Tourismusbeitrag zum 1.1.18 abgeschafft

Das wars. CDU, FWG, Parteilose Fraktion, FDP, Faire Liste und Michael Boos (SPD) haben den Tourismusbeitrag abgeschafft. Wirksam wird diese Entscheidung rückwirkend zum 1.1.18. Das bedeutet: die Abgabe wird für 2016 (als Fremdenverkehrsbeitrag) und 2017 noch kassiert. Und dann nicht mehr. Dafür votierten 20 Mitglieder (13 CDU, 2 FWG, 2 Parteilose, 1 FDP, 1 Faire Liste und Michael Boos, auch wenn die Oberbürgermeisterin nur 18 angab), die vier Grünen enthielten sich und 16 stimmten dagegen (12 SPD, 1 Linke, 1 Dr. Drumm, 1 BüfEP und die OBin).

CDU machte den Anfang

Bereits für die Stadtratssitzung am 14.6.18 hatte die CDU-Fraktion genau das beantragt, ließ sich aber zu einem Verweisungsbeschluss in den Finanzausschuss überreden, wo der Antrag am 16.10.18 vorläufig scheiterte. Als die Christdemokraten dann in der Stadtratssitzung am 25.10.18 an eine endgültigen Abstimmung im Rat erinnerten (Wortführerin: Dr. Bettina Mackeprang), wurde dies von Dr. Kaster-Meurer, wie jetzt feststeht: rechtsfehlerhaft, abgeblockt. “Die Dr. med. wollte der Dr. jur. Nachhilfeunterricht geben, das musste ja schief gehen”, lachte gestern Abend ein CDU-Fraktionsmitglied.

FWG vollendete

Die erkennbar rechtswidrige Vorgehensweise von Dr. Kaster-Meurer griff die FWG-Fraktion schon vor zehn Tagen auf und stellte zwei formvollendete Anträge für die gestrige Stadtratssitzung. Einen auf Aufhebung der Satzung für 2016, einen entsprechenden für 2017. Im Vorfeld der Sitzung wurde dann viel telefoniert und geredet. Ergebnis: Die FWG zog den Antrag gegen 2016 zurück und erklärte sich damit einverstanden, das Ende des Tourismusbeitrages erst zum 31.12.17 zu akzeptieren.

Erfolg für Delaveaux und Kleudgen

Das machte es der CDU möglich, dem eigenen Antrag unter dem Label “FWG” zuzustimmen. Karl-Heinz Delaveaux und Wolfgang Kleudgen konnten damit nach dem Erfolg mit ihrem Antrag zur Abgabe des Jugendamtes an den Kreis ein zweites prestigeträchtiges Votum verbuchen. Grosser Verlierer der Entscheidung: die SPD-Fraktion, Oberbürgermeisterin Dr. Kaster-Meurer, Bürgermeister Heinrich und die Stadträte Dr. Herbert Drumm (Freie Fraktion) und Jürgen Locher (Linke). Bis zuletzt hatten diese sich für die Fortsetzung der Beitragserhebung ausgesprochen.

SPD kritisiert Lügner nicht

Vor allem das sture Festhalten der Sozialdemokraten an einem Beitrag, den nicht nur Betroffene als “inhaltlich fragwürdig” einschätzen und dessen Erhebungsverfahren jeder Beschreibung spottet, hat Beobachter sehr verwundert. “Wenn nicht einmal die Lüge eines führenden städtischen Mitarbeiters vor Gericht die SPD nachdenklich werden lässt – was denn dann?” fragt der Frontmann der Widerspruchsführer, Antonio Valentino. Diese Frage richtet sich vor allem an die Partei- und Fraktionsführung unter Günter Meurer und Andreas Henschel. Die ging in der Stadtratssitzung mit keinem Wort auf die vom Team Valentino aufgedeckten Rechtsverstösse und Pannen beim Beitragserhebungsverfahren ein.

Leonhard: “der Kunde bezahlts”

An der SPD-Basis gab es sehr wohl Bewegung. Schon der früherer sozialdemokratische Ratsherr Ralf Leonhard, heute für den Bundesverband des Schaustellergewerbes einer der überregionalen Aushängeschilder der Stadt, hatte für seinen Verband und aus eigener Überzeugung klar Stellung bezogen gegen eine Abgabe, “die letztendlich nur vom Kunden bezahlt wird”. Das sind in seiner Wahrnehmung die Besucher auch von Volksfesten und Märkten, also “die kleinen Leute”.

Kritiker-Respekt für Michael Boss

Und auch aktuelle SPD-Mandatsträger haben die vielfältigen Defizite erkannt und gegen den Beitrag votiert. Wie SPD-Stadtrat Michael Boos, der bereits am 25.10.18 mit der grossen Ratsmehrheit gegen die “Kalkulationswillkür” der Verwaltung gestimmt hatte und konsequent auch gestern Abend für den FWG-Antrag die Hand hob. Auch wenn er dafür, wie die missbilligenden Blicke seiner Parteifreunde zeigten, wieder einiges an Mecker wird ertragen müssen. Der Respekt der Beitragskritiker ist ihm sicher.

Valentino: “auf die Menschen gehört”

Antonio Valentino, der mit seinem Team seit Ende 2017 engagiert gegen “die Ungerechtigkeiten der Abgabe und die Pannen im Erhebungsverfahren” gekämpft hatte, erlebte das Totenglöcklein des Tourismusbeitrages live in den Reihen der ZuhörerInnen. “Das war eine sehr wichtige Entscheidung, denn die Kommunalpolitiker haben am Ende auf die Menschen wenigstens ein bisschen gehört”, freute sich der Inhaber vom Ponte Vecchio.

Nächstest Ziel: 2017 beim OVG stoppen

Klar ist für Valentino, wie es für die beiden verbliebenen Beitragsjahre jetzt weitergeht. Im Dezember 2018 wird das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (OVG) sein Urteil über 2017 fällen. Und im kommenden Jahr verhandelt dann das Verwaltungsgericht Valentinos Widerspruch gegen den Beitragsbescheid für 2016. Sein Ziel: auch für diese beiden Jahre soll kein Beitrag kassiert werden bzw bereits verbuchte Beträge zurückgezahlt werden. “Danach können wir darüber sprechen, wie man es richtig macht”, kündigt Antonio Valentino an.

Meinung: der kurze Weg der SPD in die Bedeutungslosigkeit

“Jetzt lädt er euch zur Pizza ein” rief SPD-Stadtparteichef und OberbürgermeisterInnen-Gatte Günter Meurer den Mitgliedern der CDU-Fraktion zu, als sich Antonio Valentino nach der Entscheidung gegen den Tourismusbeitrag zur Weiterarbeit in seiner Trattoria verabschiedete. Wenn derartige Kommentare das Niveau der örtlichen SPD definieren, wird sich der Bundestrend, der die Sozialdemokraten bei 14% sieht, auch an der Nahe schnell durchsetzen. Wer Lügner politisch ungestraft davon kommen lässt, nur weil sie die eigenen Pläne unterstützen, dem politischen Gegner Bestechlichkeit vorwirft und die Verschiebung von Etatberatungen mit einer gemessen am 140-Millionen-Euro-Haushalt unbedeutenden Einzelentscheidungen begründet, nur weil die einem nicht passt, verabschiedet sich aus dem seriösen kommunalpolitischen Streit.

Statt über eine Abstimmungsniederlage nach der anderen in Selbstmitleid zu zerfliessen und die Schuld immer bei Dritten zu suchen, sollte sich die SPD mal fragen, wieso aus Ihrer Hoffnungsträgerin Dr. Heike Kaster-Meurer eine Belastung geworden ist. Die Antwort ist so einfach, wie unangenehm für die SPD: die rote Oberbürgermeisterin bricht ein Wahlversprechen nach dem anderen. Einst forderte sie eine Politik “raus aus den Hinterzimmern” – und hat bis heute mehr nichtöffentliche und informelle Treffen, zB im Kreis der Fraktionvorsitzenden abgehalten, als ihre direkten Vorgänger.

Sie kündigte Transparenz an, löst diese Zusage aber nur in Form von Persönlichkeitswerbung sich betreffend ein: wenn die OBin diesen grüsst und jenen verabschiedet, steht das Minuten später mit Bild und in Farbe auf der Stadtseite und wird von ihrer persönlichen Pressesprecherin auf Stadtkosten an die Medien (natürlich nicht an alle) verbreitet. Die Tagesordnungen und Beschlussvorlagen für Ausschusssitzungen, also das was die normalen BürgerInnen interessiert, werden erst Tage verzögert eingestellt. Und bei der von ihr versprochenen Bürgernähe beschränkt sie sich auf jene, von denen sie sich Unterstützung für ihr zentrales Anliegen “Wiederwahl 2022” verspricht.

Immer mehr nicht eingehaltene Zusagen. Immer mehr verschobene Projekte. Immer mehr Menschen merken das. Auch innerhalb der SPD-Parteibasis. Aber deren vorsichtige Kritik wird niedergeknüppelt. Wer Zweifel an Kaster-Meurer äussert oder gar auf Fehler hinweist, wird als Parteischädling hingestellt. Und damit ist das Schicksal der örtlichen SPD absehbar. Mit dem blondschöpfigen Klotz am Bein nimmt sie den kurzen Weg in die kommunalpolitische Bedeutungslosigkeit. Und lässt damit die kleinen Leute im Stich, die sich weder einen Kaminofen Wiking Pala 4 im Sonderangebot noch ein Zweithaus auf dem Land leisten können.

Strigidus Minor