Stadtjugendamt soll zum Kreis

Mit 21 Jastimmen gegen 20 Neinstimmen von SPD, Grünen, Linken, Dr. Drumm und Oberbürgermeisterin beschloss der Rat der Stadt gestern Abend die Abgabe des Jugendamtes an den Kreis. Die FWG hatte den Antrag gestellt mit dem Ziel, den städtischen Haushalt damit um einen sechsstelligen Betrag zu entlasten. Wolfgang Kleudgen trug eine inhaltsschwere und umfassende Begründung vor. Er räumte ein, dass es auch gute Argumente für die Gegenseite gäbe und schloss seine Argumentation mit der Frage ab: “Warum sollte es der Kreis schlechter machen als die Stadt?”

Dr. Drumm: “Zentrum für Sozialfälle”

Diese Frage wurde von den Anhängern des städtischen Jugendamtes nur fragmentarisch beantwortet. Ganz konkrete Nachteile wurden nicht benannt. Dr. Drumm führte als Einwand an, die Stadt habe sich “zum Zentrum für Sozialfälle entwickelt”. Dadurch sei eine besondere Situation entstanden, die die Beihaltung des Jugendamtes rechtfertige. Aber was konkret die Arbeit für Kinder und Jugendliche in Meisenheim, Kirn und Rüdesheim so ganz anders macht, als in Bad Kreuznach, legte er nicht dar.

OBin: “Zuzugsziel armer Menschen”

Auch die Oberbürgermeisterin stellte die Stadt als Zuzugsziel “aller armen Menschen, die Hilfe brauchen” dar. Sie behauptete, die Präventivarbeit mit dem eigenen Jugendamt sei “deutlich preisgünstiger, weil wir ambulant arbeiten”. Sie könne aus familien- und sozialpolitischer Sicht der Abgabe nicht zustimmen. Jürgen Locher (Linke) warb dafür, “durch Investitionen heute, zukünftig Gestaltungsspielraum zu behalten”.

Bläsius: “gute Struktur ausgegliedert”

Hermann Bläsius (Grüne) hätte am liebsten das Weihnachtslied “Alle Jahre wieder” angestimmt. Das scheiterte nur an seinen gesanglichen Defiziten. Er empfand es “als miese Kiste” das Thema Jugendamt nur unter dem finanziellen Aspekt und immer im Zusammenhang mit den Etatberatungen zu behandeln. Seine Befürchtung: eine gut funktionierende Struktur werde ausgegliedert.

Henschel: “Sorgen und Ängste”

SPD-Fraktionschef Andreas Henschel trug seine Sorgen und Ängste vor. Er habe Angst vor einer Abstimmung, die nicht richtig bedacht sei und “grosse grosse Bedenken”. Er erkannte in der Entscheidung “eine ideologische Frage”. Die Einschätzung der Mehrheit, der Kreis leiste nicht weniger als die Stadt, mochte Henschel nicht teilen: “ich habe Sorgen, das sind alles so Hypothesen”.

Meurer: Antrag auf namentliche Abstimmung

Günter Meurer hatte in dieser Zeit einen Antrag auf namentliche Abstimmung schriftlich vorbereitet, sammelte die notwendigen 11 Unterschriften ein und übergab diesen seiner Frau zur Abstimmung. Die führte zu einer Ablehnung des Meurer-Antrages. Leider gab die OBin nur die Jastimmen an (17), nicht aber die Neinstimmen und Enthaltungen. Zwischenrufe aus der SPD-Fraktion während und nach der Abstimmung: “Feiglinge” (um nur einen zitierfähigen anzuführen).

Klopfer: Beschluß schafft Spielraum für Lösung

Zuvor kamen auch die Befürworter der Abgabe zu Wort. CDU-Fraktionschef Werner Klopfer warb dafür, den Schritt jetzt zu wagen. Da die Kündigung erst zum 31.12.19 wirksam werde, bleibe genügend Zeit auch eine andere, die Stadt finanzielle entlastende Lösung zu finden. Wilhelm Zimmerlin (BüfEP) hatte wenig Verständnis dafür, dass die Befürworter die städtische Trägerschaft “wie eine Monstranz” vor sich her tragen. Er wies unter Benennung der Dienstgebäude nach, dass der Übergang von Stadt zu Kreis räumlich nicht zu einer Entfernung führe. Und Anna Maria Roeren-Bergs widersprach den teils offen teils unterschwellig zum Ausdruck gebrachten Befürchtungen, der Kreis arbeite in Jugendfragen ganz anders als die Stadt.