Offene Moschee

Koran-Zitate in arabischen Schriftzeichen. Türkisches Dekor. Schrifttafeln in deutscher Sprache. Wer am Tag der deutschen Einheit die Einladung zur Besichtigung der Moschee in der Mühlenstrasse annahm, hatte einiges zu entdecken. Natürlich die sprichwörtliche Gastfreundschaft. Nicht nur weil es Tee und Gebäck gab. Sondern weil die Freude auf Fremde, die sich für das islamische Gotteshaus interessieren, nicht nur bei den Funktionsträgern, sondern auch bei den normalen Gemeindemitgliedern erkenn- und spürbar war.

Und tatsächlich nutzten einige Nichtmuslime und Nichtmigrationsdeutsche den bundesweiten Besuchstag. Wer von diesen das Glück hatte die Führung durch das Gebäude mit Cihan Sen, dem Vorsitzenden des Trägervereines zu machen, bekam nicht nur wertvolle Informationen zur Gemeinde vor Ort und islamischen Riten und Gebräuchen. Sondern auch aktuelle Informationen und Sichtweisen zu den Moschee-Neubauplänen.

Diese hat der Vereinsvorstand per Beschluss zunächst auf Eis gelegt. “Wir wollen nicht mit der Brechstange arbeiten” erklärt Sen diese Vorgehensweise, mit der die Gemeinde vorläufig auf das ihr bereits zustehendes Baurecht verzichtet. Die Kritik an den Neubau-Plänen hat Spuren hinterlassen. Als Zuhörer einer Stadtratssitzung haben einige Gemeindemitglieder erlebt, dass man in Bad Kreuznach von der Erkenntnis des früheren Bundespräsidenten Wulf, auch der Islam gehöre mittlerweile zu Deutschland, vor Ort noch weit entfernt ist. Aufgrund der aktuellen weltpolitischen Grosswetterlage mit dem Konflikt zwischen der Erdogan-Türkei und Deutschland hat Sen Verständnis für die Kritik, die seine Ditib-Gemeinde aufgrund der Nähe zum Staat am Bosporus einstecken muss, auch wenn er diese nicht teilt.

“Wir treten dem mit Offenheit entgegen”, erklärte Sen dazu. “Jede und jeder kann jederzeit zu unseren Öffnungszeiten zu uns kommen und sich ein eigenes Bild machen, nicht nur an dem offiziellen Besichtigungstag”. Wer dieses Angebot nutzt wird Interessantes erfahren. Zum Beispiel, dass die besonders strittigen Minarette kein Pflichtbaubestandteil von Moscheen sind. Und dass die elektronischen Zahlentafeln nicht der Überwachung von Börsengeschäften dienen, sondern der exakten Anzeige der fünf täglichen Gebetszeiten, die ein Moslem einhalten kann – aber nicht muss.

Pick und Schlosser waren da

Einer der Besucher, die schon seit Jahren gute Kontakte zur Mühlenstrassen-Moschee pflegen und deren Entwicklung aus erster Hand kennt, ist Ausländerpfarrer Siegfried Pick. Trotz anderer Verpflichtungen ließ er es sich auch 2018 nicht nehmen mit guten Beispiel voran zu gehen und die Ditib-Gemeinde zu besuchen. Erstmals am Tag der deutschen Einheit in einer Moschee: Beigeordneter Markus Schlosser (CDU). Er wollte sich vor Ort einen eigenen Eindruck verschaffen und fand in den Erklärungen Cihan Sens eine gute Basis für weitere Gespräche. Von den Besuchten wurde aufmerksam registriert, dass sich Schlosser viel Zeit nahm und seinen Besuch nicht wie einen lästigen Pflichtermin abwickelte.

Schlecht informiert

Über das seinerzeitige Erstaunen der Stadtspitze (damals noch ohne Schlosser), die nach eigenem Bekunden nicht gewusst haben will, dass bei Ditib-Gemeinden nicht der örtliche Verein, sondern der Bundesdachverband als Käufer auftritt, zeigten sich Sen und Pick verwundert: “Da muss man nur unter Ditib googlen und hat nach 2 Minuten das Ergebnis, das hätte man leicht wissen können”.