailfragen war Valentino noch am Donnerstag vor der Verhandlung zu einer vom Gericht unbürokratisch und kurzfristig gewährten Akteneinsicht nach Koblenz gefahren.

Beitragsrechtlichen Fleißarbeit

Mit seiner beitragsrechtlichen Fleißarbeit wollte der Kläger gegen den Tourismusbeitrag das Gericht von einer Vielzahl von – teilweise krassen – Rechtsverstössen im Zusammenhang mit der praktischen Durchführung des Beitragserhebungsverfahren überzeugen. Daraus wird jetzt zunächst nichts. Weil jetzt erst mal wieder der Stadtrechtsausschuß am Zug ist (weiterer Bericht folgt).

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12.06.19 – “Antonio Valentino eröffnet Runde 2 im Kampf gegen den Tourismusbeitrag”
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08.04.19 – “Roger Emmert zahlt keinen Fremdenverkehrsbeitrag 2015”
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09.11.18 – “Falschaussage vor dem OVG”
31.10.18 – “Tourismusbeitrag auf der Kippe”
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