Mit DAWI gegen den Tourismusbeitrag

Antonio Valentino konnte nicht dabei sein. Zu viele Vorbestellungen in seiner Trattoria “Ponte Vecchio” machten ihm die Teilnahme an der Stadtratssitzung als Zuhörer unmöglich. Dabei stand, ohne dass es die Verantwortlichen bemerkt hätten, die Zukunft des Tourismusbeitrages auf der Tagesordnung. Und um die zu beenden brauchten die Kommunalpolitiker nicht einmal 2 Minuten. Ohne jede Nachfrage und einstimmig nickte das Ratsrund am 27.9.18 einen laut Beschlussvorlage rund 1,8 Millionen Euro teuren Verwaltungsvorschlag ab.

Der siebenstellige Betrag wurde bereits im Vorjahr aus der Stadtkasse an die städtische GuT GmbH überwiesen. Das ist aber nach europäischem Recht nur möglich, wenn der Zahlung eine “gemeinwirtschaftliche Verpflichtung” zugrunde liegt. Die EU meint damit den Ausgleich eines Defizits, das entstanden ist, weil (in diesem Fall die GuT) nicht kostendeckende Leistungen erbringt, die der Allgemeinheit zugute kommen. In Brüssel werden diese Aufwendungen “DAWI-Leistungen”* genannt. Ausgaben, von denen nur Teile der Bevölkerung profitieren (können), dürfen – so die Vorschriften für alle EU-Staaten – nicht subventioniert werden.

“DAWI oder Beitrag”

Und hier kommt jetzt der Tourismusbeitrag ins Spiel. Um den zu begründen hat die Stadt exakt die selben von der GuT erbrachten Leistungen und verursachten Defizite, die sie nunmehr per Beschluss als “gemeinwirtschaftlich” einordnet, als beitragsfähigen Aufwand in ihre sogenannte Kalkulation aufgenommen. Und das ist schlicht verboten. Valentinos Steuerberater Martin Reiber hatte das schon im Frühjahr 2018 dem Verwaltungsgericht dargelegt (“DAWI oder Beitrag – beides gleichzeitig geht nicht”). Denn per Beitragsbescheid dürfen nur dann Gelder bei Betroffenen abkassiert werden, wenn die Stadt eine individuelle Gegenleistung erbingt.

Arbeitsverweigerung

Geschieht das Tätigwerden der Stadt zum Nutzen aller EinwohnerInnen, ist ein mögliches Defizit nicht beitragsfähig und muss aus allgemeinen Steuermitteln abgedeckt werden. Dem Verwaltungsgericht hatte die Stadt, sei es aus Desinteresse sei es wegen der Aussichtslosigkeit ihrer Position, auf dieses Argument Valentinos nicht einmal eine Stellungnahme vorgelegt. Das Gericht hatte diese Arbeitsverweigerung der Stadt in seinem für Valentino postivem Beschluss auch ausdrücklich kritisiert, was fachkundige Beobachter als “ausgewöhnlich” bezeichnet haben.

“Ohne Minus kein Beitrag”

In der haushaltsrechtlichen Logik zwischen DAWI-Leistungen und Beitragsfähigkeit stellt der Stadtratsbeschluss vom Donnerstag daher in den Augen von Valentinos Steuerberater Martin Reiber “einen ganz entscheidenden Punkt” dar. “Die Stadt hat sich jetzt auf DAWI auch für 2017 festgelegt, davon kommt sie nicht mehr weg”. Und daher seien die vom Beschluss erfassten rund 1,8 Millionen Euro aus der Tourismusbeitrags-“Rechnung” der Stadt zu entfernen, so Reiber. Dann aber gebe nicht einmal mehr auf dem Papier ein Minus. Und ohne das darf kein Beitrag erhoben werden.

Valentino freut sich

Daher zauberte die Entscheidung im Rat der Stadt gestern Abend ein breites Lächeln auf das Gesicht Antonio Valentinos, der seit Ende 2017 gegen die aus seiner Sicht “ungerechte Zwangsabgabe” kämpft. Und der sich nun um so mehr auf den Termin am 30. Oktober vor dem Oberverwaltungsgericht freut. “Natürlich fällt dort keine entgültige Entscheidung, da es sich nur um eine Art Anhörung handelt”, dämpft der Gastronom die Erwartungen. “Aber wer da hört, was die Richter fragen und sagen, der weiss natürlich, in welche Richtung es läuft”.

* (DAWI = Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse)