Jahrmarkts-Standgelder werden nach 26 Jahren erhöht: um 5 Cent je Besucher

Bis zu 500.000 Menschen besuchen laut Stadtverwaltung das Volksfest. Die Standgelder werden insgesamt um rund 24.700 Euro erhöht. Also um 5 Cent je Gast. Je nach Aufwand für die Sicherheitsmaßnahmen bedeutet dies: die Gäste tragen mir ihren Umsätzen je Besuch mit etwa 40 Cent zum Gelingen bei, die über 52.000 Einwohner*Innen der Stadt auch ohne Besuch mit je rund 1,2 Euro pro Jahr.

Schon im Juni in den Stadtrat

Obwohl die Erhöhung also sehr moderat ausfiel, lieferte sie gesten Abend im Jahrmarktsausschuß Anlaß zu intensiven Diskussionen. Markus Schlosser hatte das geahnt und die 10 Ausschußmitglieder zu einer “kurzen Tagesordnung, die es in sich hat” begrüsst. Die am Ende verabschiedete Vorlage soll laut Schlosser schon Mitte Juni in der konstituierenden Sitzung des neuen Stadtrates beschlossen werden.

Schon 2018 Mehreinnahmen von 22.500 Euro

Denn “nach dem Jahrmarkt ist vor dem Jahrmarkt” weiß der Beigeordnete und meint damit, dass die Ausschreibung für das 2020er Volksfest bereits in diesem Spätsommer erfolgt, mithin direkt nach der kommunalpolitischen Sommerpause. Schlosser erinnerte daran, dass die Verwaltung durch die Einführung von Bewerbungsgebühren und zusätzliche Wohnwagenmieten bereits in 2018 Mehreinnahmen von rund 22.500 Euro generiert habe.

Bauhof-Kosten im Fokus

Demzufolge werde ein “ordentlicher Konsoldierungsbeitrag einnahmeseitig” erzielt. Der Beigeordnete möchte aber auch auf der Ausgabenseite sparen. Konkret sprach er die “internen Kosten des Bauhofes” an. Er habe sich die ein oder andere Rechnung bereits genauer angeschaut und sei dabei “auf Zahlen gekommen, die nicht so stehen bleiben können”. Dies müsse aber intern geklärt werden und sei kein Thema für die grosse Bühne.

Container kaufen statt mieten?

Als ein zweites Beispiel für die ausgabenseitige Konsolidierung führte Markus Schlosser später die Polizeicontainer an, deren Miete mit 12.000 Euro per anno zu Buche schlage. “Würden wir die kaufen, finanzieren und auf 15 Jahre abschreiben, fallen nur Kosten von rund 3.500 Euro im Jahr an”, rechnete der Beigeordnete vor. Um auch diese Überlegung sogleich wieder in den verwaltungsinternen Bereich zu verweisen.

Autoscooter zahlen nicht mehr

Die Ausschußmitglieder orientierten sich mit ihren Fragen stärker an der Verwaltungsvorlage. Karl-Josef Flühr etwa wollte wissen, warum Autoscooter von der Erhöhung ausgenommen werden sollen. Jahrmarktsbürgermeister Mathias Weyand wies auf die Abrechnung nach Quadratmetern hin, die die Autoscooter erheblich belaste, weil es sehr flächenintensive Fahrgeschäfte sind.

Zimmerlin hinterfragte

Wilhelm Zimmerlin (BüFEP) eröffnete dann die Generalaussprache über die Frage, wieso eine Veranstaltung mit Millionenumsätzen, an denen hunderte verdienen, zu einem Minus in der Stadtkasse führt. Zimmerlin hinterfragte die Verwaltungsposition, demnach bei den sehr unterschiedlichen Gebührenerhöhungen die jeweilige Erlössituation der Schausteller berücksichtigt worden sei.

Schlosser: “Platzbeobachtungen”

“Wie mißt die Verwaltung, dass ein Schausteller mehr oder weniger verdient?” wollte Zimmerlin wissen. Markus Schlosser mußte in seiner Antwort zugeben, dass der Verwaltung weder konkrete Frequenzbeobachtungen noch statistische Auswertungen der Finanzverwaltung vorliegen. Bei den Annahmen der Verwaltung handele es sich um “Platzbeobachtungen” und “Erfahrungen”. Mit diesen Allgemeinplätzen mochte sich Lothar Bastian nicht abfinden.

Bastian: lediglich Inflationausgleich

Der Grünen-Stadtrat führte aus, “diese Vorlage ist nicht die Vorlage, die wir letztes Jahr im Finanzausschuß und in der Arbeitsgruppe Haushaltskonsolidierung erwartet haben”. Er kritisierte, dass die Verwaltung 26 Jahre nichts gemacht habe. Die vorgeschlagene Erhöhung führe lediglich zu einem Ausgleich der Inflation. Zudem habe die Verwaltung die zugesagten Gebührensatzungen anderer Kommunen nicht vorgelegt.

Ralf Leonhard als Sachverständiger

Bastians Ansage: “Der Jahrmarkt muß kostendeckend veranstaltet werden”. Auf der Basis dieser Forderung entwickelte sich eine Diskussion darüber, welche Kosten hier angerechnet werden sollen. Erich Menger, Karl-Heinz Delaveaux, Rainer Wirz, Alfons Sassenroth und andere Ausschußmitglieder schloßen sich einem Hinweis des Schausteller-Sprechers Ralf Leonhard an. Der war als Sachverständiger zur Teilnahme an der Sitzung beigeladen worden.

Menger forderte Ausschuß-Beschluß

Und brachte unmißverständlich zum Ausdruck, wer die fünfstelligen Sicherheitskosten tragen sollte: die Steuerzahler – und nicht die Schausteller. Denn die Terroristen wendeten sich ja nicht gegen das Volksfest, sondern gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Erich Menger wollte diese Position sogleich per Ausschuß-Beschluß festklopfen. Schlosser konnte ihn nur mühsam daran hindern.

Drei Neinstimmen

Schließlich brachte der Beigeordnete seinen Antrag leicht modifiziert zur Abstimmung. Neben ihm selbst stimmten alle vier SPD- und die drei CDU-Ausschußmitglieder dafür. Dagegen stimmten Wilhelm Zimmerlin (BüFEP) und Lothar Bastian (Grüne). Sie schätzten die Erhöhungen nicht weitgehend und nicht transparent genug ein. Die dritte Nein-Stimme kam von Karl-Heinz Delaveaux (FWG). Allerdings aus ganz anderen Gründen.

Delaveaux wollte Naheweinzelt schonen

Er lehnt es ab “die Kosten für die Schausteller weiter explodieren zu lassen”. Besonders geärgert hat ihn die Gebührenerhöhung für das Naheweinzelt. “Da wird kein Geld verdient” weiß Delaveaux. Im Vergleich zu früher sei das Naheweinzelt “nur noch sporadisch gut besucht”. Der Bauern- und Winzerverband habe es immer schwerer alle Standplätze im Zelt an Winzer zu vergeben.

Zitate aus der Verwaltungsvorlage:

“Um den Kostendeckungsgrad des Kostenträgers Jahrmarkt zu verbessern hat der Ausschuss für Messen und Märkte die Verwaltung zu einem Vorschlag hinsichtlich der Einnahmenerhöhung aufgefordert. Der Tarif der Stadt Bad Kreuznach über die Erhebung von Entgelten für die Durchführung von Veranstaltungen wurde letztmals im Jahr 1993 angepasst. Folgende Änderungen des Tarifes der Stadt Bad Kreuznach über die Erhebungen für die Durchführung von Veranstaltungen (2.1 Platzgeld) werden vorgeschlagen:

Keine Änderungen sollen vorgenommen werden bei den Sparten Autoscooter, Verlosung, Rutschbahn, Sonstige Ausspielungen (Pfeilwerfen, Ballwerfen, Entenangeln, Torwandschießen, Sonstige), Schießhallen, Sonstige/-Sonderfahrgeschäfte (derzeitiger Rahmen bis 3.000,00 EUR genügt um Erhöhungen vorzunehmen), Verkaufsstände im Händlerbereich.
Diese Bereiche (mit Ausnahme Sonstige-/Sonderfahrgeschäfte) würden möglicherweise keine Erhöhung „verkraften“.

Die vorgeschlagenen Änderungen würden, basiert auf die Zulassungen zum Jahrmarkt 2019, eine Einnahmeerhöhung von rund 24.700 EUR bedeuten. Soweit möglich wurde der Vorschlag unter Einbeziehung verschiedener Faktoren erörtert.

Wie z.B. Preisentwicklungen, Anzahl Bewerbungen je Sparte, Fahr-/Verkaufspreise, Aufwand bei Auf-/Abbau, notwendiger Personalaufwand, Größe der Stände, Anzahl Sitzplätzen von Fahrgeschäften, Auslastungen, Besucherzahlen.

Da die letzte Standgeldanpassung nunmehr 26 Jahre zurück liegt sind in den für Erhöhungen infrage kommenden Sparten teilweise hohe zweistellige prozentuale Änderungen vertretbar. Unter Berücksichtigung der in 2018 eingeführten Bearbeitungsgebühr für Bewerbungen in Höhe von 15 EUR und der Gebühr für das Abstellen von Wohn-/Mannschaftswagen während des Jahrmarktes in Höhe von 50 EUR je Wagen, sollte bei Umsetzung des Vorschlages in den nächsten Jahren allerdings auf eine weitere Erhöhung verzichtet werden.

Prozentual gesehen würde sich die vorgeschlagene Standgeldänderung bezogen auf die Zulassungen zum Jahrmarkt 2019 auf die einzelnen Sparten wie folgt auswirken (in Klammern die absoluten Werte): Ambulante: +14,4% (29 EUR), Ausschankstände: +20,8% (481 EUR), Automatenausspielung: +36,9% (2.697 EUR), Gartenwirtschaften: +32,4% (2.859 EUR), Geisterbahn: +16,7% (391 EUR), Hochbahn: +7,8% (500 EUR), Imbiss-u. Ausschankstände: +22,0% (2.271 EUR), Imbissstände: +12,3% (2.181 EUR), Kinderfahrgeschäfte: +9,5% (738 EUR), Kino: +31,0% (281 EUR), Laufgeschäft: +11,5% (813 EUR), Ponyreitbahn: +34,7% (121 EUR), Riesenrad über 30m: +24,8% (694 EUR), Rundfahrgeschäft über 15m: +32,3% (4.121 EUR), Sonstige-/Sonderfahrgeschäfte: +17,2% (1.750 EUR), Süßwarengeschäfte (ohne Mandeln): +23,9% (1.552 EUR), Süßwarengeschäfte (mit Mandeln): +14,9% (664 EUR), Zeltwirtschaften -Großzelt: +44,7% (1.613 EUR), Zeltwirtschaften –Kleinzelt: +32,4% (943 EUR)”